Ausgabedatum
28.06.2021
Bonn. Das Bundesamt für Justiz (BfJ) erhält durch das am 28. Juni 2021 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) mehrere neue Aufgaben. Zu den wesentlichen Neuerungen zählen insbesondere Aufsichtsbefugnisse gegenüber den Anbietern sozialer Netzwerke, die Anerkennung privatrechtlich organisierter Schlichtungsstellen und die Einrichtung einer behördlichen Schlichtungsstelle zur Beilegung von Streitigkeiten mit Videosharingplattform-Diensten mit Sitz in Deutschland. Dadurch soll Hasskriminalität in sozialen Medien weiter entgegengetreten werden.
Mit dem am 28. Juni 2021 in Kraft getretenen Gesetz zur Änderung des NetzDG werden dem BfJ erstmals Aufsichts- und Anordnungsbefugnisse gegenüber den Anbietern der sozialen Netzwerke zustehen. Bislang war das für die Durchsetzung des NetzDG zuständige BfJ ausschließlich als Verfolgungsbehörde tätig. Hier konnte das BfJ nur nach Vorliegen eines Verstoßes gegen die Regelungen des NetzDG im Rahmen von Bußgeldverfahren repressiv tätig werden. Durch die neue Aufsichtskompetenz kann das Bundesamt nunmehr auch zusätzlich zur Einleitung eines Bußgeldverfahrens auf die Anbieter sozialer Netzwerke zugehen und zukunftsgerichtet gezielte Anordnungen treffen, um Gesetzesverstöße abzustellen. Auf Verlangen des BfJ sind die Anbieter sozialer Netzwerke nunmehr gesetzlich verpflichtet, Auskünfte hinsichtlich der Anzahl der registrierten Nutzer im Inland sowie der Anzahl der im vergangenen Kalenderjahr erhaltenen Beschwerden über rechtswidrige Inhalte zu erteilen. Das BfJ erhält zudem die Befugnis, Auskünfte über Umsetzungsmaßnahmen der Anbieter sozialer Netzwerke, wie beispielsweise bezüglich der erfolgten Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben zur Ausgestaltung des sogenannten Meldewegs, zu erlangen.
Das Gesetz zur Änderung des NetzDG stellt zudem klar, dass die Meldewege für Beschwerden über rechtswidrige Inhalte nutzerfreundlich sein müssen, mit Blick darauf, dass die Ausgestaltung der Meldewege sich in der Praxis bei einigen sozialen Netzwerken zum Teil noch als zu kompliziert oder versteckt erwiesen hatte. Ferner wurden zur Verbesserung des Informationsgehalts und der Vergleichbarkeit der halbjährlichen Transparenzberichte die entsprechenden Anforderungen erweitert. Künftig ist in den Transparenzberichten auch aufzuführen, wie Anbieter mit Anträgen auf erneute Überprüfung einer Entscheidung über eine NetzDG-Beschwerde umgehen. Die Bereitstellung dieser Gegenvorstellungsverfahren sowohl bei Löschung als auch bei Beibehaltung von Netzwerkinhalten ist zukünftig für die Anbieter sozialer Netzwerke verpflichtend. Streitigkeiten sollen durch entsprechende privatrechtlich organisierte Schlichtungsstellen beigelegt werden. Dem BfJ fällt hier die neue Aufgabe zu, die Anerkennungsverfahren für diese Schlichtungsstellen durchzuführen.
Mit dem Gesetz zur Änderung des NetzDG werden zudem Vorgaben der EU-Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste zum Schutz vor unzulässigen Inhalten auf Videosharingplattformen umgesetzt. Befindet sich der Sitz des betreffenden Anbieters in einem anderen EU-Mitgliedstaat, so kann sich eine Zuständigkeit der deutschen Behörden nur in Fällen besonderer Dringlichkeit und grundsätzlich erst nach Durchlaufen eines Konsultationsverfahrens mit dem jeweiligen Sitzland ergeben. Die Durchführung dieser Verfahren obliegt zukünftig ebenfalls dem BfJ. In diesem Zusammenhang wird auch eine behördliche Schlichtungsstelle zur Beilegung von Streitigkeiten mit Anbietern von Videosharingplattform-Diensten, bei denen die Bundesrepublik Deutschland Sitzland ist oder als Sitzland gilt, beim BfJ eingerichtet. Dadurch soll die Beilegung von Streitigkeiten zwischen Beschwerdeführern sowie Nutzern mit den Anbietern in der Zukunft einfacher und effektiver möglich werden.