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10 Jahre europäisches Strafregisterinformationssystem ECRIS

Ausgabedatum 26.04.2022

Bonn. Am 27. April 2012 wurde das europäische Strafregisterinformationssystem ECRIS (European Criminal Register Infor­mation System) in Betrieb genommen. Das Bundesamt für Justiz (BfJ) gehörte zu den ersten angebundenen Behörden. Heute, 10 Jahre später, tauscht das BfJ mit allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und mit Großbritannien über ECRIS elektronisch Informationen aus den jeweiligen Strafregistern aus. ECRIS leistet dabei tagtäglich einen wichtigen Beitrag für eine wirkungsvolle grenzüberschreitende Verfolgung von Kriminalität.

Abbildung des Gebäudes des Bundesamts für Justiz
Das BfJ gehörte zu den ersten Behörden, die 2012 an das europäische Strafregisterinformationssystem ECRIS angebunden worden sind.

Ziel der Regelungen war die Verbesserung des Informationsaustauschs zur Kriminalitätsbe­kämpfung und der Sicherheit im europäischen Raum. Das System ist dezentral aufgebaut. Der Strafregisterinformationsaustausch zwischen Deutschland und den Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist Bestandteil der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen. Der Infor­mationsaustausch unter den angebundenen Strafregistern der Mitgliedstaaten erfolgt medien­bruchfrei elektronisch. Zur besseren Verständlichkeit der Auskünfte werden Verständnis- und Übersetzungshilfen eingesetzt.

BfJ verschickte 2021 über 300.000 Strafnachrichten an Partner­staaten

Mitgliedstaaten teilen seither strafgerichtliche Verurteilungen von Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaates der EU dem Herkunftsmitgliedstaat mit (sog. Strafnachrichtenaus­tausch). Der Herkunftsmitgliedstaat wiederum ist verpflichtet, diese ausländischen Verurteilungen zu speichern und anderen Mitglied­staaten der EU auf deren Auskunftsersuchen mitzuteilen. Das Strafregister des EU-Herkunftsstaates ist dadurch zentraler Anlauf­punkt für Auskunftsersuchen aus der gesamten EU – hier sollen alle Informationen zu strafrechtlichen Verurteilungen einer Person aus allen Mitgliedstaaten gesammelt und abrufbar sein (Herkunftsstaatsprinzip). Im Jahr 2021 hat das BfJ über 300.000 Strafnach­richten an die ECRIS-Partnerstaaten verschickt und 15.000 Nachrichten von Partnerstaaten empfangen.

Deutsche Behörden, die eine Auskunft aus dem Strafregister eines EU-Mitgliedstaates benötigen, können ihr Ersuchen beim BfJ auf demselben Weg stellen, wie sie eine Auskunft aus dem Bundeszentralregister beantragen. Sobald ein Ersuchen im BfJ eingeht, wird dieses über ECRIS elektronisch an die Zentralbehörde des jeweiligen Mitgliedstaates weitergeleitet. Diese übermittelt die Auskünfte ebenfalls elektronisch zurück und hat die Möglichkeit, ggf. elektronisch Rückfragen zu stellen. Das BfJ leitet die Auskunft dann wie eine Auskunft aus dem Bundeszentralregister der ersuchenden Behörde zu. Eine elektronisch erteilte Auskunft aus einem anderen Mitgliedstaat liegt häufig schon nach wenigen Stunden und zum Teil übersetzt vor. Über 745.000 Anfragen wurden im Jahr 2021 an die Partnerbehörden geschickt; 34.000 Auskunftsersuchen richteten ausländische Partnerbehörden an das Bundeszentralregister.

Zeitgleiche Einführung des Europäischen Führungszeugnisses

Zeitgleich mit ECRIS wurde auch das Europäische Führungszeugnis für Personen eingeführt, die – neben oder anstatt der deutschen – die Staatsangehörigkeit eines oder mehrerer anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union besitzen. Dieses enthält neben dem deutschen Führungszeugnis ggf. die Mitteilung über Eintragungen im Strafregister des Herkunftsmitgliedstaates. Aufgrund des Straf­nachrichtenaustauschs liegen dieser Auskunft sämtliche Informationen zu den Verurteilungen in der gesamten EU zugrunde.

Weil das Herkunftsstaatsprinzip bei Auskunftsersuchen zu Drittstaatsangehörigen nicht greift, müssten bislang an alle EU-Mitglied­staaten Auskunftsersuchen gestellt werden, um in Erfahrung zu bringen, ob eine Verurteilung in der EU vorliegt. Diese Lücke soll gemäß der Verordnung (EU) 2019/816 durch ECRIS-TCN geschlossen werden. Mit ECRIS-TCN wird ein Zentralsystem geschaffen, in welchem personenbezogene alphanumerische und bestimmte biometrische Daten rechtskräftig verurteilter Drittstaatsangehöriger gespeichert werden. Dies wird eine einfache und schnelle Abfrage ermöglichen, ob und ggf. in welchen Mitgliedstaaten Strafregister­informationen zu einem Drittstaatsangehörigen gespeichert sind und ermöglicht sodann über ECRIS eine gezielte Anfrage in diesen EU-Mitgliedstaaten.

Hintergrund

ECRIS wurde auf europäischer Ebene auf der Grundlage von zwei Rahmenbeschlüssen errichtet: dem Rahmenbeschluss 2009/315/JI des Rates vom 26. Februar 2009 über die Durchführung und den Inhalt des Austauschs von Informationen aus dem Strafregister zwischen den Mitgliedstaaten und dem Beschluss 2009/316/JI des Rates vom 6. April 2009 zur Errichtung des Europäischen Strafregisterinformationssystems (ECRIS).

Die Umsetzung in Deutschland erfolgte durch das Gesetz zur Verbesserung des Austauschs von strafregisterrechtlichen Daten zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und zur Änderung registerrechtlicher Vorschriften vom 15. Dezember 2011 (EUStrRegDAVerbG).