Ausgabedatum
22.07.2022
Bonn. Die Frist für die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs nach dem Gesetz zur strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten Personen (StrRehaHomG) wurde bis zum 21. Juli 2027 verlängert.
Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann erklärt dazu:
"Das Verbot einvernehmlicher homosexueller Handlungen hat bei den Betroffenen viel Leid verursacht und ganze Leben zerstört. Die strafrechtliche Verfolgung war aus heutiger Sicht grobes Unrecht. Deshalb verlängern wir nun die Frist für die Geltendmachung von Ansprüchen auf eine Entschädigungszahlung um fünf weitere Jahre. Das ist der Rechtsstaat den Betroffenen schuldig."
Einvernehmliche homosexuelle Handlungen waren in der Zeit von 1945 bis 1994 in unterschiedlicher Weise nach den §§ 175, 175a StGB bzw. nach § 151 StGB-DDR unter Strafe gestellt. Dieses Verbot war aus heutiger Sicht in besonderem Maße grundrechts- und menschenrechtswidrig. 2017 hob der Gesetzgeber deshalb auf dieser Grundlage ergangene strafgerichtliche Urteile mit dem StrRehaHomG auf. Zugleich erhielten betroffene Frauen und Männer wegen ihrer Verurteilung und einer etwa erlittenen Freiheitsentziehung einen Entschädigungsanspruch.
Das StrRehaHomG sah hierfür ursprünglich eine Antragsfrist bis zum 21. Juli 2022 vor. Es ist derzeit aber nicht auszuschließen, dass entschädigungsberechtigte Personen einen Antrag auf Entschädigung erst nach diesem Datum stellen werden. Daher wurde die Antragsfrist nunmehr um weitere fünf Jahre verlängert.
Anträge auf Entschädigung können Betroffene weiterhin beim Bundesamt für Justiz (BfJ) stellen.
Einer infolge der Aufhebung eines strafgerichtlichen Urteils wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen nach § 1 Absatz 1 StrRehaHomG rehabilitierten Person steht ein Anspruch auf eine Entschädigungszahlung aus dem Bundeshaushalt zu. Hat die betroffene Person aufgrund der Verurteilung Freiheitsentziehung erlitten, so wird ihr hierfür eine zusätzliche Entschädigung geleistet.
Ebenfalls bis zum 21. Juli 2027 verlängert wurde die Antragsfrist nach der das StrRehaHomG ergänzenden Richtlinie zur Zahlung von Entschädigungen für Betroffene des strafrechtlichen Verbots einvernehmlicher homosexueller Handlungen aus dem Bundeshaushalt (Kapitel 0718 Titel 681 03). Diese Richtlinie sieht Entschädigungen für jene Betroffene vor, die strafrechtlich verfolgt wurden, ohne dass es zu einer Verurteilung kam, oder die im Zusammenhang mit den strafrechtlichen Verboten unter außergewöhnlichen negativen Beeinträchtigungen – beispielsweise beruflichen oder gesundheitlichen Nachteilen – zu leiden hatten.
Schätzungen zufolge ergingen zwischen 1945 und 1994 etwa 69.000 Urteile nach den genannten Verbotsvorschriften. Bis Mitte Juli 2022 beantragten 335 Personen eine Entschädigung beim BfJ nach dem StrRehaHomG oder der Richtlinie, von denen 259 tatsächlich entschädigt werden konnten. 44 Anträge wurden zurückgenommen. Darüber hinaus sind 6 Anträge derzeit noch in Bearbeitung. 26 Anträge mussten mangels Anwendbarkeit des StrRehaHomG bzw. der Richtlinie oder aufgrund eines Ausschlussgrundes nach dem StrRehaHomG abgelehnt werden. Insgesamt wurden bislang 885.500 Euro ausgezahlt.
Betroffene können sich postalisch, telefonisch oder per E-Mail an das BfJ wenden, um eine Entschädigung zu beantragen:
Bundesamt für Justiz
Referat III 6
53094 Bonn
Telefon: 0228 99 410-40
Telefax: 0228 410-5050
E-Mail: rehabilitierung
Internet: www.bundesjustizamt.de/rehabilitierung
Flyer mit Informationen zur Rehabilitierung nach dem StrRehaHomG und der Richtlinie können postalisch angefordert werden. Sie sind außerdem veröffentlicht unter www.bundesjustizamt.de/rehabilitierung.