Ausgabedatum
25.10.2023
Den Haag. Vom 10.-17. Oktober 2023 kamen zum achten Mal die Vertragsstaaten des Haager Kindesentführungsübereinkommens von 1980 (HKÜ) sowie des Haager Kinderschutzübereinkommens von 1996 (KSÜ) im Friedenspalast in Den Haag zusammen, um die Auslegung und Anwendung dieser beiden Rechtsinstrumente in der zwischenstaatlichen Rechtspraxis zu erörtern und praktische Verbesserungen für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit anzustoßen. Das Bundesamt für Justiz (BfJ) nahm für die Bundesrepublik Deutschland an dieser Konferenz teil.
Die auf Einladung des Generalsekretärs der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht einberufene Spezialkommission mit über 450 Teilnehmenden diente der Überprüfung der praktischen Durchführung der beiden Rechtsinstrumente. Die Delegierten tauschten sich insbesondere über die praktischen Erfahrungen bei grenzüberschreitenden Kindesentführungs- sowie Kinderschutzfällen sowie die Zusammenarbeit der in den Vertragsstaaten eingerichteten Zentralen Behörden aus. Die Spezialkommission stellte fest, dass sich die Regelungen in der Rechtspraxis insgesamt gut bewährt haben.
Besonders im Fokus standen Fragen, die sich auf die zügige und wirksame Bearbeitung von Anträgen auf Rückführung entführter Kinder sowie der Vollstreckung von Rückgabeanordnungen beziehen, einschließlich Ausnahmen, z. B. im Falle häuslicher Gewalt. Im Ergebnis wurden u. a. die Erarbeitung neuer Arbeitshilfen für die gerichtliche und behördliche Praxis vereinbart und zusammen mit dem Arbeitsprogramm für die nächsten Jahre umfangreiche Schlussfolgerungen und Empfehlungen verabschiedet (Conclusions & Recommendations).
Link: https://assets.hcch.net/docs/5b48f412-6979-4dc1-b4c1-782fe0d5cfa7.pdf
Das BfJ nutzte die Gelegenheit, um am Rande der Spezialkommission bilaterale Gespräche mit Partnerstaaten zu führen und sich mit diesen Staaten über praktische Fragestellungen der Zusammenarbeit auszutauschen. Gleichzeitig erfolgte auch ein Austausch aller EU-Mitgliedstaaten mit der Ukraine zur rechtlichen Situation der geflüchteten Kinder in der EU.
Das Haager Kindesentführungsübereinkommen zählt mittlerweile über 100 Vertragsstaaten, das Haager Kinderschutzübereinkommen 54. Für Deutschland ist das HKÜ seit 1990 und das KSÜ seit 2011 in Kraft. Deutsche Zentrale Behörde nach beiden Rechtsinstrumenten ist das BfJ. Wird ein Kind durch einen Elternteil widerrechtlich in einen anderen Vertragsstaat entzogen oder dort zurückgehalten, so kann der zurückgelassene Elternteil sich mit dem Antrag an das BfJ wenden, ihn bei der Rückführung des Kindes zu unterstützten. Umgekehrt gilt das BfJ als bevollmächtigt, für Antragstellende aus anderen Vertragsstaaten in Deutschland gerichtlich und außergerichtlich tätig zu werden. Daneben können Kinderschutzbehörden, wie z. B. deutsche Jugendämter sich an das BfJ wenden, wenn der Verdacht besteht, dass sich ein Kind im Ausland in Gefahr befindet bzw. von dort Informationen grenzüberschreitend eingeholt werden müssen. Wichtige Partnerstaaten für Deutschland sind u. a. Polen, USA, die Türkei und die Ukraine.
Weitergehende Informationen über die Ergebnisse der Spezialkommission zum HKÜ und KSÜ finden sich unter www.hcch.net. Informationen zum Unterstützungsangebot des BfJ betreffend grenzüberschreitenden Kinderschutz lassen sich auf der Internetseite des BfJ unter www.bundesjustizamt.de/sorgerecht abrufen.