Ausgabedatum
04.12.2023
Bonn/Halle (Saale). Zum 20. Mal wurde in diesem Jahr der "Europäische Tag der Justiz" gefeiert. Die zentrale deutsche Veranstaltung fand am 23. November 2023 im Landgericht Halle statt. Eingeladen hatten das Bundesamt für Justiz (BfJ), das Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz des Landes Sachsen-Anhalt sowie das Landgericht Halle. Europäisches Partnerland war in diesem Jahr Slowenien, das ebenfalls mit Expertinnen und Experten aus der Justiz vertreten war.
Der Europäische Tag der Justiz wurde vom Europarat und der Europäischen Kommission ins Leben gerufen. Das Bundesamt für Justiz führt die zentrale deutsche Veranstaltung mit jeweils wechselnden Bundesländern und europäischen Partnerstaaten durch. Ziel des Europäischen Tags der Justiz ist es, die Öffentlichkeit über Grundwerte im europäischen Rechtsraum sowie die Möglichkeiten in der europäischen justiziellen Zusammenarbeit zu informieren. Die Präsidentin des Bundesamts für Justiz, Veronika Keller-Engels: "Der Europäische Tag der Justiz will das Europa der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts für die Öffentlichkeit erlebbar machen. Praktikerinnen und Praktiker sollen die Möglichkeit erhalten, sich über Neuerungen in der europäischen Zusammenarbeit aus erster Hand zu informieren. Dass dies hier im Austausch auch mit slowenischen Expertinnen und Experten erfolgen kann, unterstreicht die gute grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der europäischen Praxis."
Kern der Fachveranstaltung waren drei Workshops, in denen Expertinnen und Experten aus Deutschland und Slowenien über verschiedene Aspekte der grenzüberschreitenden justiziellen Zusammenarbeit diskutierten. Gegenstand waren so unterschiedliche Themen wie die grenzüberschreitende Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen sowie Fragen des europäischen Insolvenzrechts. Aktuelles strafrechtliches Thema war die digitale Beweiserhebung aufgrund der neuen, ab 18. August 2026 Anwendung findenden E-Evidence-Verordnung (EU) 2023/1543. Erörtert wurden der in der Praxis immer wichtiger werdende grenzüberschreitende Zugang zu elektronischen Beweismitteln für Strafverfolgungsbehörden in der EU, aber auch kritische Fragen dazu wurden aus grundrechtlicher Sicht aufgeworfen und diskutiert.
Bereits zuvor hatte der Journalist und Politologe Ingo Espenschied Studierende der Universität Halle-Wittenberg sowie Schülerinnen und Schüler mit auf eine multimediale Zeitreise genommen. Am Beispiel der deutsch-französischen Beziehungen beleuchtete er die Hintergründe des europäischen Einigungsprozesses und speziell des Élysée-Vertrags. Im Anschluss konnten sich die Teilnehmenden im Rahmen eines "speed dating" ein Bild von den verschiedenen Berufen beim Bundesamt für Justiz und bei den Gerichten machen und mit Vertreterinnen und Vertretern der verschiedenen juristischen Berufe ins Gespräch kommen.
Den Höhepunkt des Tages bildete eine hochkarätige Podiumsdiskussion zu den Chancen und Risiken des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz in der Justiz, die von Franziska Weidinger, Ministerin für Justiz und Verbraucherschutz des Landes Sachsen-Anhalt, eröffnet wurde. Unter Moderation von Prof. Dr. Stefan Huber, Universität Tübingen, entwickelte sich zwischen den Podiumsteilnehmerinnen und -teilnehmern aus der Justiz, dem Bundesministerium der Justiz sowie der Europäischen Kommission eine spannende Diskussion über die rechtlichen und tatsächlichen Herausforderungen beim Einsatz künstlicher Intelligenz. Auf besonderes Interesse stießen dabei in der Praxis bereits zur Anwendung kommende Projekte, wie etwa beim LG Hechingen in Zivilverfahren, beim AG Frankfurt am Main in Fluggastentschädigungsfällen sowie beim Oberlandesgericht Stuttgart betreffend Berufungsverfahren auf Schadensersatz in den sog. "Dieselfällen". Einigkeit bestand darin, dass künstliche Intelligenz den Richter nicht ersetzen könne. Die Technik könne die Arbeit jedoch angesichts knapper Personalressourcen wesentlich erleichtern und beschleunigen.