Zum Thema "Entschädigung nach der Richtlinie"
Um welche Richtlinie handelt es sich?
Das nachfolgend beschriebene Entschädigungsverfahren erfolgt auf Grundlage der Richtlinie zur Zahlung von Entschädigungsleistungen für Betroffene des strafrechtlichen Verbots einvernehmlicher homosexueller Handlungen aus dem Bundeshaushalt (Kapitel 0718 Titel 681 03), die am 13. März 2019 in Kraft getreten ist. Sie sieht Entschädigungsmöglichkeiten auch in Fällen vor, in denen es nicht zu einem strafrechtlichen Urteil kam. Am 20. Juli 2022 wurde die Richtlinie im Hinblick auf die Antragsfrist aktualisiert. Anträge nach der Richtlinie können nunmehr bis einschließlich 21. Juli 2027 gestellt werden.
Personen, die verurteilt worden sind und gegebenenfalls Freiheitsentziehung erlitten haben, können einen Antrag nach dem Gesetz zur strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten Personen (StrRehaHomG) stellen.
Häufig gestellte Fragen zur Entschädigung nach dem StrRehaHomG
Was wird entschädigt?
Strafverfolgungsmaßnahmen wegen einvernehmlichen homosexuellen Handlungen nach den in § 1 Absatz 1 StrRehaHomG genannten Strafnormen (§§ 175, 175a StGB, 151 StGB-DDR) konnten auch ohne anschließende Verurteilung das Leben der Betroffenen nachhaltig negativ beeinflussen. Gemäß § 1 der Richtlinie können auch nichtverurteilte, strafrechtlich verfolgte Personen, gegen die ein Ermittlungsverfahren eingeleitet oder Untersuchungshaft oder eine sonstige Maßnahme der vorläufigen Freiheitsentziehung vollzogen wurde, eine Entschädigungsleistung erhalten. Gemäß § 2 der Richtlinie soll auch Personen, die im Zusammenhang mit den genannten strafrechtlichen Verboten einvernehmlicher homosexueller Handlungen unter außergewöhnlich negativen Beeinträchtigungen zu leiden hatten, eine Geldentschädigung gewährt werden. Eine außergewöhnlich negative Beeinträchtigung ist anzunehmen, wenn besondere berufliche, wirtschaftliche, gesundheitliche oder sonstige vergleichbare Nachteile entstanden sind.
Die pauschale Entschädigung beträgt gemäß § 1 Absatz 2 der Richtlinie
- 500 Euro je eingeleitetes Ermittlungsverfahren und
- 1.500 Euro für jedes angefangene Jahr erlittener Untersuchungshaft oder einer sonstigen Maßnahme der vorläufigen Freiheitsentziehung.
Gemäß § 2 Absatz 1 der Richtlinie beträgt eine Entschädigung einmalig 1.500 Euro für außergewöhnlich negative Beeinträchtigungen beruflicher, wirtschaftlicher oder gesundheitlicher Art oder für sonstige vergleichbare Nachteile.
Wer ist antragsberechtigt?
Die Entschädigungsansprüche sind höchstpersönlicher Natur und kommen deshalb allein dem Betroffenen zu.
Antragsberechtigt sind Personen, gegen die wegen der in § 1 Absatz 1 StrRehaHomG genannten Strafnormen (§§ 175, 175a StGB, 151 StGB-DDR) ein Strafverfahren eingeleitet wurde, das jedoch mit Freispruch oder Einstellung endete. Darüber hinaus können eine erlittene Untersuchungshaft oder eine sonstige Maßnahme der vorläufigen Freiheitsentziehung entschädigt werden.
Weiterhin sind Personen antragsberechtigt, die im Zusammenhang mit den in § 1 Absatz 1 StrRehaHomG genannten Strafnormen (§§ 175, 175a StGB, 151 StGB-DDR) außergewöhnlich negative Beeinträchtigungen beruflicher, wirtschaftlicher oder gesundheitlicher Art oder sonstige vergleichbare Nachteile erlitten haben.
Wo und wie kann eine Entschädigung beantragt werden?
Die Anträge auf Entschädigung sind beim Bundesamt für Justiz (BfJ) zu stellen.
Die Anträge können formlos gestellt werden. Zur Erleichterung hat das BfJ aber ein Antragsformular vorbereitet. Mit diesem Formular wird sichergestellt, dass alle erforderlichen Angaben an das BfJ übermittelt werden.
Der Antrag kann mit der Post, per Telefax oder elektronisch an das zuständige Referat im BfJ gesendet werden.
Welche Unterlagen müssen dem Antrag beigefügt werden?
Im Antrag auf Entschädigung müssen die in § 1 oder § 2 der Richtlinie genannten Voraussetzungen nachgewiesen werden. Es genügt gemäß § 5 der Richtlinie, wenn die Voraussetzungen mit hoher Wahrscheinlichkeit vorliegen. Der Nachweis kann erfolgen durch
- Unterlagen (wenn noch vorhanden) oder
- Zeugenaussagen
oder - eine glaubhafte Versicherung.
Muss zur Antragstellung das bereitgestellte Antragsformular genutzt werden?
Nein. Durch die Verwendung des Antragsformulars wird jedoch sichergestellt, dass alle zur Bearbeitung des Antrags erforderlichen Angaben erfolgen.
Gibt es eine zeitliche Begrenzung für die Geltendmachung der Entschädigung?
Ja. Der Antrag auf Entschädigung kann nur bis zum 21. Juli 2027 gestellt werden.
Wird die Entschädigung auf Sozialleistungen angerechnet?
Nein. Die Geldentschädigungen sollen den Betroffenen als Zeichen der Anerkennung dafür dienen, dass das strafrechtliche Verbot einvernehmlicher homosexueller Handlungen mit erheblichen Beeinträchtigungen und Diskriminierungen für sie verbunden war. Sie können daher nicht auf Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) angerechnet werden (§§ 83, 84 SGB XII).
Gibt es ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Bundesamts für Justiz?
Ja. Sollte die antragstellende Person mit der Entscheidung des BfJ nicht einverstanden sein, so hat sie die Möglichkeit, die Entscheidung durch die Verwaltungsgerichte überprüfen zu lassen.
Was geschieht, wenn die antragstellende Person falsche Angaben gemacht hat?
Ein rechtswidriger Entschädigungsbescheid, der aufgrund falscher Angaben erlangt wurde, kann durch die ausstellende Behörde zurückgenommen werden. Falsche Angaben können außerdem möglicherweise zu einer Strafbarkeit wegen Betrugs gemäß § 263 StGB führen.
Entstehen für das Entschädigungsverfahren Kosten?
Nein.