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Stand des Verfahrens

Die Bekanntmachungen sind in zeitlicher Reihenfolge sortiert (jüngste zuerst).

Allgemeine Verfahrensdaten

Gericht: Oberlandesgericht Dresden

Aktenzeichen: 5 MK 2/19

Bekanntmachung vom 16.07.2024, Oberlandesgericht Dresden, Urteil

Urteil, Oberlandesgericht Dresden vom 31.01.2024 (PDF, 229KB, Datei ist barrierefrei)

Bekanntmachung vom 18.03.2024, Bundesgerichtshof, Rechtsmittel

Revision eingelegt am: 04.03.2024 (Einlegung Revision der Beklagten)

Revisionsgericht: Bundesgerichtshof

Aktenzeichen: XI ZR 16/24; Aktenzeichen Oberlandesgericht Dresden: 5 MK 2/19

Revisionskläger: Erzgebirgssparkasse, Anstalt des öffentlichen Rechts

gesetzlicher Vertreter: vertreten durch den Vorstand

Revisionsbeklagter: Verbraucherzentrale Sachsen e.V.

gesetzlicher Vertreter: vertreten durch den Vorstand

Bekanntmachung vom 09.02.2024, Bundesgerichtshof, Rechtsmittel

Revision eingelegt am: 05.02.2024

Revisionsgericht: Bundesgerichtshof

Aktenzeichen: XI ZR 16/24; Aktenzeichen Oberlandesgericht Dresden: 5 MK 2/19

Revisionskläger: Verbraucherzentrale Sachsen e.V.

gesetzlicher Vertreter: Vorstand

Prozessbevollmächtiger des Revisionsklägers: Rechtsanwalt Dr. Hartung

Revisionsbeklagter: Erzgebirgssparkasse, Anstalt des öffentlichen Rechts

gesetzlicher Vertreter: Vorstand

Prozessbevollmächtiger des Revisionsbeklagten: Vorinstanz: Rechtsanwälte Furche & Schäfer

Bekanntmachung vom 26.09.2023, Oberlandesgericht Dresden, Termin

Bezeichnung des Termins: mündliche Verhandlung

Datum: 10.01.2024

Uhrzeit: 13:00 Uhr

Sitzungsort: Dresden

Raum: Saal 1.3

Straße, Hausnummer: Schloßplatz 1

PLZ, Ort: 01067 Dresden

Bekanntmachung vom 27.01.2022, Bundesgerichtshof, Beendigung

Das Verfahren wurde durch das folgende Urteil des Bundesgerichtshofs, verkündet am 24.11.2021, teilweise beendet. In dem aus dem folgenden Urteil ersichtlichen Umfang erfolgte eine Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung.


BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

XI ZR 461/20
Verkündet am: 24. November 2021

Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. November 2021 durch die Richter Dr. Grüneberg und Dr. Matthias, die Richterin Dr. Derstadt, den Richter Dr. Schild von Spannenberg sowie die Richterin Ettl
für Recht erkannt:

Auf die Revision des Musterklägers wird das Teilanerkenntnis- und Endurteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 9. September 2020 im Kostenpunkt und hinsichtlich der Abweisung des Hauptantrags und des ersten Hilfsantrags zum Feststellungsziel 2 aufgehoben sowie hinsichtlich der zu dem Feststellungsziel 3 getroffenen Feststellung teilweise abgeändert.

Auf die Revision der Musterbeklagten wird das vorbezeichnete Urteil hinsichtlich der zum zweiten Hilfsantrag des Feststellungsziels 2 getroffenen Feststellung aufgehoben.

Es wird folgende Feststellung getroffen:

Die Musterbeklagte ist verpflichtet, die Zinsänderung in den Sparverträgen "S-Prämiensparen flexibel" monatlich vorzunehmen und dabei das im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehende relative Verhältnis zwischen dem bei Vertragsschluss vereinbarten variablen Zinssatz und dem Referenzzinssatz im Sinne des Feststellungsziels 2 zu wahren (Feststellungsziel 3).

Hinsichtlich des Feststellungsziels 2 wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision der Musterbeklagten wird zurückgewiesen.

Von Rechts wegen


Tatbestand:

Der Musterkläger, ein seit über vier Jahren als qualifizierte Einrichtung in die Liste nach § 4 UKlaG eingetragener Verbraucherschutzverband, begehrt im Wege der Musterfeststellungsklage Feststellungen zu den Voraussetzungen für das Bestehen von Ansprüchen von Verbrauchern auf weitere Zinsbeträge aus Prämiensparverträgen (sog. "S-Prämiensparen flexibel", nachfolgend: Sparverträge) gegen die Musterbeklagte.

Die Musterbeklagte bzw. deren Rechtsvorgänger (nachfolgend einheitlich: Musterbeklagte) schloss seit Anfang der 1990er Jahre mit Verbrauchern Sparverträge ab, die eine variable Verzinsung der Spareinlage und ab dem dritten Sparjahr eine der Höhe nach ­ bis zu 50% der jährlichen Spareinlage ab dem 15. Sparjahr - gestaffelte verzinsliche Prämie vorsahen. Die Vertragsformulare enthielten bis zum Jahr 2005 keine konkreten Bestimmungen zur Änderung des variablen Zinssatzes. In ihnen heißt es u.a.:

"Die Spareinlage wird variabel, z.Zt. mit ..% p.a. verzinst."

oder

"Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z.Zt. ..%".

In den in die Sparverträge einbezogenen "Bedingungen für den Sparverkehr" der Musterbeklagten heißt es u.a.:

"3. Verzinsung

3.1 Zinshöhe

Soweit nichts anderes vereinbart ist, vergütet die Sparkasse dem Kunden den von ihr jeweils durch Aushang im Kassenraum bekannt gegebenen Zinssatz. Für bestehende Spareinlagen tritt eine Änderung des Zinssatzes, unabhängig von einer Kündigungsfrist, mit der Änderung des Aushangs in Kraft, sofern nichts anderes vereinbart ist.

3.3 Zinskapitalisierung

Soweit nichts anderes vereinbart ist, werden die aufgelaufenen Zinsen zum Schluss des Geschäftsjahres gutgeschrieben, dem Kapital hinzugerechnet und mit diesem vom Beginn des neuen Geschäftsjahres an verzinst. Wird über die gutgeschriebenen Zinsen nicht innerhalb von 2 Monaten nach Gutschrift verfügt, unterliegen sie der im Übrigen vereinbarten Kündigungsregelung. Bei Auflösen des Sparkontos werden die Zinsen sofort gutgeschrieben.

4. Kündigung

Die Kündigungsfrist beträgt mindestens drei Monate. …"

Nach den "Sonderbedingungen für S-Prämiensparen flexibel" der Musterbeklagten ist abweichend von Ziffer 3.3 der Bedingungen für den Sparverkehr eine Verfügungsmöglichkeit über die Zinsen und Prämien innerhalb von 2 Monaten nach Kapitalisierung ausgeschlossen.

Der Musterkläger hält die Regelungen zur Änderung des variablen Zinssatzes für unwirksam und die während der Laufzeit der Sparverträge von der Musterbeklagten vorgenommene Verzinsung für zu niedrig.

Mit der Musterfeststellungsklage hat er die Feststellungen begehrt, dass die Sparverträge allein durch die Formulierungen "Die Spareinlage wird variabel, z.Zt. mit ..% verzinst" oder "Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z.Zt. ..%" keine wirksamen Zinsänderungsregelungen enthalten (Feststellungsziel 1), dass die Musterbeklagte verpflichtet ist, die Zinsänderung für die Sparverträge auf der Grundlage des gleitenden Durchschnittswertes der letzten zehn Jahre der Umlaufrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen/Hypothekenpfandbriefe mit einer mittleren Restlaufzeit von zehn Jahren (Zeitreihe WX4260 der Deutschen Bundesbank), hilfsweise auf der Grundlage eines von der Deutschen Bundesbank für inländische Banken erhobenen langfristigen (9 bis 10 Jahre) Referenzzinssatzes, welcher dem konkreten Geschäft möglichst nahekommt und der in das gerichtliche Ermessen gestellt wird, hilfsweise auf der Grundlage eines angemessenen in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Referenzzinssatzes, der dem konkreten Geschäft möglichst nahekommt und der in das gerichtliche Ermessen gestellt wird, vorzunehmen (Feststellungsziel 2), dass die Musterbeklagte verpflichtet ist, die Zinsänderung monatlich unter Beibehaltung des relativen Verhältnisses zwischen dem anfänglich vereinbarten Zinssatz und dem Referenzzinssatz im Sinne des Feststellungsziels 2 vorzunehmen, hilfsweise die Zinsänderung nach in das Ermessen des Gerichts gestellten Anpassungsparametern hinsichtlich Anpassungsschwelle und Zinsabstand vorzunehmen (Feststellungsziel 3), dass die tatsächliche Zinsänderung der Musterbeklagten weder nach dem Referenzzinssatz im Sinne des Feststellungsziels 2 noch nach den Anpassungsparametern im Sinne des Feststellungsziels 3 erfolgte (Feststellungsziel 4), dass der vertragliche Anspruch von Kunden der Musterbeklagten, die Verbraucher sind, in Bezug auf die Zinsen frühestens ab der wirksamen Beendigung des Sparvertrags fällig wird (Feststellungsziel 5), dass allein durch die Kenntnis der Höhe der tatsächlich vorgenommenen Zinsgutschrift im Sparbuch keine grob fahrlässige Unkenntnis oder Kenntnis der tatsächlichen Grundlagen, anhand derer die Höhe des tatsächlich zu kapitalisierenden Zinsbetrags zu ermitteln war, begründet wurde (Feststellungsziel 6) und dass allein die widerspruchslose Zinsgutschrift im Sparbuch nicht dazu führt, dass die Ansprüche der Verbraucher auf Nachberechnung und Auskehrung von Zinsen verwirkt sind (Feststellungsziel 7).

Das Oberlandesgericht hat der Musterfeststellungsklage hinsichtlich des Feststellungsziels 1, hinsichtlich des zweiten Hilfsantrags zum Feststellungs-ziel 2, hinsichtlich des Hauptantrags zum Feststellungsziel 3 bezüglich der Vornahme einer monatlichen Zinsänderung und hinsichtlich des Feststellungsziels 5 stattgegeben. Im Übrigen hat es die Musterfest-stellungsklage hinsichtlich der Feststellungsziele 2, 3, 6 und 7 als unbegründet und hinsichtlich des Feststellungsziels 4 als unzulässig abgewiesen.

Mit der Revision hat der Musterkläger sein Feststellungsbegehren zunächst weiterverfolgt, soweit das Oberlandesgericht zu seinem Nachteil erkannt hat. Mit Schriftsatz vom 9. November 2021 hat er sein Rechtsmittel vor der mündlichen Verhandlung teilweise zurückgenommen. Nunmehr verfolgt er sein Feststellungsbegehren nur noch hinsichtlich der Feststellungsziele 2 und 3 weiter, soweit das Oberlandesgericht zu seinem Nachteil erkannt hat. Die Musterbeklagte verfolgt mit der Revision ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Musterfeststellungsklage weiter.


Entscheidungsgründe:

Die Revision der Musterbeklagten hat nur insoweit Erfolg, als sie sich gegen die Feststellung zum zweiten Hilfsantrag des Feststellungsziels 2 wendet; im Übrigen bleibt sie erfolglos. Die Revision des Musterklägers hat Erfolg.


A.

Die Musterfeststellungsklage ist zulässig. Das Oberlandesgericht hat das Vorliegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 606 ZPO zu Recht bejaht. Bedenken hiergegen bringt die Revision der Musterbeklagten nicht vor.


B. Revision der Musterbeklagten

Die Revision der Musterbeklagten hat nur insoweit Erfolg, als sie sich gegen die Feststellung des Oberlandesgerichts zum zweiten Hilfsantrag des Feststellungsziels 2 wendet. Im Übrigen bleibt sie erfolglos.

I.

Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für die Revision der Musterbeklagten von Bedeutung - im Wesentlichen ausgeführt:

Den Antrag zum Feststellungsziel 1 habe die Musterbeklagte wirksam anerkannt, so dass die Feststellung mit dem beantragten Inhalt zu treffen sei.

Das Feststellungsziel 2 sei zulässig. Es sei darauf gerichtet, dass der Referenzzinssatz für die im Streit stehenden Sparverträge zu bestimmen sei. Betroffen seien allein die Sparverträge, die die genannten Zinsänderungsklauseln enthielten. Die Feststellung, dass die Musterbeklagte verpflichtet sei, die Zinsänderung für die genannten Sparverträge auf der Grundlage eines angemessenen in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Referenzzinssatzes vorzunehmen, der dem konkreten Geschäft möglichst nahekomme, sei hinreichend generalisierbar und gelte für alle denkbaren Vertragsgestaltungen.

Das Feststellungsziel 3 sei ebenfalls zulässig und hinsichtlich des Hauptantrags teilweise begründet. Die Musterbeklagte habe die Zinsänderungen monatlich vorzunehmen. Der Bestimmung des Anpassungsintervalls im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung könne zugrunde gelegt werden, dass verständige Vertragsparteien, die eine indexabhängige Zinsanpassung begehrten, ein Anpassungsintervall gewählt hätten, das ihnen eine möglichst genaue Anpassung ohne zeitliche Verzögerungen ermögliche. Es sei davon auszugehen, dass die Parteien, wenn sie das Problem der erforderlichen Anpassungsintervalle bedacht hätten, das "Modell" mit der größten Genauigkeit gewählt hätten, das im Verwaltungsaufwand noch beherrschbar sei. Das sei bei einem monatlichen Anpassungsintervall der Fall.

Das Feststellungsziel 5 sei begründet. Es stelle auf den Zeitpunkt der Entstehung der Zinsansprüche ab. Die Zinsansprüche der Verbraucher seien ­ wie die auf Rückzahlung des Kapitals gerichteten Ansprüche ­ erst mit wirksamer Beendigung der Sparverträge fällig. Eine künstliche Aufspaltung des vereinbarten einheitlichen Rückzahlungsanspruchs (bestehend aus Kapital und kapitalisierten Zinsen), die zu unterschiedlichen Fälligkeitszeitpunkten führe, sei nicht gerechtfertigt. Die Verbraucher hätten mit der Musterbeklagten keinen separaten Anspruch auf Auszahlung der Guthabenzinsen vereinbart.

II.

Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung mit Ausnahme der zum zweiten Hilfsantrag des Feststellungsziels 2 getroffenen Feststellung im Ergebnis stand.

1. Das Oberlandesgericht hat die zum Feststellungsziel 1 beantragte Feststellung zu Recht getroffen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es die Feststellung aufgrund des von der Musterbeklagten in der mündlichen Verhandlung vom 9. September 2020 vor dem Oberlandesgericht erklärten Anerkenntnisses hätte treffen dürfen. Denn wie der Senat mit Urteil vom 6. Oktober 2021 (XI ZR 234/20, WM 2021, 2234 Rn. 20 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen) bereits erkannt hat, ist das Feststellungsziel 1 zulässig und begründet. Das gilt auch für die ebenfalls zum Gegenstand des Feststellungsziels 1 gemachte weitere Klausel "Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z.Zt. ..%". Auch sie enthält bei der gebotenen objektiven Auslegung im Zusammenhang mit Ziffer 3.1 der Bedingungen für den Sparverkehr ein Zinsänderungsrecht der Musterbeklagten, nach dem diese den Zinssatz durch die Änderung eines Aushangs in ihrem Kassenraum ändern kann. Insoweit die Klausel danach die Variabilität der Verzinsung ausgestaltet, ist sie einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterworfen (vgl. Senatsurteil vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 Rn. 17) und hält dieser wegen eines Verstoßes gegen den nach Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB anwendbaren § 308 Nr. 4 BGB nicht stand, weil sie nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen aufweist (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 2021, aaO Rn. 29 mwN).

2. a) Zu Recht ist das Oberlandesgericht weiter von der Zulässigkeit des Hauptantrags und des ersten Hilfsantrags zum Feststellungsziel 2 ausgegangen. Wie der Senat in seinem Urteil vom 6. Oktober 2021 (XI ZR 234/20, WM 2021, 2234 Rn. 32) erkannt hat, hat das Feststellungsziel weder ausdrücklich noch verdeckt die Feststellung eines Leistungsanspruchs der Verbraucher gegen die Musterbeklagte zum Gegenstand.

b) Rechtsfehlerhaft hat das Oberlandesgericht allerdings auf den zweiten Hilfsantrag zum Feststellungsziel 2 festgestellt, dass die Musterbeklagte verpflichtet sei, die Zinsanpassung auf der Grundlage eines angemessenen in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Referenzzinssatzes, der dem konkreten Geschäft möglichst nahekomme, vorzunehmen. Wie der Senat nach Verkündung des Urteils des Oberlandesgerichts entschieden hat, ist diese Feststellung nicht klärungsbedürftig und verkennt den Kern des Rechtsschutzbegehrens des Musterklägers (Senatsurteil vom 6. Oktober 2021 - XI ZR 234/20, WM 2021, 2234 Rn. 36 f.).

3. Zu Recht ist das Oberlandesgericht hinsichtlich des Hauptantrags zum Feststellungsziel 3 im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) davon ausgegangen, dass die Zinsanpassungen in den Sparverträgen von der Musterbeklagten monatlich vorzunehmen und jährlich gutzuschreiben sind (Senatsurteil vom 6. Oktober 2021 - XI ZR 234/20, WM 2021, 2234 Rn. 38 ff.). Unionsrechtliche Erwägungen stehen der Vornahme einer ergänzenden Vertragsauslegung nicht entgegen (Senatsurteil aaO Rn. 47 ff.). Wie der Senat bereits erkannt hat, ist es sachgerecht, die Vereinbarung monatlicher Zinsanpassungen anzunehmen, weil der für langfristige Spareinlagen der vorliegenden Art geeignete Referenzzinssatz für vergleichbare Produkte in der von der Deutschen Bundesbank erhobenen Zinsstatistik monatlich veröffentlicht wird (Senatsurteil aaO Rn. 57). Dabei führt jede Veränderung des Referenzzinssatzes ohne Erreichen einer bestimmten Anpassungsschwelle zu einer Veränderung des Vertragszinses (Senatsurteil aaO Rn. 59 mwN).

4. Rechtsfehlerfrei ist das Oberlandesgericht weiter davon ausgegangen, dass die Ansprüche der Verbraucher auf das Sparguthaben einschließlich der weiteren Zinsbeträge frühestens ab dem Zeitpunkt der Beendigung der Sparverträge fällig werden (Feststellungsziel 5).

Aus Ziffer 3.3 der Bedingungen für den Sparverkehr und den Sonderbedingungen für S-Prämiensparen flexibel folgt bei der gebotenen objektiven Auslegung, dass der Kunde erst mit der Beendigung des Sparvertrags die Auszahlung des Sparguthabens einschließlich der zum Ende eines jeden Geschäftsjahres gutgeschriebenen kapitalisierten Zinsen verlangen kann. Erst zu diesem Zeitpunkt wird daher der aus dem Sparguthaben und den Zinsen bestehende Anspruch des Kunden auf Zahlung fällig (§ 271 Abs. 2 BGB), was Voraussetzung für die Ingangsetzung des Verjährungslaufs ist (Senatsurteil vom 6. Oktober 2021 - XI ZR 234/20, WM 2021, 2234 Rn. 65). Entgegen der Rechtsansicht der Musterbeklagten ist hinsichtlich der Fälligkeit des Zinsanspruchs nicht zwischen den bereits tatsächlich gutgeschriebenen Zinsen einerseits und den weiteren aufgrund der ergänzenden Vertragsauslegung noch gutzuschreibenden Zinsen andererseits zu differenzieren. Wie der Senat bereits entschieden hat, unterliegen die in einem Sparguthaben enthaltenen Zinsen derselben Verjährung wie das übrige angesparte Kapital, was auch für die Ansprüche der Kunden auf weitere Zinsbeträge aus den Sparverträgen gilt, die die Musterbeklagte den Kunden bislang nicht gutgeschrieben hat (Senatsurteil aaO Rn. 66 ff.).


C. Revision des Musterklägers

Die Revision des Musterklägers hat Erfolg.

I.

Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für die Revision des Musterklägers von Bedeutung - im Wesentlichen ausgeführt:

Das Feststellungsziel 2 sei hinsichtlich des Hauptantrags und des ersten Hilfsantrags unbegründet. Da die Zinsänderungsklauseln unwirksam seien und dispositives Recht insoweit fehle, sei die entstehende Lücke im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen, die durch das Gericht vorzunehmen sei. Ausgangspunkt der ergänzenden Vertragsauslegung sei der konkret abgeschlossene Vertrag, welcher vom Ausgangspunkt des "wirklich Gewollten her weitergedacht" werden müsse. Eine solche ergänzende Vertragsauslegung könne nicht im Zuge einer Musterfeststellungsklage generalisierend für alle Verträge vorgenommen werden, weil sich die Sparverträge hinsichtlich des Abschlussdatums und der konkreten Umstände unterschieden, die zum Vertragsschluss geführt hätten. Das Oberlandesgericht könne nicht überprüfen, ob sämtliche Verbraucher, die ihre Ansprüche zum Klageregister angemeldet hätten, im gesamten Zeitraum wortgleiche Verträge abgeschlossen hätten. Da der konkrete Vertragsinhalt nicht in jedem Einzelfall sicher feststehe, könne kein für alle Sparverträge gültiger Referenzzinssatz bestimmt werden.

Das Feststellungsziel 3 sei hinsichtlich des Hauptantrags insoweit unbegründet, als der Musterkläger mit ihm die Feststellung begehre, dass bei den von der Musterbeklagten monatlich vorzunehmenden Zinsanpassungen das relative Verhältnis zwischen dem bei Vertragsabschluss vereinbarten variablen Zinssatz und dem zu bestimmenden Referenzzinssatz gewahrt bleibe. Dem Oberlandesgericht sei eine Feststellung hierzu im Rahmen einer Musterfeststellungsklage nicht möglich, weil sie Teil der ergänzenden Vertragsauslegung sei, die "nicht generalisierbar" sei.

II.

Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.

1. Rechtsfehlerhaft hat das Oberlandesgericht den Hauptantrag und den ersten Hilfsantrag zum Feststellungsziel 2 zurückgewiesen.

Wie der Senat nach Verkündung des Urteils des Oberlandesgerichts erkannt und eingehend begründet hat, hätte das Oberlandesgericht einen Referenzzinssatz für die variable Verzinsung des Sparguthabens im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung bestimmen müssen (Senatsurteil vom 6. Oktober 2021 - XI ZR 234/20, WM 2021, 2234 Rn. 81 ff.). Nach dem Konzept der Sparverträge der vorliegenden Art ist es dabei allein interessengerecht, einen Referenzzinssatz für langfristige Spareinlagen heranzuziehen (Senatsurteil aaO Rn. 85).

Das Oberlandesgericht hat bislang keine Feststellungen dazu getroffen, ob der vom Musterkläger in seinem Hauptantrag zum Feststellungsziel 2 genannte Zinssatz der Zinsreihe WX4260 der Zinsstatistik der Deutschen Bundesbank als Referenzzinsatz den Interessen der Parteien eines Sparvertrags mit den typischen Merkmalen gerecht wird. Es wird dies daher mit sachverständiger Hilfe nachzuholen haben. Sollte das Oberlandesgericht zu dem Ergebnis kommen, dass dieser Zinssatz den an ihn als Referenzzinssatz zu stellenden Anforderungen nicht genügt, wird es ­ ebenfalls sachverständig beraten ­ über den ersten Hilfsantrag zum Feststellungsziel 2 zu entscheiden haben und dabei klären müssen, welcher konkrete, in den Zinsstatistiken der Deutschen Bundesbank veröffentlichte Zinssatz als Referenzzinssatz heranzuziehen ist (Senatsurteil vom 6. Oktober 2021 - XI ZR 234/20, WM 2021, 2234 Rn. 86).

2. Mit Erfolg wendet sich der Musterkläger weiter gegen die teilweise Abweisung des Hauptantrags zum Feststellungsziel 3.

Wie der Senat nach Verkündung des Urteils des Oberlandesgerichts für vergleichbare Sparverträge erkannt hat, muss bei den von der Musterbeklagten vorzunehmenden Zinsanpassungen das Verhältnis des konkret vereinbarten Zinssatzes zum Referenzzinssatz gewahrt bleiben und nicht eine gleich bleibende absolute Gewinnmarge (Senatsurteil vom 6. Oktober 2021 - XI ZR 234/20, WM 2021, 2234 Rn. 95 ff.). Die Anwendung der Verhältnismethode entspricht bei der maßgebenden objektiv-generalisierenden Sicht den typischen Vorstellungen der Vertragsparteien bei Vertragsschluss. Sie wahrt das Äquivalenzprinzip, indem sie gewährleistet, dass günstige Zinskonditionen günstig bleiben und ungünstige auch ungünstig bleiben dürfen (Senatsurteil aaO Rn. 96 mwN). Wie der Senat ebenfalls bereits eingehend begründet hat, stehen bankaufsichtsrechtliche Gesichtspunkte der Anwendung der Verhältnismethode nicht entgegen (Senatsurteil aaO Rn. 100 ff.).


D.

Nach alledem ist das Urteil des Oberlandesgerichts hinsichtlich des Feststellungsziels 3 teilweise und hinsichtlich des Feststellungsziels 2 insgesamt aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Über das Feststellungsziel 3 kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO), da es insoweit keiner weiteren tatsächlichen Feststellungen bedarf. Dies führt zu der vom Musterkläger beantragten Feststellung.

Hinsichtlich des Feststellungsziels 2 ist die Sache zur weiteren Sachaufklärung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, da die Sache insoweit nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Oberlandesgericht wird erneut über die in einem Eventualverhältnis stehenden Anträge des Musterklägers zum Feststellungsziel 2 zu entscheiden und dabei mit sachverständiger Hilfe im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung einen Referenzzinssatz gemäß den Ausführungen unter C. II. 1. zu bestimmen haben (vgl. Senatsurteil vom 14. März 2017 - XI ZR 508/15, WM 2017, 808 Rn. 27 ff.).

Grüneberg

Matthias

Derstadt

Schild von Spannenberg

Ettl

Vorinstanz:
OLG Dresden, Entscheidung vom 09.09.2020 - 5 MK 2/19 -

Bekanntmachung vom 08.11.2021, Bundesgerichtshof, Termin

Bezeichnung des Termins: Mündliche Verhandlung

Datum: 24.11.2021

Uhrzeit: 10:00 Uhr

Sitzungsort: Bundesgerichtshof in Karlsruhe

Raum: Saal E101

Straße, Hausnummer: Herrenstraße 45A

PLZ, Ort: 76133 Karlsruhe

Bekanntmachung vom 09.10.2020, Bundesgerichtshof, Rechtsmittel

Revision eingelegt am: 25.09.2020

Revisionsgericht: Bundesgerichtshof

Aktenzeichen: XI ZR 461/20, Aktenzeichen OLG Dresden: 5 MK 2/19

Revisionskläger: Erzgebirgssparkasse

gesetzlicher Vertreter: vertreten durch den Vorstand

Bekanntmachung vom 09.10.2020, Bundesgerichtshof, Rechtsmittel

Revision eingelegt am: 25.09.2020

Revisionsgericht: Bundesgerichtshof

Aktenzeichen: XI ZR 461/20, Aktenzeichen OLG Dresden: 5 MK 2/19

Revisionskläger: Verbraucherzentrale Sachsen e.V.

gesetzlicher Vertreter: vertreten durch den Vorstand

Bekanntmachung vom 09.10.2020, Oberlandesgericht Dresden, Beendigung

Das erstinstanzliche Verfahren wurde beendet durch Urteil, verkündet am 09.09.2020:

Oberlandesgericht Dresden

Zivilsenat

Aktenzeichen: 5 MK 2/19

Verkündet am: 09.09.2020

Seifert
Urkundsbeamter/in der Geschäftsstelle

IM NAMEN DES VOLKES

Teilanerkenntnis- und Endurteil

In Sachen

Verbraucherzentrale Sachsen e.V., Katharinenstraße 17, 04109 Leipzig
vertreten durch den Vorstand
- Kläger -

Prozessbevollmächtigte:
Derra, Meyer & Partner Rechtsanwälte PartGmbB, Königsbrücker Straße 61, 01099 Dresden, Gz.: 19/05537-BR

gegen

Erzgebirgssparkasse, Große Kirchgasse 18, 09456 Annaberg-Buchholz
vertreten durch den Vorstand
- Beklagter -

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Furche & Schäfer, Hauptstraße 15, 01097 Dresden

wegen Zinsen Spareinlagen

hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht PD Dr. Dr. Klose,
Richterin am Oberlandesgericht Krüger und
Richter am Oberlandesgericht Kühn

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 09.09.2020

für Recht erkannt:

I. Es wird festgestellt, dass

1. die Beklagte mit ihren Kunden, die Verbraucher sind, bei Abschluss der Sparverträge "S-Prämiensparen flexibel" allein durch die folgenden Formulierungen keine wirksamen Zinsanpassungsregelungen für den variablen Zinssatz formularmäßig vertraglich vereinbart :
- "Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z. Zt. ... %, ..."
- "Die Spareinlage wird variabel, z. Zt. mit ... % verzinst";

2. die Beklagte verpflichtet ist, die Zinsanpassung für die im Antrag zu 1. genannten Verträge auf der Grundlage angemessener in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeter Referenzzinssätze, die dem konkreten Geschäft möglichst nahe kommen, vorzunehmen;

3. die Beklagte verpflichtet ist, aufgrund des gemäß des Antrages zu 2. ermittelten Zinssatzes die Zinsanpassungen in den Sparverträgen monatlich vorzunehmen;

4. der vertragliche Anspruch von Kunden der Beklagten die Verbraucher sind, in Bezug auf die in Ziffer 1. des Tenors erfassten Verträge frühestens ab dem Zeitpunkt einer wirksamen Beendigung des jeweiligen Prämiensparvertrages "S-Prämiensparen flexibel" fällig werden.

II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 3/5 und die Beklagte 2/5 zu tragen.

IV. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Der klagende Verein, eine Verbraucherzentrale, begehrt im Rahmen einer Musterfeststellungsklage die Feststellung der Unwirksamkeit der Regelungen zur Guthabenverzinsung der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerinnen in von dieser in der Vergangenheit mit den Verbrauchern abgeschlossenen Sparverträgen "S-Prämiensparen flexibel". Eine ausdrückliche Zinsanpassungsklausel wurde nicht vereinbart. In den streitgegenständlichen Vertragsvarianten hieß es dazu: "Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z. Zt. ...%, ..." oder "Die Spareinlage wird variabel, z. Zt. mit ...% verzinst". Der Kläger hält diese Zinsänderungsklauseln für unwirksam und vertritt die Auffassung, die entstehende Regelungslücke seien durch eine ergänzende Vertragsauslegung zu schließen. Die vorgenannten Verträge schlossen die Rechtsvorgängerinnen der Beklagten in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts bis zum Anfang dieses Jahrhunderts mit Verbrauchern als Sparverträge mit dem Titel "S-Prämiensparen flexibel" ab. Ziffer 3.2 der jeweiligen Formularsparverträge lautete: "Vorzeitige Verfügung über das Sparguthaben: Wird das Sparguthaben ausnahmsweise ganz oder teilweise ohne Kündigung, also vorzeitig zurückgezahlt, so bewirkt das die Beendigung des Vertrages. Das gilt auch für Verfügungen über kapitalisierte Zinsen/Prämien (...)." Die Zinsen und Prämien wurden in den Sparverträgen auch in der Realität kapitalisiert.

Einen Großteil dieser Verträge kündigte die Beklagte im Jahr 2017. Regelmäßig sahen die Verträge die Einzahlung eines gleichbleibenden monatlichen Sparbeitrages vor. Es war auch möglich, zusätzlich die Einzahlung eines einmaligen Sparbetrages zu vereinbaren. Dazu verpflichtete sich die Beklagte, dem Sparkonto am Ende eines jeden Kalenderjahres eine verzinsliche "S-Prämie" gemäß einer Prämienstaffel auf die vertragsgemäß geleisteten Sparbeträge des jeweils abgelaufenen Sparjahres gutzuschreiben. Für das 3. Sparjahr sah die Staffel eine Prämienhöhe von 3 %, für das 4. Jahr von 4 %, für das 5. Jahr von 6 %, für das 6. Jahr von 8 %, für das 7. Jahr von 10 %, für das 8. Jahr von 15 %, für das 9. Jahr von 20 %, für das 10. Jahr von 25 %, für das 11. Jahr von 30 %, für das 12. Jahr von 35 %, für das 13. Jahr von 40 %, für das 14. Jahr von 45 %, für das 15. Jahr von 50 % vor. Im Hinblick auf die Veränderlichkeit der Verzinsung der Spareinlage enthielten weder die einzelnen Formularverträge noch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Sonderbedingungen noch spätere Vereinbarungen über die Umschreibung bzw. Umgestaltung weitere Vereinbarungen als eine der beiden bereits genannten Varianten.

Der Kläger, ein Verbraucherschutzverein, und als qualifizierte Einrichtung i.S.v. § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UKlaG eingetragen, benannte für die erste Variante ("Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z. Zt. ...%, ...") 14 Verbraucher, die derartige Verträge zwischen dem 11.11.1993 und dem 04.12.1997 und für die zweite Vertragsvariante ("Die Spareinlage wird variabel, z. Zt. mit ...% verzinst") 14 Verbraucher, die zwischen dem 27.03.1995 und dem 21.05.2001 diese Klausel vereinbart hatten.

Der Kläger hält beide Zinsänderungsklauseln für unwirksam und begehrt im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung den im Klageantrag benannten Referenzzinssatz sowie ein Zinsanpassungsintervall zu bestimmen. Weiter vertritt er die Auffassung, der Anspruch auf Verzinsung unterliege derselben Verjährung, wie die jeweilige Kapitaleinlage.

Es komme nicht darauf an, ob die Beklagte selbst "schon länger" keine "S-Prämiensparen flexibel"-Verträge mehr abgeschlossen habe. Sie sei aus der Verschmelzung der Kreissparkasse Aue-Schwarzenberg, der Sparkasse Erzgebirge und der Sparkasse Mittleres Erzgebirge hervorgegangen, wobei die Erstgenannte wiederum aus der Verschmelzung der Kreissparkassen Aue und Schwarzenberg und Zweitgenannte aus der Verschmelzung der Kreissparkassen Annaberg und Stolberg hervorgegangen sei. Damit müsse sie auch für von den vorgenannten Kreditinstituten abgeschlossene Verträge einstehen.

Weiter vertritt der Kläger die Auffassung, auf eine etwaige Publikation der Zinsänderungen durch einen Aushang komme es nicht an. Mit einer etwaigen Abrechnung und Auflösung eines Sparkontos in den Jahren 2018/2019 sei kein Verzicht auf eine Nachforderung von Zinsen verbunden gewesen. Es sei Aufgabe des Senates, einen verbindlichen Referenzzinssatz zu bestimmen, um so den Instanzgerichten eine verlässliche Grundlage an die Hand zu geben. Die streitgegenständlichen Verträge würden aufgrund ihrer Uniformität auch eine konkrete Zinsentscheidung ermöglichen. Das betreffe auch die Frage, ob ein relativer oder ein absoluter Zinsabstand zu berücksichtigen sei.

Der Kläger beantragt festzustellen, dass

1.
(a) die Beklagte mit ihren Kunden, die Verbraucher sind, bei Abschluss der Sparverträge "S-Prämiensparen flexibel" allein durch die folgenden Formulierungen keine wirksamen Zinspassungsregelungen für den variablen Zinssatz formularmäßig vertraglich vereinbart hat:

- "Die Sparkasse zahlt neben den jeweils gültigen Zinssatz, z.Zt. …%, …"
- "Die Spareinlage wird variabel, z. Zt. mit ....% verzinst";

(b) hilfsweise zu 1 (a), dass die Beklagte mit ihren Kunden, die Verbraucher sind, bei Abschluss der Sparverträge "S-Prämiensparen flexibel" (mit Ausnahme der nach 2006 durch die Sparkasse Erzgebirge geschlossenen Verträge) durch die folgenden Formulierungen keine wirksamen Zinspassungsregelungen für den variablen Zinssatz formularmäßig vertraglich vereinbart hat:

- "Die Sparkasse zahlt neben den jeweils gültigen Zinssatz, z.Zt. …%, …"
- "Die Spareinlage wird variabel, z. Zt. mit ....% verzinst";

2.
die Beklagte verpflichtet ist, die Zinsanpassung für die im Antrag zu 1. genannten Verträge vorzunehmen auf der Grundlage des gleitenden Durchschnittswertes

(a) der letzten 10 Jahre des Referenzzinssatzes für Umlaufrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen/Hypothekenpfandbriefe mit einer garantierten Restlaufzeit von 10 Jahren (Zeitreihe BBSIS.M.I.UMR.RD.EUR.MFISX.B.X100.R0910.R.A.A._Z._Z.A: Umlaufrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen / Hypothekenpfandbriefe/ RLZ von über 9 bis 10 Jahren / Monatswerte gemäß Statistik der Deutschen Bundesbank – frühere Kennung: WX4260);

(b) hilfsweise zu (a) entsprechend der Laufzeit eines von der Deutschen Bundesbank für inländische Banken erhobenen langfristigen (9 bis 10 Jahre) Referenzzinssatzes, welcher dem konkreten Geschäft möglichst nahekommt, wobei die Auswahl des Referenzzinssatzes in das Ermessen des Gerichts gestellt wird;

(c) hilfsweise zu (a) und (b) entsprechend der Laufzeit eines langfristigen (9 bis 10 Jahre), angemessenen und in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Referenzzinssatzes, der dem konkreten Geschäft möglichst nahekommt, wobei die Auswahl des Referenzzinssatzes in das Ermessen des Gerichts gestellt wird;

3)
die Beklagte verpflichtet ist, aufgrund des gemäß Antrag zu 2. ermittelten Referenzzinssatzes die Zinsanpassung zu den im Antrag zu 1. genannten Verträgen

(a) monatlich vorzunehmen, wobei das relative Verhältnis zwischen dem anfänglich vereinbarten variablen Zinssatz zum gleitenden Durchschnitt des gemäß Antrag zu 2. ermittelten Referenzzinssatzes im Zeitpunkt des Vertragsschlusses gewahrt bleibt;

(b) hilfsweise zu (a) nach den in das Ermessen des Gerichts gestellten Anpassungsparametern hinsichtlich Anpassungsschwelle und Zinsabstand vorzunehmen;

4)
dass die tatsächliche Zinsanpassung, welche die Beklagte zu den im Antrag zu 1. benannten Verträgen vornahm, weder auf der Grundlage des gemäß Antrag zu 2. ermittelten Referenzzinssatzes noch nach angemessenen Anpassungsparametern gemäß Antrag zu 3. erfolgte;

5)
vertragliche Ansprüche von Kunden der Beklagten, die Verbraucher sind, in Bezug auf die Zinsen frühestens ab dem Zeitpunkt einer wirksamen Beendigung ihres Prämiensparvertrages "S-Prämiensparen flexibel" fällig werden;

6)
allein durch die Kenntnis der Höhe der tatsächlich vorgenommenen Zinsgutschriften in den Sparbüchern für die im Antrag zu 1. genannten Verträge keine grob fahrlässige Unkenntnis oder Kenntnis der tatsächlichen Grundlagen, anhand derer die Höhe der tatsächlich gutzuschreibenden Zinsbeträge zu ermitteln war, begründet

7)
allein die widerspruchslose Hinnahme der Zinsgutschrift im Sparbuch für die betroffenen Verbraucher nicht dazu führt, dass deren etwaige Ansprüche auf Nachberechnung und Auskehrung von Zinsansprüchen dem von Amts wegen zu berücksichtigenden Einwand der Verwirkung unterliegen und dadurch das sog. Zeitmoment erfüllt ist, zu dem die Kenntnis des Berechtigten von seinem Recht gehört

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, aufgrund der "extrem breiten Vielfalt länger angelegter Prämiensparverträge" sei eine einheitliche ergänzende Vertragsauslegung ausgeschlossen. Die Musterfeststellungsklage sei daher schon deshalb unzulässig. Bei der Zinsanpassung sei auf die einzelnen in der Beklagten aufgegangenen Kreditinstitute abzustellen. Die Vertragsauslegung sei immer einzelfallbezogen vorzunehmen; eine schematisierte ergänzende Vertragsauslegung sei weder möglich noch geboten. Bei der Bestimmung des Referenzzinssatzes sei auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses und die konkreten Vertragspartner abzustellen. Daher könne nur ein Referenzzinssatz herangezogen werden, der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits bekannt gewesen sei. Die verwendeten Zinsanpassungen seien nicht unwirksam, sondern lediglich im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu füllen. Es dürfe nicht auf einen langfristigen Referenzzinssatz abgestellt werden, weil die Anlagen ihrerseits nicht langfristig gewesen seien. Die relative Zinsanpassung entspreche nicht dem mutmaßlichen Willen der Vertragspartner zum Zeitpunkt des jeweiligen Vertragsschlusses. Bei steigenden Marktzinsen sei diese Methode für die Verbraucher nachteilig. Zudem seien die Verträge - wie sie behauptet - in Folge der Kündigung endabgerechnet worden, so dass den Verbrauchern keine weiteren Zinsansprüche mehr zustehen würden. Der erste Klageantrag sei unzulässig und unbegründet, weil die Beklagte "verschiedenste Prämiensparverträge" mit ihren Kunden geschlossen habe. Die Beklagte habe zahlreiche Prämiensparverträge mit Kunden abgeschlossen, in denen eine uneingeschränkt an den höchstrichterlichen Anforderungen orientierte Zinsanpassungsregelung enthalten sei. Die Vertragsgestaltung werde mit der Folge einer nicht möglichen generalisierenden Betrachtung auch noch dadurch verkompliziert, dass die Verträge von insgesamt sechs Vorgängerkreditinstituten betrachtet werden müssten. Jeweils hätten die Vorgängerkreditinstitute unterschiedliche Prämiensparmodelle vertrieben. Der Kläger habe es unterlassen, die Vertragsstruktur der einzelnen Verträge darzulegen. Es sei zutreffend, dass die Zinsanpassungsregelung in der damaligen Form einer höchstrichterlichen Inhaltskontrolle nicht mehr standhalten würde. Es gebe damit für sog. länger angelegte Bestandsverträge keine Zinsanpassungsregelung. Die somit geschaffene Regelungslücke sei im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu füllen. Dabei komme es auf die Laufzeit, die Kündigungssystematik, die Vergütungssystematik und die Einlagenaufbausystematik an. Es bestehe kein plausibler Grund dafür, die Vertragspartner von Altverträgen anders zu behandeln als diejenigen, die nach der Erkenntnis über die Unwirksamkeit der Klausel angepasste Verträge geschlossen hätten. Die Vorgängerkreditinstitute der Beklagten hätten jeweils eine unterschiedliche Refinanzierungssystematik betrieben. Die vom Kläger vorgeschlagene Variante der Zinsanpassung entspreche dem derzeitigen Zinsniveau, sei jedoch mit demjenigen zum Zeitpunkt des Abschlusses der Verträge nicht zu vereinbaren. Es sei nicht plausibel, warum der Kläger die Konsequenzen aus der unwirksamen Zinsanpassungsklausel nicht bereits zeitnah nach der dies klarstellenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Jahr 2004 gezogen habe.

In den Jahren 2017 und 2018 seien die meisten der Sparverträge ordentlich wirksam gekündigt worden und seien damit final abzurechnen gewesen. Der einzelne Sparer habe mit seiner Unterschrift die jeweils final zutreffende Abrechnung anerkannt. Diesem finalen Erfüllungsverlangen habe die Beklagte Folge geleistet, so dass das jeweilige Schuldverhältnis gemäß § 362 Abs. 1 BGB erloschen sei. Insgesamt sei die Musterfeststellungsklage unzulässig und unbegründet. Im Hinblick auf die Verjährung sei darauf abzustellen, dass der Zinsanspruch bereits nach Ablauf des Zinsanpassungsintervalls entstehe.

Die Festlegung eines einheitlichen Referenzzinssatzes verbiete sich schon deshalb, weil die jeweiligen Verträge bei unterschiedlichen ehemaligen Kreditinstituten jeweils unterschiedlich abgeschlossen worden seien. Bereits in den "Althäusern" der Sparkasse Aue und Sparkasse Stolberg habe sich eine Vielfalt der Prämiensparmodelle gezeigt. Die Sparer hätten über verschiedene Vertragsmodelle verfügt, die jeweils ganz anders strukturiert und von anderen Zinsanpassungsklauseln getragen worden seien. Eine höchstrichterliche Klärung der Frage, wie die Zinsanpassung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung auszulegen sei, fehle bisher. Jedenfalls dürfe keine 15-jährige Kapitalnutzung zugrunde gelegt werden. Die geplante Refinanzierung durch die jeweiligen Kreditinstitute sei stärker in den Blick zu nehmen.

Im Hinblick auf die Verjährung könne der jeweilige Sparer zunächst den anfänglichen Zins verlangen. Dieser entstehe mit Vertragsschluss und sei sofort fällig. In selbständiger Veränderlichkeit sei ein zweiter Anspruch angelegt, der mit seiner kontenmäßigen Verbuchung auch entrichtet sei. Spätestens zum Schluss des Geschäftsjahres könne jeder Kunde die Zinszahlung durchsetzen. Ein Aufschub der Verjährung sei daher nicht gerechtfertigt. Alle etwaigen Zinsansprüche, die vor dem 31.12.2005 entstanden seien, seien verjährt. Nur so könne dem Zweck der Verjährung, nämlich Rechtsfrieden zu schaffen, hinreichend entsprochen werden. Sonst bestehe gerade bei Zinsen die Gefahr des Aufsummierens. Die Zinsanpassung sei von den Jahreszinsen zu trennen. Ob die AGB der Sparkassen in die Verträge einbezogen worden seien, sei von den Verbrauchern im Einzelfall nachzuweisen. Der Kapitalisierungsgedanke gestatte keinen Zinsaufschub. Jedenfalls seien etwaige Ansprüche der Verbraucher verwirkt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Das Bundesamt für Justiz hat die Musterfeststellungsklage am 8. November 2019 bekannt gemacht. Zum 8. Januar 2020 sind 757 Anmeldungen zur Musterfeststellungsklage zu verzeichnen gewesen. Die geänderten Anträge hat das Bundesamt für Justiz am 25.2.2020 bekannt gemacht.

II.

Die Klage ist in Bezug auf den Feststellungsantrag zu 4. insgesamt und im Hinblick auf den 5. Feststellungsantrag teilweise unzulässig, im Übrigen zulässig. Soweit die Musterfeststellungsklage zulässig ist, ist sie nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

A.

Die Musterfeststellungsklage ist mit den Hauptanträgen überwiegend zulässig, denn es handelt sich beim Kläger um eine qualifizierte Einrichtung i.S.v. § 606 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 Nr. 1 ZPO, von den Feststellungszielen zu 1. bis 3. und zu 5. bis 7., nicht aber vom Feststellungsziel zu 4., hängen Ansprüche oder Rechtsverhältnisse von Verbrauchern i.S.v. § 606 Abs. 3 Nr. 2 ZPO (unmittelbare Konnexität) ab. Der Kläger hat glaubhaft gemacht, dass diese Abhängigkeit für die Ansprüche oder Rechtsverhältnisse von mindestens 10 Verbrauchern besteht und es haben sich bis zum Montag, den 8.1.2020, und damit binnen zwei Monaten nach der öffentlichen Bekanntmachung der Musterfeststellungsklage am 8.11.2019 und der Eintragung im Register gemäß § 606 Abs. 3 Nr. 3 ZPO mehr als 50 Verbraucher mit ihren Ansprüchen oder Rechtsverhältnissen wirksam zur Eintragung in das elektronische Klageregister beim Bundesamt für Justiz (§ 609 Abs. 1 ZPO) angemeldet, auch wenn einige der Anmeldungen ersichtlich nicht von dem Inhalt der Musterfeststellungsklage betroffen sind. Dies wird auch von der Beklagten nicht angegriffen.

I. Zugunsten des Klägers wird gemäß § 606 Abs. 1 S. 4 ZPO unwiderleglich vermutet, dass er eine zur Musterfeststellungsklage befugte qualifizierte Einrichtung i.S.v. § 606 Abs. 1 S. 1, 2 ZPO ist, weil es sich beim Kläger um eine Verbraucherzentrale handelt und er glaubhaft gemacht hat, dass er überwiegend mit öffentlichen Mitteln gefördert wird. So hat der Kläger ausweislich der als Anlage K 1 vorgelegten Berichte der 3D GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vom 06.06.2018 und vom 20.05.2019 im Jahre 2017 bei Gesamteinnahmen von 5.754.000,00 € öffentliche Zuschüsse in Höhe von 4.749.000,00 € und im Jahre 2018 bei Gesamteinnahmen in Höhe von 5.752.000,00 € öffentliche Zuschüsse in Höhe von 4.964.000,00 € erhalten. Zudem hat der Kläger mit dem Freistaat Sachsen, vertreten durch das Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz, am 20./23.05.2019 eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit geschlossen, nach welcher er in den Haushaltsjahren 2019 bis 2023 jeweils Zuwendungen als institutionelle Förderung in Höhe von 3.100.000,00 € pro Jahr erhalten soll, was mehr als der Hälfte der bisherigen jährlichen Gesamteinnahmen entspricht. Diesem Vortrag des Klägers ist die Beklagte nicht entgegengetreten.

II. Die Feststellungsziele sind mit Ausnahme des vierten Feststellungsziels hinreichend konnex. Die unmittelbare Konnexität für die Feststellungsziele ist gegeben, wenn bei Richtigkeit des vorgetragenen Sachverhaltes den Verbrauchern Ansprüche zustünden, wobei nicht erforderlich ist, dass die Feststellungsziele sämtliche tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen des Anspruches erfassen (vgl. Senatsurteil vom 22.04.2020, 5 MK 1/19, BeckRS 2020, 6640 Rn. 34; Röthemeyer, Musterfeststellungsklage, 2. Aufl., § 606 ZPO Rn. 11; Stadler in Musielak/Voit, ZPO, 17. Aufl., § 606 Rn. 12). Gegenstand eines Feststellungsziels können demzufolge auch Anspruchselemente sein.

Entgegen der Auffassung der Beklagten steht der Feststellung nicht bereits entgegen, dass die Verbraucher nach der bestrittenen Darstellung der Beklagten nach der in den Jahren 2017/2018 erfolgten Kündigung der Verträge durch die Beklagten eine abschließende Abrechnung begehrt haben. Insoweit fehlt es bereits an Vortrag dazu, dass sämtliche Verbraucher, die in der Musterfeststellungsklage benannt sind und die sich dieser angeschlossen haben derartige Erklärungen zur Abrechnung ihres Prämiensparvertrages abgegeben haben. Unabhängig davon kann aus der bloßen Aufforderung zur Abrechnung eines von dem Vertragspartner gekündigten Vertrages und der Entgegennahme des von diesem errechneten Abrechnungssaldos kein Verzicht auf weitergehende Ansprüche abgleitet werden. Dies gilt umso mehr, weil die Beklagte in Folge der dem ersten Klageantrag zugrundeliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung seit 2005 Kenntnis von der unwirksamen Zinsanpassungsklausel hatte und schon deshalb aus der nicht erfolgten sofortigen Nachforderung allenfalls dann einen Verzicht auf eine etwaige Korrektur der Abrechnung hätte ableiten können, wenn sie die Verbraucher im Zuge der Abrechnung darauf hingewiesen hätte. Dies hat die Beklage jedoch nicht vorgetragen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten können nicht nur die Voraussetzungen für das Bestehen oder Nichtbestehen von Ansprüchen und Rechtsverhältnissen statthafte Feststellungsziele i.S.v. § 606 Abs. 1 S. 1 ZPO sein. Vielmehr ist die Feststellung des Bestehens eines Anspruchs dem Grunde nach ein ebenso zulässiges Feststellungsziel wie eines Teiles davon (vgl. Senatsurteile vom 22.04.2020, 5 MK 1/19, BeckRS 2020, 6640 Rn. 35 und vom 17.06.2020 - 5 MK 1/20; Halfmeier in Prütting/Gehrlein, ZPO, 11. Aufl., § 606 Rn. 17). Nach dem Wortlaut von § 606 Abs. 1 S. 1 ZPO kann schon das "Bestehen oder Nichtbestehen von tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen" als der Feststellung zugänglich behandelt werden. Erst recht muss dies demzufolge für die Ansprüche und Rechtsverhältnisse selbst gelten, weswegen auch die rechtliche Würdigung typischer Tatsachenkonstellationen und damit auch eine Rechtsfrage Gegenstand der Feststellung im Musterfeststellungsverfahren sein kann (vgl. Halfmeier, a.a.O.; Waßmuth/Asmus, ZIP 2018, 658). Auch mit der Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO kann das über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses entschieden werden, wenn – eine besondere Zulässigkeitsvoraussetzung der allgemeinen Feststellungsklage – nicht an der Stelle der Feststellungs- auch eine Leistungsklage erhoben werden kann. Diese Einschränkung dient der Prozessökonomie. Diese zu wahren ist auch bei der Musterfeststellungsklage unabdingbar, deren Ziel es aber gerade ist, bei massenhaft gleichartigen Streitgegenständen eine prozessökonomische Verfahrensweise anzubieten. Diesem Ziel könnte nicht entsprochen werden, wenn nicht auch Ansprüche und Rechtsverhältnisse selbst der Musterfeststellung zugänglich wären. Ob dies im Anwendungsbereich des KapMuG, welches eine andere Verfahrensstruktur hat (vgl. BGH, Beschluss vom 30.07.2019, VI ZB 59/18, NJW 2020, 341 Rn. 15), ebenso zu beurteilen wäre, ist für das vorliegend zu beurteilende Musterfeststellungsverfahren unerheblich. Dies zugrunde gelegt, sind die Feststellungsziele mit Ausnahme des vierten Feststellungsziels zulässig.

Auf die aus Sicht des Senates gegebene Zulässigkeit des ersten Feststellungsantrags kommt es angesichts des Teilanerkenntnisses der Beklagten nicht an. Das Anerkenntnis ist auch nicht durch die Sonderregelungen für die Musterfeststellungsklage in § 610 Abs. 5 Satz 2 ZPO ausgeschlossen.

Auch der 2. Feststellungsantrag enthält ein zulässiges Feststellungsziel, weil sich im Rahmen des Rechtsverhältnisses zwischen der Beklagten und den Verbrauchern wegen Fehlens einer anderweitigen Bestimmung die Rechtsfrage stellt, wie der variable Zins zu berechnen ist, wenn dem 1. Feststellungsantrag entsprochen wird. Dabei werden durch den Haupt- und die Hilfsanträge jeweils Möglichkeiten der Bestimmung der Zinshöhe bezeichnet. Das Feststellungsziel ist auch hinreichend bestimmt, weil mit der Bezeichnung des Vertragstyps sowie der Vereinbarung eines variablen Zinses und der dazugehörigen Zinsanpassungsklausel ein konkreter Bezug zu den betroffenen Verträgen hergestellt wird. Die vorstehenden Ausführungen gelten gleichermaßen für den Feststellungsantrag zu 3., der im Ergebnis zulässig ist.

Zulässig sind auch die Feststellungsanträge zu 5. bis 7., die jeweils Elemente eines Rechtsverhältnisses zwischen der Beklagten und den Verbrauchern enthalten.

Der Feststellungsantrag zu 5. ist auf den Zeitpunkt des Entstehens der Zinsansprüche der Verbraucher gerichtet, behandelt also eine Rechtsfrage, die im Rahmen der Forderungsverjährung von erheblicher Bedeutung ist, welche wegen der Langfristigkeit der Prämiensparverträge im Rechtsverhältnis zwischen der Beklagten und den Verbrauchern eine wichtige Rolle spielt. Es kommt nicht darauf an, ob die Beklagte bereits in einzelnen Rechtsverhältnissen die Verjährungseinrede erhoben hat, weil sie diese jederzeit erheben kann und schon diese Möglichkeit das Interesse der Verbraucher an einer gerichtlichen Feststellung begründet. Zu den im Musterfeststellungsverfahren feststellungsfähigen rechtlichen Voraussetzungen für das Nichtbestehen von Rechtsverhältnissen gehören auch rechtsvernichtende Einwendungen wie die Verjährung und die Verwirkung. Ob deren tatsächliche und rechtliche Voraussetzungen vorliegen, ist für die klagenden Verbraucher von der gleichen Bedeutung wie das Bestehen des Anspruches. Bestehende Unsicherheiten können hier durch die zu treffende Feststellung beseitigt werden. Die notwendige Bestimmtheit des Antrages ergibt sich aus der Bezeichnung der Verträge im Feststellungstenor zu Ziff. 1. unter Berücksichtigung der Feststellungen im Tatbestand zur Bezeichnung der Verträge und deren Inhalt. Das erforderliche rechtliche Interesse an einer Feststellung in der Musterfeststellungsklage fehlt jedoch mit der Folge der insoweit bestehenden Unzulässigkeit des (geänderten) fünften Klageantrags, soweit dieser Klageantrag auf die Feststellung für alle Verbraucher gerichtet ist. Allein für diese Verbraucher hat der Kläger ein Musterfeststellungsinteresse dargelegt. Aus dem bloßen Abschluss von Prämiensparverträgen auch ohne die hier als unwirksam erkannten Zinsanpassungsklauseln kann nicht auf ein Interesse an einer rechtlichen Feststellung geschlossen werden.

Auch das 6. und das 7. Feststellungsziel sind zulässig, weil sie jeweils möglicherweise entscheidungserhebliche Elemente des Rechtsverhältnisses zwischen der Beklagten und den Verbrauchern im Hinblick auf die rechtsvernichtende Einrede oder Einwendung der Verjährung bzw. Verwirkung betreffen.

Unzulässig ist aber der 4. Feststellungsantrag, weil ihm die Konnexität fehlt. Er ist auf eine konkrete Zinsberechnung durch die Beklagte in einem Einzelfall gerichtet und damit auf eine Frage, welche einer generalisierenden Betrachtung nicht zugänglich ist. Nicht als Feststellungsziel geeignet sind nämlich solche Fragen, die nur individuell entschieden werden können und nicht bei den Ansprüchen der Verbraucher gleichermaßen bedeutsam sind (vgl. Stadler, a.a.O., § 606 Rn. 12). Es geht bei der Musterfeststellungsklage um die Klärung grundsätzlicher, in einer Vielzahl von Fällen wiederkehrender tatsächlicher und rechtlicher Fragen (vgl. BGH, Beschluss vom 30.07.2019, VI ZB 59/18, NJW 2020, 341 Rn. 14). Die Einzelfallprüfung der richtigen Zinsberechnung kann nicht Gegenstand des Musterfeststellungsverfahrens, sondern nur eines Individualklageverfahrens sein. Nach Sinn und Zweck der Musterfeststellungsklage sind nur solche Tatsachen und Rechtsfragen feststellungsfähig, die verallgemeinerbar sind. Zu diesen zählt nicht der individuelle Anspruch des einzelnen Verbrauchers gegen die Beklagte, der im Musterfeststellungsverfahren weder als Leistungs- noch als Feststellungsantrag gegenüber der Beklagten verfolgt werden kann.

III. Der Kläger hat i.S.v. § 606 Abs. 3 Nr. 2 ZPO glaubhaft gemacht, dass von den Feststellungszielen des Hauptantrages die Ansprüche von mindestens 10 Verbrauchern abhängen. Er hat dargelegt, dass es sich bei den in der Klageschrift benannten natürlichen Personen um Verbraucher i.S.v. §§ 29c Abs. 2, 606 Abs. 1 S. 1 ZPO handelt. Der Senat legt dabei zugrunde, dass der Verbraucherbegriff unter Heranziehung von § 29c Abs. 2 ZPO prozessual zu definieren ist (vgl. OLG Braunschweig, Beschluss vom 23.11.2018, 4 MK 1/18, BeckRS 2018, 30499 Rn. 13; Heinrich in Musielak/Voit, ZPO, 17. Aufl., § 29c Rn. 6a). Es kommt also darauf an, dass die betroffene natürliche Person bei der Begründung des Anspruches bzw. des Rechtsverhältnisses nicht überwiegend im Rahmen einer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit gehandelt hat. Diese Voraussetzungen sind bei den hier in Streit stehenden und der privaten Vermögensbildung dienenden Sparverträgen erfüllt. Der Kläger hat damit glaubhaft gemacht, dass die in der Klageschrift vom 04.02.2020 genannten natürlichen Personen mit der einen Sparvertrag "S-Prämiensparen flexibel" mit der Formulierung bei der Zinsanpassungsklausel "Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z.Zt. ...%, am Ende eines Kalenderjahres [...]" bzw. "Die Spareinlage wird variabel, zur Zt. mit ...% p.a. verzinst." geschlossen haben und in denen anderweitige Bestimmungen zur Anpassung des Zinssatzes nicht enthalten, einbezogen oder nachträglich vereinbart sind. Zur Glaubhaftmachung hat der Kläger die jeweiligen Verträge vorgelegt.

IV. Es haben bis zum Stichtag 8.1.2020, und damit innerhalb von 2 Monaten nach der öffentlichen Bekanntmachung der Musterklage im Klageregister des Bundesamtes für Justiz gemäß § 607 Abs. 1 ZPO am 8.11.2019 ausweislich des vom Bundesamt für Justiz übersandten Auszuges vom 7.2.2020 nach § 609 Abs. 5 S. 1 ZPO 757 Verbraucher ihre Ansprüche oder Rechtsverhältnisse zur Eintragung in das Klageregister angemeldet. Nach Übermittlung des Auszuges an die Parteien gemäß § 609 Abs. 5 S. 2 ZPO haben diese Einwände nicht erhoben.

B.

Die Musterfeststellungsklage ist, soweit sie zulässig ist, nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

I. Die streitgegenständlichen Prämiensparverträge sind nicht als Darlehensverträge, sondern als unregelmäßige Verwahrungsverträge gemäß § 700 Abs. 1 S. 1 BGB anzusehen, weil sie für die Verbraucher nicht die für den Darlehensvertrag gemäß § 488 Abs. 1 S. 1 BGB typische Pflicht des Darlehensgebers enthalten, dem Darlehensnehmer den Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen (BGH, Urteil vom 14.05.2019, XI ZR 345/18, NJW 2019, 2920 Rn. 26). Wenn die Prämiensparverträge auch darauf gerichtet sind, dass die Verbraucher die vereinbarten Sparbeiträge erbringen werden, enthalten sie doch keinen durchsetzbaren Anspruch der Beklagten auf Zahlung dieser Sparbeiträge. Soweit die Sparverträge durch die Beklagte beendet werden können, wenn die vereinbarten Sparbeiträge nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit, spätestens bis zum Ende des Sparjahres, nachgeholt werden, ergibt sich daraus kein durchsetzbarer Anspruch der Beklagten auf Zahlung der Sparbeiträge durch die Verbraucher, so dass sie nicht als Darlehensverträge, sondern als unregelmäßige Verwahrungsverträge zu qualifizieren sind (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 21.11.2019, 8 U 1770/18, NJW 2020, 620 Rn. 16). Auf die Prämiensparverträge als unregelmäßige Verwahrungsverträge finden allerdings gemäß § 700 Abs. 1 S. 1 BGB die Vorschriften über den Darlehensvertrag Anwendung, weil es um die Überlassung von Geld geht, wobei die Regelungen zum Kündigungsrecht aus §§ 488 Abs. 3, 489 BGB nicht anwendbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 14.05.2019, a.a.O. Rn. 40).

II. Die von dem Kläger zulässig verfolgten Feststellungsziele sind nur teilweise begründet.

1. Im Hinblick auf den 1. Feststellungsantrag war die Beklagte, wie geschehen, auf ihr Anerkenntnis hin zu verurteilen. Die Verurteilung war jedoch unabhängig davon, dass das Anerkenntnis weiter reichte, auf den beantragten Inhalt zu beschränken (§ 308 ZPO).

2. In Bezug auf den Feststellungsantrag zu 2. kann nicht der Hauptantrag festgestellt werden, sondern lediglich teilweise der 2. Hilfsantrag.

Durch die geänderten Anträge wurde im Hinblick auf den zweiten Klageantrag sowie die Hilfsanträge keine gemäß § 263 ZPO zu beurteilende Klageänderung herbeigeführt. Im Hinblick auf den Hauptantrag wurde lediglich die Bezeichnung des inhaltlich unverändert gebliebenen gewollten Referenzzinssatz geändert. Auch die Hilfsanträge halten sich in dem Rahmen des Hauptantrages und wurden innerhalb dessen lediglich ohne den Klagegrund zu verändern konkretisiert.

a) Die Klage ist insoweit jedoch nur mit einem Teil des zweiten Hilfsantrages begründet. Der Kläger nimmt noch im Ausgangspunkt zutreffend an, dass Folge der oben dargestellten Rechtslage, nämlich der Wirksamkeit der Variabilität des Zinssatzes einerseits und Fehlen einer Zinsanpassungsregelung andererseits, eine Lücke der vertraglichen Regelung ist, welche durch das angerufene Gericht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist (vgl. BGH, Urteil vom 10.06.2008, XI ZR 211/07, NJW 2008, 3422 Rn. 18; Urteil vom 13.04.2010, XI ZR 197/09, NJW 2010, 1742 Rn. 18). Entscheidend ist danach, welche Regelung von den Parteien in Kenntnis des Fehlens der vereinbarten Zinsänderungsklausel nach dem Vertragszweck und angemessener Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) als redliche Vertragspartner gewählt worden wäre, wobei ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Beklagten nach § 315 Abs. 1 BGB ebenso wenig in Betracht kommt wie ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Verbraucher nach § 316 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 13.04.2010, XI ZR 197/09, NJW 2010, 1742 Rn. 18 f.).

Nach diesen Kriterien hat das Gericht die Zinsanpassung auf der Grundlage dessen zu bestimmen, was die redlichen Vertragsparteien im Zuge ihrer zum Vertragsschluss führenden Verhandlungen vereinbart hätten, wenn sie den Punkt konkret als regelungsbedürftig bedacht hätten, wobei sämtliche zum Vertragsschluss führenden Aspekte einzubeziehen sind (vgl. BGH, Urteil vom 26.10.2005, VIII ZR 48/05, NJW 2006, 996 Rn. 35; Urteil vom 29.01.2020, VIII ZR 75/19, BeckRS 2020, 2768 Rn. 68). Grundlage der ergänzenden Regelung ist der abgeschlossene Vertrag, welcher vom Ausgangspunkt des "wirklich Gewollten her weitergedacht" werden muss (vgl. Roth in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, Stand 28.01.2020, § 157 Rn. 31). Diese Feststellung kann jedoch wegen des notwendig nicht auszuschließenden individuellen Einschlags der konkreten Vereinbarung der Beklagten mit den einzelnen Verbrauchern nicht im Wege der Musterfeststellungsklage getroffen werden. Aus den genannten Kriterien für die ergänzende Vertragsauslegung ergibt sich, dass dies nicht im Zuge des Feststellungsziels einer Musterfeststellungsklage generalisierend für alle von der Beklagten im Zeitraum der Verwendung der Zinsanpassungsklausel von weit mehr als einem Jahrzehnt abgeschlossenen Verträge festgestellt werden kann, weil jeweils Ausgangspunkt der ergänzenden Vertragsauslegung der konkret geschlossene Vertrag ist, welcher sich in Bezug auf das Abschlussdatum und die konkreten Umstände, innerhalb deren der Vertrag geschlossen wurde, von anderen Verträgen mit derselben Zinsanpassungsklausel unterscheidet. Der jeweilige Referenzzinssatz kann schon deshalb nicht für den gesamten Zeitraum der Verwendung der streitgegenständlichen Vertragsgestaltung generalisierend festgestellt werden, weil dieser Zeitraum im Hinblick auf die Zinsentwicklung nicht homogen und zudem von erheblichen Veränderungen geprägt war. So wurde etwa der Euro zum 01.01.1999 als Buchgeld und zum 01.01.2002 als Bargeld eingeführt. Wesentliche Referenzzinssätze, etwa der Diskont- und Lombardsatz und der FIBOR wurden übergeleitet. Im Zuge dessen kam es auch zum Auslaufen der früheren Bundesbank-Zinsstatistik im Juni 2003 und zur Einführung der MFI-Zinsstatistik, die nach einheitlicher Methode in den Ländern des Euroraumes erhoben wird. Bereits dies steht der Annahme entgegen, in Bezug auf sämtliche Prämiensparverträge, welche seit Beginn der 90er Jahre bis etwa 2005 ohne konkrete Zinsanpassungsklauseln geschlossen wurden, ergebe die nach den oben genannten Kriterien durchzuführende ergänzende Vertragsanpassung die Anknüpfung der zu ermittelnden Zinsanpassungsregelung an denselben Referenzzins.

Zudem ist es dem Senat im Rahmen des vorliegenden Musterfeststellungsverfahrens nicht möglich, eine Feststellung dahin zu treffen, dass sämtliche Verbraucher, die sich der Musterfeststellungsklage angeschlossen haben, über den gesamten Zeitraum, in dem eine Zinsanpassungsklausel in den Formularverträgen der Beklagten fehlte, insgesamt wortgleiche Verträge, zudem ohne etwaige mündliche Nebenabreden, abgeschlossen haben, so dass nicht festgestellt werden kann, ob in jedem Einzelfall von demselben Vertragswerk ausgehend die ergänzende Vertragsauslegung des einzelnen Verbrauchervertrages erfolgen kann. Das Verfahren der Musterfeststellungsklage beteiligt die ihre Ansprüche anmeldenden Verbraucher nicht als Parteien des Rechtsstreits und ist nicht auf die Feststellungen einzelner Vertragsverhältnisse, sondern auf die Klärung grundsätzlicher, in einer Vielzahl von Fällen wiederkehrender tatsächlicher und rechtlicher Fragen ausgerichtet. Im Ergebnis kann die ergänzende Vertragsauslegung nicht verallgemeinerbar für sämtliche vom Musterfeststellungsverfahren betroffenen Verbraucher festgestellt werden (ebenso schon Senatsurteile vom 22.04.2020, 5 MK 1/19, BeckRS 2020, 6640 Rn. 60 und vom 17.6.2020 - 5 MK 1/20). Vor diesem Hintergrund hat der Senat auch nicht zu entscheiden, ob es für die Bestimmung des Referenzzinssatzes zumindest auch auf das Refinanzierungsfüge der einzelnen Sparkassen zum Zeitpunkt des jeweiligen Abschlusses der Verträge ankommt.

b) Aufgrund der fehlenden Generalisierbarkeit der ergänzenden Vertragsauslegung ist auch der 1. Hilfsantrag zum 2. Feststellungsantrag unbegründet, weil der Senat nicht ausschließen kann, dass in einzelne Verträge der Beklagten mit den Verbrauchern Aspekte eingeflossen sind, die ein verbindliches Zurückgreifen auf einen Referenzzinssatz der Deutschen Bundesbank für alle von der Musterfeststellungsklage betroffenen Verträge verbieten. Allein aus der Vereinbarung der im Feststellungsantrag zu 1. genannten Klausel ergibt sich das nicht mit der für eine Feststellung im Rahmen der Musterfeststellungsklage erforderlichen Sicherheit (ebenso schon Senatsurteile vom 22.04.2020, 5 MK 1/19, BeckRS 2020, 6640 Rn. 61 und vom 17.6.2020 - 5 MK 1/20). Wurden im Einzelfall, über einen bestimmten Zeitraum oder von bestimmten ehemals selbständigen Kreditinstituten Ergänzungen zur Bestimmung des variablen Zinssatzes vorgenommen, können diese Verträge schon deswegen nicht Gegenstand der Musterfeststellungsklage sein, weil solche Vertragsergänzungen dem Senat nicht bekannt gemacht worden sind und schon deshalb keiner rechtlichen Prüfung unterzogen werden konnten. Nach Sinn und Zweck des Klageantrags zu Ziffer 1) waren sie daher von vornherein nicht von dem Musterfeststellungsbegehren umfasst.

c) Das 2. Feststellungsziel ist jedoch teilweise mit dem 2. Hilfsantrag, soweit dieser auf die Feststellung gerichtet ist, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Zinsanpassung auf der Grundlage eines angemessenen in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Referenzzinssatzes, der dem konkreten Geschäft möglichst nahe kommt, begründet. Die begehrte Feststellung ist generalisierbar und auf alle denkbaren Vertragsgestaltungen anwendbar. Nach Maßgabe der dort genannten Grundsätze kann der jeweilige Zinssatz im Einzelfall im Wege der ergänzenden Auslegung des konkreten Prämiensparvertrages bestimmt werden (ebenso schon Senatsurteile vom 22.04.2020, 5 MK 1/19, BeckRS 2020, 6640 Rn. 62 und vom 17.6.2020 - 5 MK 1/20). Da die in die einzelnen Vertragsverhältnisse eingeflossenen und bei der ergänzenden Vertragsauslegung zu berücksichtigenden Umstände nicht sicher die Feststellung eines langfristigen Zinssatzes zulassen, waren der Hauptantrag sowie der erste Hilfsantrag unbegründet. Auch dem zweiten Hilfsantrag konnte daher – wie geschehen - lediglich teilweise entsprochen werden. Im Tenor war klarstellend auszusprechen, dass der angemessene Referenzzinssatz auch ein solcher sein kann, der aus mehreren, in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Referenzzinssätzen gebildet wird.

3. In Bezug auf den Feststellungsantrag zu 3. ist die Klage teilweise begründet, denn es war festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Zinsanpassung aufgrund des nach dem Feststellungsziel zu 2. zu ermittelnden Referenzzinssatzes monatlich vorzunehmen, während nicht festgestellt werden konnte, dass dabei das relative Verhältnis zwischen dem anfänglich vereinbarten variablen Zinssatz zum gleitenden Durchschnitt des nach dem Feststellungsziel zu 2. ermittelten Referenzzinssatzes im Zeitpunkt des Vertragsschlusses gewahrt bleibt.

Im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung kann zugrunde gelegt werden, dass verständige Parteien, die eine indexabhängige Zinsanpassung begehren, einen Anpassungszeitraum gewählt hätten, der ihnen eine möglichst genaue Anpassung ohne zeitliche Verzögerung ermöglicht. Dabei geht der Senat davon aus, dass die Parteien, wenn sie das Problem der erforderlichen Anpassungsintervalle bedacht hätten, das Modell mit der größten Genauigkeit, das aber zudem auch noch im Verwaltungsaufwand beherrschbar ist, gewählt hätten. Das ist die monatliche Anpassung. Soweit die Beklagte die quartalsweise Anpassung für die sachgerechte Variante hält, fehlt es an einem hinreichend klaren Vortrag dazu, welche Nachteile sie durch die Verwaltung der monatlichen Anpassung erleidet. Inwieweit ein längeres oder kürzeres Anpassungsintervall Ungenauigkeiten bei der Zinsanpassung hervorruft, kann nicht als Abwägungskriterium herangezogen werden, weil sich der Vorteil bzw. Nachteil der Ungenauigkeit für die eine oder andere Vertragspartei nicht im Vorhinein bestimmen lässt. Praktische Probleme bei der Zinsberechnung auf der Grundlage monatlich angepasster Zinsen sind nicht ersichtlich. Hinzu kommt, dass bei den Sparbeiträgen jeweils ein monatliches Zahlungsintervall vereinbart wurde (Senatsurteile vom 22.04.2020, 5 MK 1/19, BeckRS 2020, 6640 Rn. 70 ff und vom 17.6.2020 - 5 MK 1/20).

Dagegen ist es dem Senat im Rahmen des Musterfeststellungsverfahrens verwehrt, eine Feststellung zur konkreten Methode der Zinsberechnung zu treffen, weil diese Teil der ergänzenden Vertragsauslegung ist, welche nach den vorstehenden Ausführungen nicht generalisierbar ist. Die vom Feststellungsantrag zu 3. umfasste Feststellung in Bezug auf das Äquivalenzgefüge kann deshalb vom Senat nicht getroffen werden (ebenso schon Senatsurteile vom 22.04.2020, 5 MK 1/19, BeckRS 2020, 6640 Rn. 73 und vom 17.6.2020 - 5 MK 1/20).

4. Der Antrag zu 5. auf Feststellung, dass der vertragliche Anspruch der Verbraucher in Bezug auf das Guthaben aus den Prämiensparverträgen einschließlich der nach den Feststellungszielen zu 2. und zu 3. zu berechnenden Zinsen frühestens ab dem Zeitpunkt der wirksamen Beendigung des Sparvertrages fällig wird, ist, soweit er zulässig ist, begründet. Die Zinsansprüche werden erst mit der Beendigung des Prämiensparvertrages, gemeinsam mit der Begründung der Fälligkeit des Rückzahlungsanspruches auf das Kapital fällig, wenn - wie hier in Ziffer 3.3 der Bedingungen für den Sparverkehr - vertraglich vereinbart ist, dass die Zinsen zum Jahresende dem Kapital zugeschlagen werden und damit vereinbarungsgemäß als umgewandelt anzusehen sind (vgl. BGH, Urteil vom 04.06.2002, XI ZR 361/01, NJW 2002, 2707, 2708; OLG Frankfurt/M., Urteil vom 20.08.1997, 23 U 166/96, NJW 1998, 997, 999; OLG Köln, Urteil vom 16.01.2008, 13 U 27/06, BeckRS 2011, 3039; Senatsurteil vom 22.04.2020, 5 MK 1/19, BeckRS 2020, 6640 Rn. 89; OLG Dresden, Urteil vom 14.05.2020, 8 U 538/19; Schürmann/Langner in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl., Kap. 14 § 70 Rn. 31). Die Beklagte kann sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, dass bei einzelnen Verträgen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Sparkassen möglicherweise nicht übergeben worden sein könnten. Die Kapitalisierung der Zinsen, an denen die Auffassung des Senats zu dem Eintritt der Fälligkeit anknüpft, erfolgte von beiden Parteien so bestätigt, mit dem Abschluss des Vertrages nach deren kündigungsbedingten oder sonstigen vertraglichen Beendigung. In den jeweiligen Verträgen wurde für die vorzeitige Verfügung über das Sparguthaben ausdrücklich auf die kapitalisierten Zinsen/Prämien abgestellt, so dass sich der einheitliche Willen der Verbraucher und der Beklagten, die Zinsen zum Ende der Laufzeit des Vertrages zu kapitalisieren, auch daraus ergab.

Der Senat folgt nicht der Auffassung, die für den variablen Zinsanspruch vorzunehmende Zinsanpassung begründe einen zweiten Anspruch i.S.d. § 194 Abs. 1 BGB. Diese führte zu einer künstlichen Aufspaltung des zwischen den Vertragsparteien einheitlich vereinbarten Rückzahlungsanspruches. Gemäß § 194 Abs. 1 BGB unterliegt ein Anspruch, also das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu fordern, der Verjährung. Einen Anspruch auf die isolierte Auszahlung der Guthabenzinsen haben die Verbraucher mit der Beklagten jedoch gerade nicht vereinbart. Dieses Recht verliert der Verbraucher im Hinblick auf die Zinsgutschrift zwei Monate nach dem Jahresbeginn. Auch vor dem Hintergrund von Sinn und Zweck des Rechtsinstituts der Verjährung, nämlich Rechtsfrieden zu schaffen, kann ein anderes Ergebnis nicht begründet werden. Die Folge der von den Vertragspartnern gewählten Vertragsgestaltung kann ein Aufsummieren von Zinsnachforderungen sein. Das resultiert jedoch allein aus der von den Vertragspartnern gewählten Fälligkeit der Zinsen. Das Ergebnis ist auch nicht unbillig, da der Beklagten bzw. ihren Vorgängerinstituten die unwirksame Zinsanpassungsklausel seit der höchstrichterlichen Entscheidung im Jahr 2005 bekannt war und sie es in Kenntnis der drohenden Nachforderungen unterlassen hat, diese Erkenntnisse durch zeitnahe Korrekturen umzusetzen. Soweit sich die Beklagte nunmehr darauf beruft, dass ihre eigenen AGB nicht einbezogen worden seien, ist dieser Vortrag bereits nicht hinreichend mit Tatsachen unterlegt. Jedenfalls auf Grund der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast hätte die Beklagte darlegen müssen, welche AGB Gegenstand der jeweiligen Verträge gewesen sein sollen und wie sich aus der abweichend von der Regel der Einbeziehung ihrer eigenen AGB hervorgehenden individualvertraglich vereinbarten Vertragsgestaltung andere Fälligkeiten ergeben haben. Die sekundäre Darlegungslast der Beklagten besteht erst recht deshalb, weil in den jeweiligen Einzelverträgen ein Hinweis auf die Einbeziehung der AGB der jeweiligen Sparkasse enthalten war.

5. Die mit dem Antrag zu 6. begehrte Feststellung war unabhängig davon nicht zu treffen, dass die jeweilige Verjährung erst mit der jeweiligen Kündigung der Sparverträge in Lauf gesetzt wird. Der darauf gerichtete zulässige Antrag ist unbegründet. Der Verjährungsbeginn setzt gemäß § 199 Abs. 1, 2 BGB voraus, dass der jeweilige Verbraucher die seinen Anspruch auslösenden tatsächlichen Umstände kannte bzw. sich der Kenntnis der Umstände nicht verschließen konnte. Im Allgemeinen liegt die für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnis von den Tatsachen, welche den jeweiligen Anspruch begründen, bereits dann vor, wenn dem Rechtsinhaber die Erhebung einer Klage, sei es einer Feststellungsklage, Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos möglich ist. Der Einzelne muss weder alle bedeutenden Umstände kennen noch bereits über hinreichende Beweismittel verfügen, um den Prozess im Wesentlichen sicher führen zu können. Maßgeblich ist die Kenntnis von den Tatsachen, die das Verfolgen der Ansprüche ermöglicht hätte (vgl. BGH, Urteil vom 03.06.2008, XI ZR 319/06, NJW 2008, 2576 Rn. 27; Senatsurteil vom 09.09.2015, 5 U 421/15, WM 2015, 2280). Nach diesen Kriterien kann angenommen werden, dass die Verbraucher spätestens Ende Mai desjenigen Jahres, in dem die Gutschrift im Sparbuch vorgenommen wurde, Kenntnis von der Zinsgutschrift und damit auch von der Höhe der ihnen gutgeschriebenen Zinsen gehabt haben müssen, weil dem jeweiligen Verbraucher spätestens nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 17.02.2004 (a.a.O.) die Klageerhebung zumutbar war (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 24.02.2012, 3 U 687/11, BeckRS 2012, 11053).

6. Der auf die Feststellung, dass allein die widerspruchslose Zinsgutschrift im Sparbuch nicht dazu führt, dass das Umstandsmoment für die Verwirkung gegeben ist, gerichtete Feststellungsantrag zu 7. ist unbegründet. Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten setzt neben einem Zeitmoment ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zeit- und Umstandsmoment können nicht voneinander unabhängig betrachtet werden, sondern stehen in einer Wechselwirkung. Je länger der Inhaber des Rechts untätig bleibt, desto mehr wird der Gegner in seinem Vertrauen schutzwürdig, das Recht werde nicht mehr ausgeübt werden. Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles, ohne dass insoweit auf Vermutungen zurückgegriffen werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 23.01.2018, XI ZR 298/17, NJW 2018, 1390 Rn. 9). Nach diesen Kriterien kann das Umstandsmoment für die Verwirkung nicht generalisierend einheitlich für sämtliche vom Musterfeststellungsverfahren erfasste Prämiensparverträge festgestellt werden, denn es geht um das individuelle Verhalten des einzelnen Verbrauchers, welches zudem einer Gesamtwürdigung anhand von festgestellten Tatsachen unterzogen werden muss. Mit dem Feststellungsziel zu 7. wird danach keine verallgemeinerungsfähige Rechtsfrage verfolgt, so dass eine Feststellung im Rahmen der Musterfeststellungsklage nicht erfolgen kann.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 93, 269 Abs. 3 ZPO. Bei ihr war zu berücksichtigen, dass jedes Feststellungsziel einen eigenen Streitgegenstand begründet (vgl. BGH, Beschluss vom 30.07.2019, VI ZB 59/18, NJW 2020, 341 Rn. 10). Angesichts des Teilerfolgs bei einigen Feststellungsanträgen sowie des teilweisen Durchgreifens und der teilweisen Unzulässigkeit bzw. Unbegründetheit der Hilfsanträge, soweit über sie entschieden werden musste, hält der Senat eine Aufhebung der Kosten für gerechtfertigt.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 S. 1 ZPO.

Die Revision war zuzulassen, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat (§§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, 614 S. 2 ZPO).

PD Dr. Dr. Klose

Krüger

Kühn

Bekanntmachung vom 22.06.2020, Oberlandesgericht Dresden, Termin

Bezeichnung des Termins: Erster Termin

Datum: 09.09.2020

Uhrzeit: 10:00 Uhr

Sitzungsort: Oberlandesgericht Dresden, Prozessgebäude

Raum: Saal 1

Straße, Hausnummer: Hammerweg 26

PLZ, Ort: 01127 Dresden