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Stand des Verfahrens

Abschluss des Verfahrens

Das Musterfeststellungsverfahren gegen die Sparkasse Zwickau ist rechtskräftig abgeschlossen, siehe die Bekanntmachung vom 21.08.2024 zur Beendigung und zum Eintritt der Rechtskraft.

Die Bekanntmachungen sind in zeitlicher Reihenfolge sortiert (jüngste zuerst).

Allgemeine Verfahrensdaten

Gericht: Oberlandesgericht Dresden

Aktenzeichen: 5 MK 1/20

Bekanntmachung vom 21.08.2024, Oberlandesgericht Dresden, Rechtskraft

Eintritt der Rechtskraft: 02.08.2024

Bekanntmachung vom 28.06.2024, Oberlandesgericht Dresden, Urteil

Datum der Entscheidung: 19.06.2024

Urteil vom 19.06.2024, Oberlandesgericht Dresden (PDF, 206KB, Datei ist barrierefrei)

Bekanntmachung vom 22.01.2024, Oberlandesgericht Dresden, Termin

Bezeichnung des Termins: mündliche Verhandlung

Datum: 19.06.2024

Uhrzeit: 13:00 Uhr

Sitzungsort: Dresden

Raum: 1.3

Straße, Hausnummer: Schloßplatz 1

PLZ, Ort: 01067 Dresden

Bekanntmachung vom 27.01.2022, Bundesgerichtshof, Beendigung

Das Verfahren wurde durch das folgende Urteil des Bundesgerichtshofs, verkündet am 24.11.2021, teilweise beendet. In dem aus dem folgenden Urteil ersichtlichen Umfang erfolgte eine Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

XI ZR 310/20

Verkündet am:
24. November 2021

Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. November 2021 durch die Richter Dr. Grüneberg und Dr. Matthias, die Richterin Dr. Derstadt, den Richter Dr. Schild von Spannenberg sowie die Richterin Ettl


für Recht erkannt:

Auf die Revision des Musterklägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 17. Juni 2020 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die zu dem Feststellungsziel 1 getroffene Feststellung den Zusatz enthält "sofern keine weiteren Regelungen zur Zinsanpassung getroffen worden sind". Ferner wird das vorbezeichnete Urteil auf die Revision des Musterklägers hinsichtlich der Abweisung des Hauptantrags (2.1.) und des ersten Hilfsantrags (2.2.) zum Feststellungsziel 2 aufgehoben und hinsichtlich der zu dem Feststellungsziel 3 getroffenen Feststellung teilweise abgeändert.

Soweit die Revision des Musterklägers die nachträglich im Wege der objektiven Klagehäufung geltend gemachten Hilfsanträge zu 2 und zu 3 weiterverfolgt, wird die Revision als unzulässig verworfen.

Auf die Revision der Musterbeklagten wird das vorbezeichnete Urteil hinsichtlich der zum zweiten Hilfsantrag (2.3.) des Feststellungsziels 2 getroffenen Feststellung aufgehoben.

Es werden - teilweise zur Klarstellung - folgende Feststellungen getroffen:

1. Die Musterbeklagte hat mit ihren Kunden, die Verbraucher sind, bei Abschluss der Sparverträge "S-Prämiensparen flexibel" durch die Formulierungen "Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z.Zt. ..%" oder "Die Spareinlage wird variabel, z.Zt. mit ..% verzinst" keine wirksamen Zinsänderungsregelungen getroffen (Feststellungsziel 1).

2. Die Musterbeklagte ist verpflichtet, die Zinsänderung in den in Ziffer 1 genannten Sparverträgen monatlich vorzunehmen und dabei das im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehende relative Verhältnis zwischen dem bei Vertragsschluss vereinbarten variablen Zinssatz und dem Referenzzinssatz im Sinne des Feststellungsziels 2 zu wahren (Feststellungsziel 3).

Hinsichtlich des Feststellungsziels 2 wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision der Musterbeklagten wird zurückgewiesen.

Von Rechts wegen


Tatbestand:

Der Musterkläger, ein seit über vier Jahren als qualifizierte Einrichtung in die Liste nach § 4 UKlaG eingetragener Verbraucherschutzverband, begehrt im Wege der Musterfeststellungsklage Feststellungen zu den Voraussetzungen für das Bestehen von Ansprüchen von Verbrauchern auf weitere Zinsbeträge aus Prämiensparverträgen (sog. "S-Prämiensparen flexibel", nachfolgend: Sparverträge) gegen die Musterbeklagte.

Die Musterbeklagte bzw. deren Rechtsvorgänger (nachfolgend einheitlich: Musterbeklagte) schloss seit dem Jahr 1993 mit Verbrauchern Sparverträge ab, die eine variable Verzinsung der Spareinlage und ab dem dritten Sparjahr eine der Höhe nach ­ bis zu 50% der jährlichen Spareinlage ab dem 15. Sparjahr ­ gestaffelte verzinsliche Prämie vorsahen. Die Vertragsformulare enthielten bis zum 17. Februar 2005 keine konkreten Bestimmungen zur Änderung des variablen Zinssatzes. In ihnen heißt es u.a.:

"Die Spareinlage wird variabel, z.Zt. mit ..% p.a. verzinst."

oder

"Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z.Zt. ..%".

In den in die Sparverträge einbezogenen "Bedingungen für den Sparverkehr" der Musterbeklagten heißt es u.a.:

"3. Verzinsung

3.1 Zinshöhe

Soweit nichts anderes vereinbart ist, vergütet die Sparkasse dem Kunden den von ihr jeweils durch Aushang im Kassenraum bekannt gegebenen Zinssatz. Für bestehende Spareinlagen tritt eine Änderung des Zinssatzes, unabhängig von einer Kündigungsfrist, mit der Änderung des Aushangs in Kraft, sofern nichts anderes vereinbart ist.

3.3 Zinskapitalisierung

Soweit nichts anderes vereinbart ist, werden die aufgelaufenen Zinsen zum Schluss des Geschäftsjahres gutgeschrieben, dem Kapital hinzugerechnet und mit diesem vom Beginn des neuen Geschäftsjahres an verzinst. Wird über die gutgeschriebenen Zinsen nicht innerhalb von 2 Monaten nach Gutschrift verfügt, unterliegen sie der im Übrigen vereinbarten Kündigungsregelung. Bei Auflösen des Sparkontos werden die Zinsen sofort gutgeschrieben.

4. Kündigung
Die Kündigungsfrist beträgt mindestens drei Monate. …"

In den "Sonderbedingungen für S-Prämiensparen flexibel" der Musterbeklagten heißt es u.a.:

"8. Abweichend von Ziffer 3.3 der Bedingungen für den Sparverkehr wird eine Verfügungsmöglichkeit über die Zinsen und S-Prämien innerhalb von 2 Monaten nach Kapitalisierung ausgeschlossen."

Der Musterkläger hält die Regelungen zur Änderung des variablen Zinssatzes für unwirksam und die während der Laufzeit der Sparverträge von der Musterbeklagten vorgenommene Verzinsung für zu niedrig.

Mit der Musterfeststellungsklage hat er die Feststellungen begehrt, dass die Sparverträge keine wirksame Zinsänderungsklausel enthalten, insbesondere nicht durch die Formulierungen "Die Spareinlage wird variabel, z.Zt. mit ..% verzinst" oder "Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z.Zt. ..%" (Feststellungsziel 1), dass die Musterbeklagte verpflichtet ist, die Zinsänderung für die Sparverträge auf der Grundlage des gleitenden Durchschnittswertes der letzten zehn Jahre der Umlaufrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen/Hypothekenpfandbriefe mit einer mittleren Restlaufzeit von zehn Jahren (Zeitreihe WX4260 der Deutschen Bundesbank), hilfsweise auf der Grundlage eines von der Deutschen Bundesbank für inländische Banken erhobenen Referenzzinssatzes, welcher dem konkreten Geschäft möglichst nahekommt und der in das gerichtliche Ermessen gestellt wird, hilfsweise auf der Grundlage eines angemessenen in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Referenzzinssatzes, der dem konkreten Geschäft möglichst nahekommt und der in das gerichtliche Ermessen gestellt wird, vorzunehmen (Feststellungsziel 2), dass die Musterbeklagte verpflichtet ist, die Zinsänderung monatlich unter Beibehaltung des relativen Verhältnisses zwischen dem anfänglich vereinbarten Zinssatz und dem Referenzzinssatz im Sinne des Feststellungsziels 2 vorzunehmen, hilfsweise die Zinsänderung nach in das Ermessen des Gerichts gestellten Anpassungsparametern hinsichtlich Anpassungsintervall, Anpassungsschwelle und Zinsabstand vorzunehmen (Feststellungsziel 3), dass die tatsächliche Zinsänderung der Musterbeklagten weder nach dem Referenzzinssatz im Sinne des Feststellungsziels 2 noch nach den Anpassungsparametern im Sinne des Feststellungsziels 3 erfolgte (Feststellungsziel 4), dass der vertragliche Anspruch von Kunden der Musterbeklagten, die Verbraucher sind, in Bezug auf das Guthaben aus den Sparverträgen einschließlich der im Sinne der Feststellungsziele 2 und 3 zu berechnenden Zinsen frühestens ab der wirksamen Beendigung des Sparvertrags fällig wird (Feststellungsziel 5), dass allein durch die Kenntnis der Höhe der tatsächlich vorgenommenen Zinsgutschrift im Sparbuch keine grob fahrlässige Unkenntnis oder Kenntnis der tatsächlichen Grundlagen, anhand derer die Höhe des tatsächlich zu kapitalisierenden Zinsbetrags zu ermitteln war, begründet wurde (Feststellungsziel 6) und dass allein die widerspruchslose Zinsgutschrift im Sparbuch nicht dazu führt, dass das Umstandsmoment für eine Verwirkung gegeben ist (Feststellungsziel 7).

Hinsichtlich der Feststellungsziele 1, 2 und 3 hat der Musterkläger im Laufe des Musterfeststellungsverfahrens hilfsweise weiter geltend gemacht, dass die zu diesen Feststellungszielen begehrten Feststellungen mit dem Zusatz zu treffen sind, "soweit individualvertraglich nicht etwas anderes vereinbart worden ist". Hinsichtlich des Feststellungsziels 7 hat er im Laufe des Musterfeststellungsverfahrens hilfsweise geltend gemacht, dass allein die widerspruchslose Zinsgutschrift im Sparbuch nicht dazu führt, dass das Zeitmoment für eine Verwirkung gegeben ist.

Das Oberlandesgericht hat der Musterfeststellungsklage hinsichtlich des Feststellungsziels 1, ergänzt um den Zusatz "sofern keine weiteren Regelungen zur Zinsanpassung getroffen worden sind", hinsichtlich des zweiten Hilfsantrags zum Feststellungsziel 2, hinsichtlich des Hauptantrags zum Feststellungsziel 3 bezüglich der Vornahme einer monatlichen Zinsänderung und hinsichtlich des Feststellungsziels 5 stattgegeben. Im Übrigen hat es die Musterfeststellungsklage hinsichtlich der Feststellungsziele 2, 3, 6 und 7 als unbegründet und hinsichtlich des Feststellungsziels 4 als unzulässig abgewiesen.

Die mit den im Laufe des Musterfeststellungsverfahrens zu den Feststellungszielen 2, 3 und 7 nachträglich geltend gemachten Hilfsanträgen verbundene Erweiterung des Streitstoffes hat es als unzulässige Klageänderung angesehen.

Mit der Revision hat der Musterkläger sein Feststellungsbegehren zunächst weiterverfolgt, soweit das Oberlandesgericht zu seinem Nachteil erkannt hat. Mit Schriftsatz vom 9. November 2021 hat er sein Rechtsmittel vor der mündlichen Verhandlung teilweise zurückgenommen. Nunmehr verfolgt er sein Feststellungsbegehren nur noch hinsichtlich der Feststellungsziele 1, 2 und 3 weiter, soweit das Oberlandesgericht zu seinem Nachteil erkannt hat. Die Musterbeklagte verfolgt mit der Revision ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Musterfeststellungsklage weiter.


Entscheidungsgründe:


Die Revision der Musterbeklagten hat nur insoweit Erfolg, als sie sich gegen die Feststellung zum zweiten Hilfsantrag des Feststellungsziels 2 wendet; im Übrigen bleibt sie erfolglos. Die Revision des Musterklägers ist unzulässig, soweit der Musterkläger mit ihr die von ihm im Laufe des Musterfeststellungsverfahrens nachträglich geltend gemachten Hilfsanträge zu den Feststellungszielen 2 und 3 weiterverfolgt. Sie hat Erfolg, soweit das Oberlandesgericht die Feststellung zum Feststellungsziel 1 um den Zusatz "sofern keine weiteren Regelungen zur Zinsanpassung getroffen worden sind" ergänzt und das Feststellungsziel 2 in seinem Hauptantrag und ersten Hilfsantrag als unbegründet sowie das Feststellungsziel 3 in seinem Hauptantrag teilweise als unbegründet angesehen hat.

A.

Die Musterfeststellungsklage ist zulässig. Das Oberlandesgericht hat das Vorliegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 606 ZPO zu Recht bejaht. Bedenken hiergegen bringt die Revision der Musterbeklagten nicht vor.


B. Revision der Musterbeklagten

Die Revision der Musterbeklagten hat nur insoweit Erfolg, als sie sich gegen die Feststellung des Oberlandesgerichts zum zweiten Hilfsantrag des Feststellungsziels 2 wendet. Im Übrigen bleibt sie erfolglos.


I.
Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ­ soweit für die Revision der Musterbeklagten von Bedeutung ­ im Wesentlichen ausgeführt:

Das Feststellungsziel 1 sei zulässig. Die Frage, ob die Klauseln "Die Spareinlage wird variabel, z.Zt. mit ..% p.a. verzinst" und "Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z.Zt. ..%" wirksame Zinsänderungsklauseln seien, sei eine Rechtsfrage, die alle von der Klage erfassten Sparverträge gleichermaßen betreffe und die zulässiges Ziel einer Musterfeststellungsklage im Sinne der § 256 Abs. 1, § 606 Abs. 1 ZPO sei. Die Wirksamkeit solcher Zinsänderungsklauseln habe nichts mit deren Vereinbarung im Einzelfall zu tun, sondern sei generalisierbar, ohne dass der Musterkläger vorrangig nach dem Unterlassungsklagengesetz hätte vorgehen müssen. Das Feststellungsziel 1 sei auch begründet, da die in den streitgegenständlichen Sparverträgen enthaltenen formularmäßigen Vereinbarungen eines einseitigen Bestimmungsrechts der Musterbeklagten über die Höhe des vereinbarten variablen Zinssatzes gemäß § 308 Nr. 4 BGB unwirksam seien. Die nicht näher eingegrenzte Befugnis der Musterbeklagten, dem Sparer jeweils Zinsen auf der Grundlage eines durch einen Aushang bekannt gemachten Zinssatzes zu zahlen, weise nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit auf. Außerdem könne der Verbraucher die Zinsänderungen nicht mit der gebotenen Sicherheit kontrollieren.

Auch das Feststellungsziel 2 sei zulässig. Es sei darauf gerichtet, dass der Referenzzinssatz für die im Streit stehenden Sparverträge zu bestimmen sei. Betroffen seien allein die Sparverträge, die die genannten Zinsänderungsklauseln enthielten. Die Feststellung, dass die Musterbeklagte verpflichtet sei, die Zinsänderung für die genannten Sparverträge auf der Grundlage eines angemessenen in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Referenzzinssatzes vorzunehmen, der dem konkreten Geschäft möglichst nahekomme, sei hinreichend generalisierbar und gelte für alle denkbaren Vertragsgestaltungen.

Das Feststellungsziel 3 sei ebenfalls zulässig und hinsichtlich des Hauptantrags teilweise begründet. Die Musterbeklagte habe die Zinsänderungen monatlich vorzunehmen. Der Bestimmung des Anpassungsintervalls im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung könne zugrunde gelegt werden, dass verständige Vertragsparteien, die eine indexabhängige Zinsanpassung begehrten, ein Anpassungsintervall gewählt hätten, das ihnen eine möglichst genaue Anpassung ohne zeitliche Verzögerungen ermögliche. Es sei davon auszugehen, dass die Parteien, wenn sie das Problem der erforderlichen Anpassungsintervalle bedacht hätten, das "Modell" mit der größten Genauigkeit gewählt hätten, das im Verwaltungsaufwand noch beherrschbar sei. Das sei bei einem monatlichen Anpassungsintervall der Fall.

Das Feststellungsziel 5 sei zulässig und begründet. Es stelle auf den Zeitpunkt der Entstehung der Zinsansprüche ab. Gegenstand der Musterfeststellungsklage könnten auch Tatsachen und rechtliche Voraussetzungen für das Nichtbestehen von Rechtsverhältnissen sein, wozu die Verjährung als rechtsvernichtende Einwendung gehöre. Die Zinsansprüche der Verbraucher seien ­ wie die auf Rückzahlung des Kapitals gerichteten Ansprüche ­ erst mit wirksamer Beendigung der Sparverträge fällig. Eine künstliche Aufspaltung des vereinbarten einheitlichen Rückzahlungsanspruchs (bestehend aus Kapital und kapitalisierten Zinsen), die zu unterschiedlichen Fälligkeitszeitpunkten führe, sei nicht gerechtfertigt. Die Verbraucher hätten mit der Musterbeklagten keinen separaten Anspruch auf Auszahlung der Guthabenzinsen vereinbart.

II.

Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung mit Ausnahme der zum zweiten Hilfsantrag des Feststellungsziels 2 getroffenen Feststellung im Ergebnis stand.

1. Wie der Senat mit Urteil vom 6. Oktober 2021 (XI ZR 234/20, WM 2021, 2234 Rn. 20 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen) bereits erkannt hat, ist das Feststellungsziel 1 zulässig und begründet. Das gilt auch für die ebenfalls zum Gegenstand des Feststellungsziels 1 gemachte weitere Klausel "Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z.Zt. ..%". Auch sie enthält bei der gebotenen objektiven Auslegung im Zusammenhang mit Ziffer 3.1 der Bedingungen für den Sparverkehr ein Zinsänderungsrecht der Musterbeklagten, nach dem diese den Zinssatz durch die Änderung eines Aushangs in ihrem Kassenraum ändern kann. Insoweit die Klausel danach die Variabilität der Verzinsung ausgestaltet, ist sie einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterworfen (vgl. Senatsurteil vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 Rn. 17) und hält dieser wegen eines Verstoßes gegen den nach Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB anwendbaren § 308 Nr. 4 BGB nicht stand, weil sie nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen aufweist (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 2021, aaO Rn. 29 mwN).

2. a) Zu Recht ist das Oberlandesgericht weiter von der Zulässigkeit des Hauptantrags und des ersten Hilfsantrags zum Feststellungsziel 2 ausgegangen. Wie der Senat in seinem Urteil vom 6. Oktober 2021 (XI ZR 234/20, WM 2021, 2234 Rn. 32) erkannt hat, hat das Feststellungsziel weder ausdrücklich noch verdeckt die Feststellung eines Leistungsanspruchs der Verbraucher gegen die Musterbeklagte zum Gegenstand.

b) Rechtsfehlerhaft hat das Oberlandesgericht allerdings auf den zweiten Hilfsantrag zum Feststellungsziel 2 festgestellt, dass die Musterbeklagte ver-pflichtet sei, die Zinsanpassung auf der Grundlage eines angemessenen in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Referenzzinssatzes, der dem konkreten Geschäft möglichst nahekomme, vorzunehmen. Wie der Senat nach Verkündung des Urteils des Oberlandesgerichts entschieden hat, ist diese Feststellung nicht klärungsbedürftig und verkennt den Kern des Rechtsschutzbegehrens des Musterklägers (Senatsurteil vom 6. Oktober 2021 - XI ZR 234/20, WM 2021, 2234 Rn. 36 f.).

3. Zu Recht ist das Oberlandesgericht hinsichtlich des Hauptantrags zum Feststellungsziel 3 im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) davon ausgegangen, dass die Zinsanpassungen in den Sparverträgen von der Musterbeklagten monatlich vorzunehmen und jährlich gutzuschreiben sind (Senatsurteil vom 6. Oktober 2021 - XI ZR 234/20, WM 2021, 2234 Rn. 38 ff.). Unionsrechtliche Erwägungen stehen der Vornahme einer ergänzenden Vertragsauslegung nicht entgegen (Senatsurteil aaO Rn. 47 ff.). Wie der Senat bereits erkannt hat, ist es sachgerecht, die Vereinbarung monatlicher Zinsanpassungen anzunehmen, weil der für langfristige Spareinlagen der vorliegenden Art geeignete Referenzzinssatz für vergleichbare Produkte in der von der Deutschen Bundesbank erhobenen Zinsstatistik monatlich veröffentlicht wird (Senatsurteil aaO Rn. 57). Dabei führt jede Veränderung des Referenzzinssatzes ohne Erreichen einer bestimmten Anpassungsschwelle zu einer Veränderung des Vertrags¬zinses (Senatsurteil aaO Rn. 59 mwN).

4. Rechtsfehlerfrei ist das Oberlandesgericht weiter davon ausgegangen, dass die Ansprüche der Verbraucher auf das Sparguthaben einschließlich der weiteren Zinsbeträge frühestens ab dem Zeitpunkt der Beendigung der Sparverträge fällig werden (Feststellungsziel 5).

Aus Ziffer 3.3 der Bedingungen für den Sparverkehr und Ziffer 8 der Sonderbedingungen für "S-Prämiensparen flexibel" folgt bei der gebotenen objektiven Auslegung, dass der Kunde erst mit der Beendigung des Sparvertrags die Auszahlung des Sparguthabens einschließlich der zum Ende eines jeden Geschäftsjahres gutgeschriebenen kapitalisierten Zinsen verlangen kann. Erst zu diesem Zeitpunkt wird daher der aus dem Sparguthaben und den Zinsen bestehende Anspruch des Kunden auf Zahlung fällig (§ 271 Abs. 2 BGB), was Voraussetzung für die Ingangsetzung des Verjährungslaufs ist (Senatsurteil vom 6. Oktober 2021 - XI ZR 234/20, WM 2021, 2234 Rn. 65). Entgegen der Rechtsansicht der Musterbeklagten ist hinsichtlich der Fälligkeit des Zinsanspruchs nicht zwischen den bereits tatsächlich gutgeschriebenen Zinsen einerseits und den weiteren aufgrund der ergänzenden Vertragsauslegung noch gutzuschreibenden Zinsen andererseits zu differenzieren. Wie der Senat bereits entschieden hat, unterliegen die in einem Sparguthaben enthaltenen Zinsen derselben Verjährung wie das übrige angesparte Kapital, was auch für die Ansprüche der Kunden auf weitere Zinsbeträge aus den Sparverträgen gilt, die die Musterbeklagte den Kunden bislang nicht gutgeschrieben hat (Senatsurteil aaO Rn. 66 ff.).


C. Revision des Musterklägers

Die Revision des Musterklägers hat teilweise Erfolg.


I.

Sie ist allerdings insoweit unzulässig, als der Musterkläger mit ihr die von ihm im Laufe des Musterfeststellungsverfahrens nachträglich geltend gemachten Hilfsanträge zu den Feststellungszielen 2 und 3 weiterverfolgt.

Das Oberlandesgericht hat die mit diesen Hilfsanträgen verbundene Erweiterung des Streitstoffs als objektive Klagehäufung eingestuft, auf welche die Vorschriften über die Klageänderung entsprechend anzuwenden seien. Die Klageänderung hat es als unzulässig angesehen, weil die Musterbeklagte ihr nicht zugestimmt hat und die Erweiterung des Streitstoffs nicht sachdienlich im Sinne des § 263 ZPO sei. Mit dieser Beurteilung setzt sich die Revision des Musterklägers nicht auseinander, so dass es an der notwendigen Begründung gemäß § 552 Abs. 1, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO fehlt.

Soweit der Musterkläger mit seinem Revisionsantrag, der auf die vor dem Oberlandesgericht gestellten "Schlussanträge" Bezug nimmt, auch die nachträglich geltend gemachten Hilfsanträge zu den Feststellungszielen 2 und 3 weiterverfolgt, liegt darin eine Klageerweiterung. Denn nach der vom Oberlandesgericht vorgenommenen und von der Revision des Musterklägers nicht angegriffenen Beurteilung ist die vom Musterkläger in der Vorinstanz beabsichtigte Klageänderung unzulässig gewesen, so dass die Rechtshängigkeit der mit den nachträglich geltend gemachten Hilfsanträgen verbundenen Streitgegenstände mit rechtskräftiger Verneinung der Zulässigkeit der Klageänderung rückwirkend endete (vgl. OLG Bamberg, NJW-RR 2013, 636; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 23. Aufl., § 263 Rn. 36). Die Klageerweiterung in der Revisionsinstanz ist unzulässig (BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 - VIII ZR 300/12, juris Rn. 22; Senatsurteil vom 29. April 2014 - XI ZR 477/12, juris Rn. 15).


II.

Im Übrigen ist die Revision des Musterklägers begründet.

1. Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ­ soweit für die Revision des Musterklägers von Bedeutung ­ im Wesentlichen ausgeführt:

Das Feststellungsziel 1 sei zwar zulässig und begründet. Im Tenor sei aber ohne inhaltliche Änderung zur Klarstellung im Hinblick auf die konkret erfassten Vertragsgestaltungen der Zusatz aufzunehmen "sofern keine weiteren Regelungen zur Zinsanpassung getroffen worden sind".

Das Feststellungsziel 2 sei hinsichtlich des Hauptantrags und des ersten Hilfsantrags unbegründet. Da die Zinsänderungsklauseln unwirksam seien und dispositives Recht insoweit fehle, sei die entstehende Lücke im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen, die durch das Gericht vorzunehmen sei. Ausgangspunkt der ergänzenden Vertragsauslegung sei der konkret abgeschlossene Vertrag, welcher vom Ausgangspunkt des "wirklich Gewollten her weitergedacht" werden müsse. Eine solche ergänzende Vertragsauslegung könne nicht im Zuge einer Musterfeststellungsklage generalisierend für alle Verträge vorgenommen werden, weil sich die Sparverträge hinsichtlich des Abschlussdatums und der konkreten Umstände unterschieden, die zum Vertragsschluss geführt hätten. Das Oberlandesgericht könne nicht überprüfen, ob sämtliche Verbraucher, die ihre Ansprüche zum Klageregister angemeldet hätten, im gesamten Zeitraum wortgleiche Verträge abgeschlossen hätten. Da der konkrete Vertragsinhalt nicht in jedem Einzelfall sicher feststehe, könne kein für alle Sparverträge gültiger Referenzzinssatz bestimmt werden.

Das Feststellungsziel 3 sei hinsichtlich des Hauptantrags insoweit unbegründet, als der Musterkläger mit ihm die Feststellung begehre, dass bei den von der Musterbeklagten monatlich vorzunehmenden Zinsanpassungen das relative Verhältnis zwischen dem bei Vertragsabschluss vereinbarten variablen Zinssatz und dem zu bestimmenden Referenzzinssatz gewahrt bleibe. Dem Oberlandesgericht sei eine Feststellung hierzu im Rahmen einer Musterfeststellungsklage nicht möglich, weil sie Teil der ergänzenden Vertragsauslegung sei, die "nicht generalisierbar" sei.

2. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.

a) Wie der Senat bereits ausgeführt hat (siehe oben, B. II. 1.), ist das Oberlandesgericht zwar zu Recht von der Unwirksamkeit der im Streit stehenden Zinsänderungsklauseln ausgegangen (Feststellungsziel 1). Mit Erfolg wendet sich der Musterkläger aber gegen den vom Oberlandesgericht in den Feststellungsausspruch aufgenommenen Zusatz "sofern keine weiteren Regelungen zur Zinsanpassung getroffen worden sind".

Durch die rechtsfehlerfreie Auslegung des vom Musterkläger formulierten Feststellungsziels 1 hat das Oberlandesgericht das Feststellungsziel und damit dessen Streitgegenstand zutreffend auf die wörtlich wiedergegebenen Klauseln "Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z.Zt. ..%" und "Die Spareinlage wird variabel, z.Zt. mit ..% verzinst" begrenzt, die bei der gebotenen objektiven Auslegung jeweils im Zusammenhang mit der in Ziffer 3.1 der Bedingungen für den Sparverkehr bestimmten Regelung zu verstehen sind (siehe oben, B. II. 1.). Damit hat es insoweit auch die Reichweite der Bindungswirkung des Musterfeststellungsurteils für die Gerichte bestimmt, die über die zwischen den angemeldeten Verbrauchern und der Musterbeklagten bestehenden Individualverfahren zu entscheiden haben (§ 613 Abs. 1 ZPO). Erst diese Gerichte (und nicht das Oberlandesgericht) untersuchen und entscheiden darüber, ob ihre Entscheidungen die Feststellungsziele und den Lebenssachverhalt der Musterfeststellungsklage betreffen. Das Bestehen von Individualvereinbarungen zwischen einzelnen Verbrauchern und der Musterbeklagten über Regelungen der Zinsanpassung führt nicht dazu, dass die generalisierbaren Zinsänderungsklauseln, die Gegenstand des Feststellungsziels 1 sind, wirksam werden. Derartige Individualvereinbarungen haben vielmehr gemäß § 305b BGB Vorrang und schließen daher die Bindungswirkung des Musterfeststellungsurteils nach § 613 Abs. 1 ZPO für das betreffende Individualverfahren aus (Senatsurteil vom 6. Oktober 2021 - XI ZR 234/20, WM 2021, 2234 Rn. 80).

b) Rechtsfehlerhaft hat das Oberlandesgericht weiter den Hauptantrag und den ersten Hilfsantrag zum Feststellungsziel 2 zurückgewiesen.

Wie der Senat nach Verkündung des Urteils des Oberlandesgerichts erkannt und eingehend begründet hat, hätte das Oberlandesgericht einen Referenzzinssatz für die variable Verzinsung des Sparguthabens im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung bestimmen müssen (Senatsurteil vom 6. Oktober 2021 - XI ZR 234/20, WM 2021, 2234 Rn. 81 ff.). Nach dem Konzept der Sparverträge der vorliegenden Art ist es dabei allein interessengerecht, einen Referenzzinssatz für langfristige Spareinlagen heranzuziehen (Senatsurteil aaO Rn. 85).

Das Oberlandesgericht hat bislang keine Feststellungen dazu getroffen, ob der vom Musterkläger in seinem Hauptantrag zum Feststellungsziel 2 genannte Zinssatz der Zinsreihe WX4260 der Zinsstatistik der Deutschen Bundesbank als Referenzzinsatz den Interessen der Parteien eines Sparvertrags mit den typischen Merkmalen gerecht wird. Es wird dies daher mit sachverständiger Hilfe nachzuholen haben. Sollte das Oberlandesgericht zu dem Ergebnis kommen, dass dieser Zinssatz den an ihn als Referenzzinssatz zu stellenden Anforderungen nicht genügt, wird es ­ ebenfalls sachverständig beraten ­ über den ersten Hilfsantrag zum Feststellungsziel 2 zu entscheiden haben und dabei klären müssen, welcher konkrete, in den Zinsstatistiken der Deutschen Bundesbank veröffentlichte Zinssatz als Referenzzinssatz heranzuziehen ist (Senatsurteil vom 6. Oktober 2021 - XI ZR 234/20, WM 2021, 2234 Rn. 86).

c) Mit Erfolg wendet sich der Musterkläger weiter gegen die teilweise Abweisung des Hauptantrags zum Feststellungsziel 3.

Wie der Senat nach Verkündung des Urteils des Oberlandesgerichts für vergleichbare Sparverträge erkannt hat, muss bei den von der Musterbeklagten vorzunehmenden Zinsanpassungen das Verhältnis des konkret vereinbarten Zinssatzes zum Referenzzinssatz gewahrt bleiben und nicht eine gleich bleibende absolute Gewinnmarge (Senatsurteil vom 6. Oktober 2021 - XI ZR 234/20, WM 2021, 2234 Rn. 95 ff.). Die Anwendung der Verhältnismethode entspricht bei der maßgebenden objektiv-generalisierenden Sicht den typischen Vorstellungen der Vertragsparteien bei Vertragsschluss. Sie wahrt das Äquivalenzprinzip, indem sie gewährleistet, dass günstige Zinskonditionen günstig bleiben und ungünstige auch ungünstig bleiben dürfen (Senatsurteil aaO Rn. 96 mwN). Wie der Senat ebenfalls bereits eingehend begründet hat, stehen bankaufsichtsrechtliche Gesichtspunkte der Anwendung der Verhältnismethode nicht entgegen (Senatsurteil aaO Rn. 100 ff.).


D.

Nach alledem ist das Urteil des Oberlandesgerichts hinsichtlich der Feststellungsziele 1 und 3 teilweise und hinsichtlich des Feststellungsziels 2 insgesamt aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Über die Feststellungsziele 1 und 3 kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO), da es insoweit keiner weiteren tatsächlichen Feststellungen bedarf. Dies führt hinsichtlich der Feststellungsziele 1 und 3 zu den vom Musterkläger beantragten Feststellungen.

Hinsichtlich des Feststellungsziels 2 ist die Sache zur weiteren Sachaufklärung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, da die Sache insoweit nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Oberlandesgericht wird erneut über die in einem Eventualverhältnis stehenden Anträge desMusterklägers zum Feststellungsziel 2 zu entscheiden und dabei mit sachverständiger Hilfe im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung einen Referenzzinssatz gemäß den Ausführungen unter C. II. 2. b) zu bestimmen haben (vgl. Senatsurteil vom 14. März 2017 - XI ZR 508/15, WM 2017, 808 Rn. 27 ff.).

Grüneberg

Matthias

Derstadt

Schild von Spannenberg

Ettl

Vorinstanzen:
OLG Dresden, Entscheidung vom 17.06.2020 - 5 MK 1/20 -

Bekanntmachung vom 22.10.2021, Bundesgerichtshof, Termin

Bezeichnung des Termins: mündliche Verhandlung

Datum: Mittwoch, 24.11.2021

Uhrzeit: 10:00 Uhr

Sitzungsort: Bundesgerichtshof

Raum: Saal E 101

Straße, Hausnummer: Herrenstraße 45a

PLZ, Ort: 76133 Karlsruhe

Bekanntmachung vom 13.08.2020, Bundesgerichtshof, Rechtsmittel

Revision eingelegt am: 23.07.2020

Revisionsgericht: Bundesgerichtshof

Aktenzeichen: XI ZR 310/20; Aktenzeichen OLG Dresden: 5 MK 1/20

Revisionskläger: Sparkasse Zwickau

gesetzlicher Vertreter: vertreten durch den Vorstand

Bekanntmachung vom 13.08.2020, Bundesgerichtshof, Rechtsmittel

Revision eingelegt am: 14.07.2020

Revisionsgericht: Bundesgerichtshof

Aktenzeichen: XI ZR 310/20; Aktenzeichen OLG Dresden: 5 MK 1/20

Revisionskläger: Verbraucherzentrale Sachsen e. V.

gesetzlicher Vertreter: vertreten durch den Vorstand

Bekanntmachung vom 03.07.2020, Oberlandesgericht Dresden, Beendigung

Das erstinstanzliche Verfahren wurde beendet durch Urteil, verkündet am 17.06.2020:

Oberlandesgericht Dresden
Zivilsenat

Aktenzeichen: 5 MK 1/20

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In Sachen

Verbraucherzentrale Sachsen e. V., Katharinenstraße 17, 04109 Leipzig
vertreten durch den Vorstand Andreas Eichhorst
- Kläger -

Prozessbevollmächtigte:
Schirp & Partner Rechtsanwälte mbB, Leipziger Platz 9, 10117 Berlin, Gz.: 000004-20

gegen

Sparkasse Zwickau, Crimmitschauer Straße 2, 08056 Zwickau
vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden Felix Angermann
- Beklagte -

Prozessbevollmächtigte:
pwc PricewaterhouseCooper Legal AG, Kapelle-Ufer 4, 10117 Berlin, Gz.: 0.0904850.002

wegen Musterfeststellungsklage

hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht PD Dr. Dr. Klose,
Richter am Oberlandesgericht Alberts und
Richterin am Landgericht Kaiser

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17.06.2020

für Recht erkannt:

I. Es wird festgestellt, dass

1. die Beklagte mit ihren Kunden, die Verbraucher sind, bei Abschluss der Sparverträge S-Prämiensparen flexibel“ durch die Formulierungen „Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z. Zt. ...% [...] am Ende eines Kalenderjahres“ oder „Die Spareinlage wird variabel, z. Zt. mit ... % verzinst“ keine wirksamen Zinsanpassungsregelungen getroffen hat, sofern keine weiteren Regelungen zur Zinsanpassung getroffen worden sind;

2. die Beklagte verpflichtet ist, die Zinsanpassung für die im Antrag zu 1. genannten Verträge auf der Grundlage eines angemessenen in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Referenzzinssatzes, der dem konkreten Geschäft möglichst nahe kommt, vorzunehmen;

3. die Beklagte verpflichtet ist, aufgrund des gemäß des Antrages zu 2. ermittelten Referenzzinssatzes die Zinsanpassungen in den Sparverträgen monatlich vorzunehmen;

4. der vertragliche Anspruch von Kunden der Beklagten, die Verbraucher sind, in Bezug auf das Guthaben aus den „S-Prämiensparvertrag flexibel“ einschließlich der nach den Anträgen zu Ziffer 2. und 3. zu berechnenden Zinsen frühestens ab dem Zeitpunkt der wirksamen Beendigung des Sparvertrages fällig wird.

II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreites werden gegeneinander aufgehoben.

IV. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand
Der Kläger, eine Verbraucherzentrale in der Rechtsform des eingetragenen Vereins, begehrt im Rahmen einer Musterfeststellungsklage die Feststellung der tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen der Zinsberechnung bei von der Beklagten, einer Sparkasse, ausgereichten Sparverträgen „S-Prämiensparen flexibel“. Diesen Sparverträgen, welche die Beklagte als Sparprodukt im Jahre 1993 einführte, war eine variable Verzinsung der Spareinlage immanent. Die Anfangszinssätze hingen von dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses ab. Bei Vertragsschluss wurde keine ausdrückliche Zinsanpassungsklausel vereinbart, so dass die Regelungen zur Verzinsung aus Ziffer 3 der Bedingungen für den Sparverkehr der Beklagten (Anlage B 5) galten. Zusätzlich zum variablen Zins verpflichtete sich die Beklagte zur Zahlung einer auf die Jahressparleistung bezogenen, verzinslichen „S-Prämie“, für welche die Zahlungspflicht nach dem 3. Sparjahr begann und stufenweise von 3 % auf die nach dem 15. Sparjahr zu errechnenden 50 % der im zurückliegenden Sparjahr erbrachten Einzahlungen anstieg.

Neben den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Anlage B 4) wurden die Bedingungen für den Sparverkehr (Anlage B 5) und die Sonderbedingungen für das S-Prämiensparen (Anlage B 6) Vertragsbestandteil. Die von der Beklagten ab dem Jahre 1993 vereinbarten Prämiensparverträge enthielten zur Verzinsung entweder die Regelung: „Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z.Zt. ...%, am Ende eines Kalenderjahres ...“ oder die Formulierung „Die Spareinlage wird variabel, zur Zt. mit ...% verzinst.“ Für die Anpassung des variablen Zinses wurde keine konkrete Regelung vereinbart, so dass die allgemeinen Bestimmungen zur Verzinsung in Ziffer 3. der Bedingungen für den Sparverkehr galten.

Nachdem der Bundesgerichtshof mit seinem Urteil vom 17.02.2004 (XI ZR 140/03, NJW 2004, 1588) in langfristig angelegten Sparverträgen formularmäßig vereinbarte Zinsänderungsklauseln, welche dem Kreditinstitut eine inhaltlich unbegrenzte Zinsänderungsbefugnis einräumen, wegen Verstoßes gegen § 308 Nr. 4 BGB für unwirksam erklärt hatte, vereinbarte die Beklagte in den ab dem 17.02.2005 neu abgeschlossenen Prämiensparverträgen die formularmäßigen Bedingungen dahin, dass die Zinsanpassung nunmehr nach einer Veränderung eines näher bestimmten Referenzzinssatzes erfolgte. Wegen des Inhaltes der von der Beklagten ab dem 17.02.2005 verwendeten Klausel zum Verfahren der Zinsanpassung im Einzelnen wird auf die Anlage B 8 Bezug genommen.

Auf das seit der Finanzkrise im Jahre 2008 sinkende Zinsniveau reagierte die Beklagte mit der Kündigung der Prämiensparverträge im Jahre 2017. Die von der Beklagten vorgenommene Zinsberechnung steht zwischen den Parteien im Streit.

Der Kläger hält, die von der Beklagten im Zeitraum von 1993 bis 2005 formularmäßig verwendete Zinsanpassungsklausel - entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes aus dem Urteil vom 17.02.2004 (a.a.O.) - wegen Verstoßes gegen § 308 Nr. 4 BGB unwirksam.
Die dadurch entstehende Regelungslücke sei im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu schließen. Es sei dabei ein Referenzzinssatz zu bestimmen, an dessen Höhe sich der vertragliche Zins zu orientieren habe. Der Referenzzinssatz müsse von unabhängigen Stellen nach einem genau festgelegten Verfahren ermittelt werden und dürfe die Beklagte nicht einseitig begünstigen, wobei unter den Bezugsgrößen des Kapitalmarktes diejenige oder eine Kombination derjenigen auszuwählen sei, welche dem konkreten Geschäft möglichst nahe komme. Zudem müsse der Referenzzins in öffentlich zugänglichen Medien abgebildet sein. Danach sei es allein interessengerecht, einen Referenzzins für langfristige Spareinlagen heranzuziehen, weil anhand des Prämiensparplanes, welcher die höchste Prämie von 50 % erst ab dem 15. Sparjahr enthalte, deutlich werde, dass das Sparprodukt als langfristige Sparanlage für die Kunden der Beklagten gedacht gewesen sei, auch wenn diese die Möglichkeit zur kurzfristigen Vertragskündigung gehabt hätten.
Für eine Referenz geeignet seien die in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Zinssätze. Konkret komme der im Klageantrag zu 2.1 genannte Referenzzinssatz für Inhaberschuldverschreibungen/Hypothekenpfandbriefe mit einer mittleren Restlaufzeit von 10 Jahren den Interessen der Vertragsparteien der Prämiensparverträge im Moment des Vertragsschlusses am nächsten. Wegen der monatlichen Bekanntgabe dieser Zinsreihe sei es sachgerecht, die Anpassung monatlich festzulegen.
Auch wenn die Einrede der Verjährung von der Beklagten noch nicht erhoben worden sei, sei es sachgerecht festzustellen, dass die den Kunden der Beklagten zustehenden Zinsen erst mit der Wirksamkeit der Vertragskündigung fällig werden würden. Für eine solche Fälligkeitsregelung spreche, dass die Zinszahlungen zum Ende des Jahres dem Kapitalkonto der Sparer zugeschlagen würden, so dass die kapitalisierten Zinsansprüche derselben Verjährung unterlägen, wie die angesparten Kapitalforderungen selbst. Von der Verwirkung der Ansprüche könne nur ausgegangen werden, wenn zu Lasten der Kunden der Beklagten ein Umstandsmoment begründet sei, wofür deren bloße Untätigkeit im Hinblick auf die Durchsetzung ihrer Zinszahlungsansprüche nicht ausreiche.
In Reaktion auf das Urteil des Senates vom 22.04.2020 in der Musterfeststellungssache 5 MK 1/19, in welcher es um die Prämiensparverträge einer anderen sächsischen Sparkasse ging, insbesondere auf den Umstand, dass der Senat in der genannten Entscheidung keinen einheitlich anzuwendenden konkreten Referenzzins bestimmte, kündigte der Kläger mit Schriftsatz vom 05.06.2020 geänderte Klageanträge an, welche er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 17.06.2020 hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit oder Unbegründetheit der Anträge aus der Klageschrift vom 04.02.2020 stellte.

Der Kläger beantragt,

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte mit ihren Kunden, die Verbraucher sind, bei Abschluss der Sparverträge „S-Prämiensparen flexibel“ keine wirksamen Zinsanpassungsregelungen für den variablen Zinssatz formularmäßig vertraglich vereinbarte, insbesondere nicht durch die Formulierungen:

- „Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z.Zt. ...%, am Ende eines Kalenderjahres [...].“
- „Die Spareinlage wird variabel, zur Zt. mit ...% p.a. verzinst.“

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Zinsanpassung für die im Antrag zu 1) genannten Verträge vorzunehmen auf der Grundlage des gleitenden Durchschnittswertes

2.1 der letzten 10 Jahre, auf Grundlage des Referenzzinssatzes für Umlaufrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen/Hypothekenpfandbriefe mit einer mittleren Restlaufzeit von 10 Jahren (Kürzel: WX4260 gemäß Statistik der Deutschen Bundesbank);

2.2 hilfsweise zu 2.1 auf der Grundlage eines von der Deutschen Bundesbank für inländische Banken erhobenen Referenzzinssatzes, welcher dem konkreten Geschäft möglichst nahe kommt, wobei die Auswahl des Referenzzinssatzes in das Ermessen des erkennenden Gerichts gestellt wird;

2.3 hilfsweise zu 2.1 und 2.2 auf der Grundlage eines angemessenen in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Referenzzinssatzes, der dem konkreten Geschäft möglichst nahe kommt, wobei die Auswahl des Referenzzinssatzes in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, aufgrund des nach Antrag zu 2. ermittelten Referenzzinssatzes, die Zinsanpassung in den Sparverträgen

3.1 monatlich vorzunehmen, wobei das relative Verhältnis zwischen dem anfänglich vereinbarten variablen Zinssatz zum gleitenden Durchschnitt des nach Antrag zu 2. ermittelten Referenzzinssatzes im Zeitpunkt des Vertragsschlusses gewahrt bleibt;

3.2 hilfsweise zu 3.1 wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, aufgrund des in Antrag zu 2. ermittelten Referenzzinssatzes, die Zinsanpassung in den Sparverträgen nach den in das Ermessen des Gerichts gestellten Anpassungsparametern hinsichtlich Anpassungsintervall, Anpassungsschwelle und Zinsabstand vorzunehmen.

4, Es wird festgestellt, dass die tatsächliche Zinsanpassung, welche die Beklagte in den in Antrag zu 1. genannten Sparverträgen vornahm, weder auf Grundlage des nach Antrag zu 2. ermittelten Differenzzinssatzes noch nach angemessenen Anpassungsparametern gemäß Antrag zu 3. erfolgte.

5. Es wird festgestellt, dass der vertragliche Anspruch von Kunden der Beklagten, die Verbraucher sind, in Bezug auf das Guthaben aus dem „S-Prämiensparvertrag flexibel“ einschließlich der nach den Anträgen zu 2. und zu 3. berechneten Zinsen frühestens ab dem Zeitpunkt der wirksamen Beendigung des Sparvertrages fällig wird.

6. Es wird festgestellt, dass allein durch Kenntnis der Höhe der tatsächlich vorgenommenen Zinsgutschrift im Sparbuch keine grob fahrlässige Unkenntnis oder Kenntnis der tatsächlichen Grundlagen, anhand derer die Höhe des tatsächlich zu kapitalisierenden Zinsbetrages zu ermitteln war, begründet wurde.

7. Es wird festgestellt, dass allein die widerspruchslose Zinsgutschrift im Sparbuch nicht dazu führt, dass das Umstandsmoment für die Verwirkung gegeben ist.

Hilfsweise für den Fall, dass der Senat die vorgenannten Anträge für unzulässig oder unbegründet hält,

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte mit ihren Kunden, die Verbraucher sind, bei Abschluss der Sparverträge „ „S-Prämiensparen flexibel“ “ durch die Formulierungen:
„Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z.Zt. …%, am Ende eines Kalenderjahres [ …].“
oder
„Die Spareinlage wird variabel, zur Zt. mit …% p. a. verzinst.“
keine wirksamen Zinsanpassungsregelungen getroffen hat, sofern keine weiteren Regelungen zur Zinsanpassung getroffen worden sind.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Zinsanpassung für die im Antrag zu 1) genannten Verträge vorzunehmen auf der Grundlage des gleitenden Durchschnittwertes - soweit individualvertraglich nicht etwas anderes vereinbart worden ist -

2.1. der letzten 10 Jahre, auf Grundlage des Referenzzinssatzes für Umlaufrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen/Hypothekenpfandbriefe mit einer mittleren Restlaufzeit von
10 Jahren (Kürzel: WX4260 gemäß Statistik der Deutschen Bundesbank);

2.2. hilfsweise zu 2.1.) auf der Grundlage eines von der Deutschen Bundesbank für inländische Banken erhobenen Referenzzinssatzes, welcher dem konkreten Geschäft möglichst nahekommt,
wobei die Auswahl des Referenzzinssatzes in das Ermessen des erkennenden Gerichts gestellt wird;

2.3. hilfsweise zu 2.1.) und 2.2.) auf der Grundlage eines angemessenen in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Referenzzinssatzes, der dem konkreten Geschäft möglichst nahekommt,
wobei die Auswahl des Referenzzinssatzes in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, aufgrund des nach Antrag zu 2) ermittelten Referenzzinssatzes die Zinsanpassung in den Sparverträgen – soweit individualvertraglich nicht etwas anderes vereinbart worden ist –

3.1. monatlich vorzunehmen, wobei das relative Verhältnis zwischen dem anfänglich vereinbarten variablen Zinssatz zum gleitenden Durchschnitt des nach Antrag zu 2) ermittelten Referenzzinssatzes im Zeitpunkt des Vertragsschlusses gewahrt bleibt;

3.2. hilfsweise zu 3.1.) wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, aufgrund des in Antrag zu 2) ermittelten Referenzzinssatzes die Zinsanpassung in den Sparverträgen nach den in das Ermessen des Gerichts gestellten Anpassungsparametern hinsichtlich Anpassungsintervall, Anpassungsschwelle und Zinsabstand vorzunehmen.

7. Es wird festgestellt, dass allein die widerspruchslose Hinnahme der Zinsgutschrift im Sparbuch für die betroffenen Verbraucher nicht dazu führt, dass deren etwaige Ansprüche auf Nachberechnung und Auskehrung von Zinsansprüchen dem von Amts wegen zu berücksichtigenden Einwand der Verwirkung unterliegen, insbesondere dadurch das sog. Zeitmoment erfüllt ist, zu dem die Kenntnis des Berechtigten von seinem Recht gehört.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die Musterfeststellungsklage bereits mit sämtlichen Anträgen für unzulässig. Einer Klageänderung stimmt sie nicht zu.

Sämtliche Anträge seien nicht hinreichend bestimmt bezeichnet.
Der Antrag zu 1. werfe mit der Frage der Einbeziehung von AGB im Rahmen des jeweiligen Vertragsverhältnisses eine Einzelfallfrage auf, welche im Musterfeststellungsverfahren nicht feststellungsfähig sei. Zudem führe die Klagemöglichkeit nach dem Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) zur Unzulässigkeit eines Feststellungsantrages im Rahmen einer Musterfeststellungsklage.
Der Zulässigkeit der Anträge zu 2. und 3 stehe entgegen, dass Ansprüche und Rechtsverhältnisse nicht zulässiger Gegenstand einer Musterfeststellungsklage sein könnten.
Gleiches gelte hinsichtlich des Antrages zu 4.
In Bezug auf die Anträge zu 5. bis 7. fehle es schon am allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis, weil der Kläger nicht dargelegt habe, dass die Beklagte gegenüber Ansprüchen ihrer Kunden die Einrede der Verjährung oder den Einwand der Verwirkung erhebe. Zudem fehle es an einem feststellungsfähigen Inhalt, weil die Anträge auf individuelle Anspruchsvoraussetzungen der Verjährung und Verwirkung abstellten.

Die Beklagte hält die aus ihrer Sicht unzulässigen Feststellungsanträge zudem für unbegründet.

Der Antrag zu 1. sei unbegründet, weil nach der bis in das Jahr 2004 geltenden Rechtslage eine ausformulierte Zinsanpassungsklausel nicht erforderlich gewesen sei. Die im Antrag wiedergegebene Klausel enthalte lediglich die kontrollfreie Vereinbarung einer Zinsvariabilität.

An den Anträgen zu 2. bis 4. sei richtig, dass bei Verträgen, welche nach der bei Vertragsschluss geltenden Rechtslage keine wirksame Zinsanpassungsklausel enthalten, im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung die Art und Weise der Zinsanpassung nachträglich zu bestimmen sei. Im Ergebnis der vorzunehmenden ergänzenden Vertragsauslegung sei aber nicht der vom Kläger im Antrag wiedergegebene Referenzzinssatz festzustellen, weil damit wesentliche Aspekte der beiderseitigen Interessenlage der vertragschließenden Parteien nicht berücksichtigt werden würden, insbesondere nicht die Interessenlage der Beklagten als ihrerseits der Bankenaufsicht unterliegendem Kreditinstitut. Die Feststellung des Hilfsantrages sei nicht erforderlich, weil der Beklagten die Kriterien, nach welchen im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung der Referenzzinssatz bestimmt werden müsse, bekannt seien, an welche sie sich auch halte. In diesem Zusammenhang sei festzustellen, dass das von der Beklagten gewählte Anpassungsintervall der quartalsweisen Überprüfung und Anpassung ebenso wenig zu beanstanden sei, wie die Anpassungsschwelle von 0,3 Prozentpunkten. Zudem sei bei der Zinsanpassung die Wahrung des absoluten Zinsabstandes interessengerecht, zulässig und in der Sache ein zwingendes Ergebnis, mit dem nicht die Gefahr einer Negativverzinsung für die Kunden der Beklagten verbunden sei.

Auch die Anträge zu 5. und zu 6. seien unbegründet. Der Kläger berufe sich zu Unrecht auf Entscheidungen von Oberlandesgerichten, welche sich mit einem Auskunfts- und Auszahlungsanspruch wegen der tatsächlich gewährten Zinsen befassen, deren Höhe umstritten ist. Im Verfahren gehe es aber um den davon zu trennenden Anspruch auf vertragskonforme Zinsanpassung, welcher mit jeder Abrechnungsperiode von neuem entstehe und sofort fällig werde. Nehme man diese interessengerechte Unterscheidung vor, verjähre der Zinsanpassungsanspruch nicht zugleich mit dem Anspruch auf Rückzahlung der angesparten Kapitalforderung.

Der Antrag zu 7. sei unbegründet, weil der Kläger nichts dazu darlege, warum über viele Jahre unbeanstandet gebliebene und selbst veranlasste Zinsgutschriften im Sparbuch nicht grundsätzlich geeignet gewesen sein sollten, das Umstandsmoment des Verwirkungseinwandes auszufüllen. Abgesehen davon, dass sich eine generalisierende Feststellung für alle dem Senat unbekannten Sparer verbiete, sei die widerspruchslose Zinsgutschrift grundsätzlich geeignet, das Umstandsmoment zu begründen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist in Bezug auf den Feststellungsantrag zu 4. unzulässig, im Übrigen aber zulässig (dazu A.). Einen Hilfsantrag für den unzulässigen Feststellungsantrag zu 4. hat der Kläger nicht gestellt.

In der Sache ist die Klage teilweise begründet. Sie hat vollständig in Bezug auf die Feststellungsanträge zu 1. und zu 5. sowie teilweise in Bezug auf die Feststellungsanträge zu 2. und zu 3. Erfolg. Ohne Erfolg bleiben aber die Feststellungsanträge zu 6. und zu 7. (dazu B.).

Die prozessuale Bedingung der Unbegründetheit des Hauptantrages für die Hilfsanträge zu den Klageanträgen zu 2., 3. und 7. ist damit erfüllt. Die mit den Hilfsanträgen verbundene Erweiterung des Streitstoffes ist aber unzulässig. Die Hilfsanträge sind zudem unzulässig, jedenfalls aber unbegründet (dazu C.).

A.

Die Musterfeststellungsklage ist mit den Hauptanträgen überwiegend zulässig, denn es handelt sich beim Kläger um eine qualifizierte Einrichtung i.S.v. § 606 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 Nr. 1 ZPO (dazu 1.), von den Feststellungszielen zu 1. bis 3. und zu 5. bis 7., nicht aber vom Feststellungsziel zu 4., hängen Ansprüche oder Rechtsverhältnisse von Verbrauchern i.S.v.
§ 606 Abs. 3 Nr. 2 ZPO (unmittelbare Konnexität) ab (dazu 2.). Der Kläger hat glaubhaft gemacht, dass diese Abhängigkeit für die Ansprüche oder Rechtsverhältnisse von mindestens 10 Verbrauchern besteht (dazu 3.) und es haben sich bis zum Montag, den 04.05.2020, und damit binnen zwei Monaten nach der öffentlichen Bekanntmachung der Musterfeststellungsklage am 02.03.2020 und der Eintragung im Register gemäß § 606 Abs.
3 Nr. 3 ZPO mehr als 50 Verbraucher mit ihren Ansprüchen oder Rechtsverhältnissen wirksam zur Eintragung in das elektronische Klageregister beim Bundesamt für Justiz (§ 609 Abs. 1 ZPO) angemeldet (dazu 4.).

1. Zugunsten des Klägers wird gemäß § 606 Abs. 1 S. 4 ZPO unwiderleglich vermutet, dass er eine zur Musterfeststellungsklage befugte qualifizierte Einrichtung i.S.v. § 606 Abs. 1 S. 1, 2 ZPO ist, weil es sich beim Kläger um eine Verbraucherzentrale handelt und er glaubhaft gemacht hat, dass er überwiegend mit öffentlichen Mitteln gefördert wird.

So hat der Kläger ausweislich der als Anlage K 1 vorgelegten Berichte der 3D GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vom 06.06.2018 und vom 20.05.2019 im Jahre 2017 bei Gesamteinnahmen von 5.754.000,00 € öffentliche Zuschüsse in Höhe von 4.749.000,00 € und im Jahre 2018 bei Gesamteinnahmen in Höhe von 5.752.000,00 € öffentliche Zuschüsse in Höhe von 4.964.000,00 € erhalten. Zudem hat der Kläger mit dem Freistaat Sachsen, vertreten durch das Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz, am 20./23.05.2019 eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit (Anlage K 2) geschlossen, nach welcher er in den Haushaltsjahren 2019 bis 2023 jeweils Zuwendungen als institutionelle Förderung in Höhe von 3.100.000,00 € pro Jahr erhalten soll, was mehr als der Hälfte der bisherigen jährlichen Gesamteinnahmen entspricht.

Diesem Vortrag des Klägers ist die Beklagte nicht entgegengetreten.

2. Die unmittelbare Konnexität für die Feststellungsziele ist gegeben, wenn bei Richtigkeit des vorgetragenen Sachverhaltes den Verbrauchern Ansprüche zustünden, wobei nicht erforderlich ist, dass die Feststellungsziele sämtliche tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen des Anspruches erfassen (vgl. Senatsurteil vom 22.04.2020, 5 MK 1/19, BeckRS 2020, 6640 Rn. 34; Röthemeyer, Musterfeststellungsklage, 2. Aufl., § 606 ZPO Rn. 11; Stadler in Musielak/Voit, ZPO, 17. Aufl., § 606 Rn. 12). Gegenstand eines Feststellungsziels können demzufolge auch Anspruchselemente sein.
Entgegen der Auffassung der Beklagten können nicht nur die Voraussetzungen für das Bestehen oder Nichtbestehen von Ansprüchen und Rechtsverhältnissen statthafte Feststellungsziele i.S.v. § 606 Abs. 1 S. 1 ZPO sein. Vielmehr ist die Feststellung des Bestehens eines Anspruchs dem Grunde nach ein ebenso zulässiges Feststellungsziel wie eines Teiles davon (vgl. Senatsurteil vom 22.04.2020, 5 MK 1/19, BeckRS 2020, 6640 Rn. 35; Halfmeier in Prütting/Gehrlein, ZPO, 11. Aufl., § 606 Rn. 17). Nach dem Wortlaut von § 606 Abs. 1 S. 1 ZPO kann schon das „Bestehen oder Nichtbestehen von tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen“ als der Feststellung zugänglich behandelt werden. Erst recht muss dies demzufolge für die Ansprüche und Rechtsverhältnisse selbst gelten, weswegen auch die rechtliche Würdigung typischer Tatsachenkonstellationen und damit auch eine Rechtsfrage Gegenstand der Feststellung im Musterfeststellungsverfahren sein kann (vgl. Halfmeier, a.a.O.; Waßmuth/Asmus, ZIP 2018, 658).

Für diesen Standpunkt spricht auch, dass das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses Gegenstand einer Feststellungsklage nach § 256 ZPO sein kann. Zwar gilt insoweit eine Einschränkung im Interesse der Prozessökonomie dann, wenn anstelle der Feststellungs- auch eine Leistungsklage erhoben werden kann. Ziel einer Musterfeststellungsklage ist es aber gerade, bei massenhaft gleichartigen Streitgegenständen eine prozessökonomische Verfahrensweise anzubieten. Diesem Ziel könnte nicht entsprochen werden, wenn nicht auch Ansprüche und Rechtsverhältnisse selbst der Musterfeststellung zugänglich wären. Ob dies im Anwendungsbereich des KapMuG, welches eine andere Verfahrensstruktur hat (vgl. BGH, Beschluss vom 30.07.2019, VI ZB 59/18, NJW 2020, 341 Rn. 15), ebenso zu beurteilen wäre, ist für das vorliegend zu beurteilende Musterfeststellungsverfahren unerheblich.
Entgegen der Auffassung der Beklagten hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 12.03.2020 (VII ZR 55/19, BeckRS 2020, 5987 Rn. 27) nicht erklärt, die Wertungen des KapMuG fänden im Musterfeststellungsklageverfahren Anwendung. Vielmehr ging es in der zitierten Entscheidung (nur) um die Frage, ob eine Individualklage nach § 613 Abs. 2 ZPO auszusetzen war, weil sie die Feststellungsziele und den Lebenssachverhalt einer Musterfeststellungsklage betraf, was der Bundesgerichtshof nach seinen Ausführungen nicht im Sinne von § 563 Abs. 3 ZPO selbst feststellen konnte.

Danach verfolgt der Kläger mit dem Klageantrag zu 1. das zulässige Feststellungsziel, dass in den Sparverträgen „S-Prämiensparen flexibel“ mit den im Antrag genannten Formulierungen keine wirksame Zinsanpassungsregel vereinbart worden ist, denn eine solche Zinsanpassungsklausel soll in allen Verträgen bis zum 16.02.2005 vereinbart worden sein. Ob die Klausel einer rechtlichen Prüfung standhält, ist eine Rechtsfrage, welche alle von der Klage erfassten Verträge gleichermaßen betrifft und die als rechtliche Grundlage eines Rechtsverhältnisses i.S.v. §§ 256 Abs. 1, 606 Abs. 1 S. 1 ZPO ein zulässiges Feststellungsziel sein kann.
Die Beklagte hält dem Antrag zu 1. zu Unrecht entgegen, er sei auf die Einbeziehung einer Zinsanpassungsregelung in ein Vertragsverhältnis mit einzelnen Kunden der Beklagten bezogen und deshalb nicht verallgemeinerungsfähig. Tatsächlich liegt das Ziel des Feststellungsantrages zu 1. aber in der Überprüfung der Wirksamkeit der von der Beklagten formularmäßig vorgegebenen Zinsanpassungsklausel selbst, nicht aber in deren Vereinbarung im Einzelfall. Die Wirksamkeit der Klausel ist damit generalisierbar und ein statthaftes Feststellungsziel innerhalb des Musterfeststellungsklageverfahrens.
Ein Vorrang der Klage nach dem UKlaG besteht nach Auffassung des Senates (vgl. Senatsurteil vom 22.04.2020, 5 MK 1/19, BeckRS 2020, 6640 Rn. 38) nicht, weil beide Klagemöglichkeiten mit ihren jeweiligen spezifischen Rechtsschutzzielen nebeneinanderstehen und sich nicht wechselseitig verdrängen. Beide Klagen haben eine andere Rechtsschutzintensität. Im Ergebnis ist der Kläger durch die Möglichkeit einer Klage nach dem UKlaG nicht daran gehindert, das genannte Feststellungsziel im Rahmen der Musterfeststellungsklage zu verfolgen.

Auch der 2. Feststellungsantrag enthält ein zulässiges Feststellungsziel, weil sich im Rahmen des Rechtsverhältnisses zwischen der Beklagten und den Verbrauchern die Rechtsfrage nach einer anderweitigen Bestimmung des zu berechnenden Zinssatzes des variablen Zinses stellt, wenn dem 1. Feststellungsantrag entsprochen wird. Dabei werden durch den Haupt- und die Hilfsanträge jeweils Möglichkeiten der Bestimmung der Zinshöhe bezeichnet.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist das Feststellungsziel auch hinreichend bestimmt, weil mit der Bezeichnung des Vertragstyps sowie der Vereinbarung eines variablen Zinses und der dazugehörigen Zinsanpassungsklausel ein konkreter Bezug zu den betroffenen Verträgen hergestellt wird. Aus dem Vorbringen der Parteien ergibt sich, dass die betreffenden Verträge von der Beklagten im Zeitraum von 1993 bis zum 16.02.2005 verwendet wurden.
Die vorstehenden Ausführungen gelten gleichermaßen für den Feststellungsantrag zu 3., der im Ergebnis zulässig ist.

Zulässig sind auch die Feststellungsanträge zu 5. bis 7., welche jeweils Elemente eines Rechtsverhältnisses zwischen der Beklagten und den Verbrauchern enthalten.
Der Feststellungsantrag zu 5. ist auf den Zeitpunkt des Entstehens der Zinsansprüche der Verbraucher gerichtet, behandelt also eine Rechtsfrage, die im Rahmen der Forderungsverjährung von erheblicher Bedeutung ist, welche wegen der Langfristigkeit der Prämiensparverträge im Rechtsverhältnis zwischen der Beklagten und den Verbrauchern eine wichtige Rolle spielt. Unerheblich ist, ob die Beklagte bereits in einzelnen Rechtsverhältnissen die Verjährungseinrede erhoben hat, weil sie diese jederzeit erheben kann und schon diese Möglichkeit das Interesse der Verbraucher an einer gerichtlichen Feststellung begründet. Zu den im Musterfeststellungsverfahren feststellungsfähigen rechtlichen Voraussetzungen für das Nichtbestehen von Rechtsverhältnissen gehören auch rechtsvernichtende Einwendungen wie die Verjährung und die Verwirkung. Ob deren tatsächliche und rechtliche Voraussetzungen vorliegen, ist für die klagenden Verbraucher von der gleichen Bedeutung wie das Bestehen des Anspruches. Bestehende Unsicherheiten können hier durch die zu treffende Feststellung beseitigt werden. Die notwendige Bestimmtheit des Antrages ergibt sich aus der Bezeichnung der Verträge im Feststellungstenor.
Auch das 6. und das 7. Feststellungsziel sind zulässig, weil sie jeweils möglicherweise entscheidungserhebliche Elemente des Rechtsverhältnisses zwischen der Beklagten und den Verbrauchern im Hinblick auf die rechtsvernichtende Einrede oder Einwendung der Verjährung bzw. Verwirkung betreffen.

Unzulässig ist aber der 4. Feststellungsantrag, weil ihm die Konnexität fehlt. Er ist auf eine konkrete Zinsberechnung durch die Beklagte in einem Einzelfall gerichtet und damit auf eine Frage, welche einer generalisierenden Betrachtung nicht zugänglich ist. Nicht als Feststellungsziel geeignet sind nämlich solche Fragen, die nur individuell entschieden werden können und nicht bei den Ansprüchen der Verbraucher gleichermaßen bedeutsam sind (vgl. Stadler, a.a.O., § 606 Rn. 12). Es geht um die Klärung grundsätzlicher, in einer Vielzahl von Fällen wiederkehrender tatsächlicher und rechtlicher Fragen (vgl. BGH, Beschluss vom 30.07.2019, VI ZB 59/18, NJW 2020, 341 Rn. 14).
Die Einzelfallprüfung der richtigen Zinsberechnung kann nicht Gegenstand des Musterfeststellungsverfahrens, sondern nur eines Individualklageverfahrens sein. Nach Sinn und Zweck der Musterfeststellungsklage sind nur solche Tatsachen und Rechtsfragen feststellungsfähig, die verallgemeinerbar sind. Zu diesen zählt nicht der individuelle Anspruch des einzelnen Verbrauchers gegen die Beklagte, der im Musterfeststellungsverfahren weder als Leistungs- noch als Feststellungsantrag gegenüber der Beklagten verfolgt werden kann.

3. Der Kläger hat i.S.v. § 606 Abs. 3 Nr. 2 ZPO glaubhaft gemacht, dass von den Feststellungszielen des Hauptantrages die Ansprüche von mindestens 10 Verbrauchern abhängen.
Er hat dargelegt, dass es sich bei den 27 in der Klageschrift benannten natürlichen Personen um Verbraucher i.S.v. §§ 29c Abs. 2, 606 Abs. 1 S. 1 ZPO handelt. Der Senat legt dabei zugrunde, dass der Verbraucherbegriff unter Heranziehung von § 29c Abs. 2 ZPO prozessual zu definieren ist (vgl. OLG Braunschweig, Beschluss vom 23.11.2018, 4 MK 1/18, BeckRS 2018, 30499 Rn. 13; Heinrich in Musielak/Voit, ZPO, 17. Aufl., § 29c Rn. 6a). Es kommt also darauf an, dass die betroffene natürliche Person bei der Begründung des Anspruches bzw. des Rechtsverhältnisses nicht überwiegend im Rahmen einer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit gehandelt hat.
Diese Voraussetzungen sind bei den hier in Streit stehenden und der privaten Vermögensbildung dienenden Sparverträgen erfüllt. Der Kläger hat damit glaubhaft gemacht, dass die auf Seite 10 bis 26 der Klageschrift vom 04.02.2020 genannten 14 natürlichen Personen mit der Beklagten jeweils im Zeitraum zwischen dem Jahr 1993 und dem 16.02.2005 einen Sparvertrag „S-Prämiensparen flexibel“ mit der Formulierung bei der Zinsanpassungsklausel „Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z.Zt. ...%, am Ende eines Kalenderjahres [...]“ geschlossen haben, während die Beklagte mit den auf Seite 27 bis 41 der Klageschrift vom 04.02.2020 genannten 13 natürlichen Personen jeweils einen Sparvertrag „S-Prämiensparen flexibel“ in der Zeit von 1993 bis zum 16.02.2005 mit der Formulierung zur Zinsanpassungsklausel „Die Spareinlage wird variabel, zur Zt. mit ...%
p.a. verzinst.“ geschlossen hat. Zur Glaubhaftmachung hat der Kläger die jeweiligen Verträge und die Berechnung des aus seiner Sicht bestehenden Zinsanspruches durch die Hink & Fischer Kreditsachverständige GbR vorgelegt.

4. Es haben bis zum Stichtag am Montag, den 04.05.2020, und damit innerhalb von 2 Monaten nach der öffentlichen Bekanntmachung der Musterklage im Klageregister des Bundesamtes für Justiz gemäß § 607 Abs. 1 ZPO am 02.03.2020 ausweislich des vom Bundesamt für Justiz übersandten Auszuges vom 15.05.2020 nach § 609 Abs. 5 S. 1 ZPO 282 Verbraucher ihre Ansprüche oder Rechtsverhältnisse zur Eintragung in das Klageregister angemeldet.
Nach Übermittlung des Auszuges an die Parteien gemäß § 609 Abs. 5 S. 2 ZPO haben diese Einwände nicht erhoben.

B.

Die Klage ist im Hauptantrag begründet hinsichtlich des Klageantrages zu 1. (dazu 1.), des 2. Hilfsantrages zum Klageantrag zu 2. (dazu 2.), teilweise hinsichtlich des Klageantrages zu 3. (dazu 3.) und in Bezug auf den Klageantrag zu 5. (dazu 4.). Die Klageanträge zu Ziffer 6. (dazu 5.) und zu Ziffer 7. (dazu 6.) sind unbegründet.

Die streitgegenständlichen Prämiensparverträge sind nicht als Darlehensverträge, sondern als unregelmäßige Verwahrungsverträge gemäß § 700 Abs. 1 S. 1 BGB anzusehen, weil sie für die Verbraucher nicht die für den Darlehensvertrag gemäß § 488 Abs. 1 S. 1 BGB typische Pflicht des Darlehensgebers enthalten, dem Darlehensnehmer den Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen (vgl. BGH, Urteil vom 14.05.2019, XI ZR 345/18, NJW 2019, 2920 Rn. 26).
Die Prämiensparverträge gehen zwar davon aus, dass die Verbraucher die in ihnen geregelten Sparbeiträge erbringen werden, enthalten aber keinen durchsetzbaren Anspruch der Beklagten auf Zahlung dieser Sparbeiträge. Zwar bleibt die Nichtzahlung der Sparbeiträge durch die Verbraucher nicht völlig sanktionslos, denn die Prämiensparverträge sehen vor, dass der Sparvertrag beendet wird, wenn die Sparbeiträge nicht innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit, spätestens bis zum Ende des Sparjahres, nachgeholt werden. Auch aus dieser Regelung der Prämiensparverträge ergibt sich aber kein durchsetzbarer Anspruch der Beklagten auf Zahlung der Sparbeiträge durch die Verbraucher, so dass sie nicht als Darlehensverträge, sondern als unregelmäßige Verwahrungsverträge zu qualifizieren sind (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 21.11.2019, 8 U 1770/18, NJW 2020, 620 Rn. 16).
Auf die Prämiensparverträge als unregelmäßige Verwahrungsverträge finden allerdings gemäß § 700 Abs. 1 S. 1 BGB die Vorschriften über den Darlehensvertrag Anwendung, weil es um die Überlassung von Geld geht, wobei die Regelungen zum Kündigungsrecht aus §§ 488 Abs. 3, 489 BGB nicht anwendbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 14.05.2019, a.a.O. Rn. 40).

1. Der Klageantrag zu 1. ist begründet, wobei der Senat im Tenor des Urteils klarstellend präzisiert hat, dass es sich um die Zinsanpassungsregelung handelt, welche die Beklagte in den Prämiensparverträgen im Zeitraum von 1993 bis zum 16.02.2005 verwendet hat. Danach hat sie mit den Verbrauchern einen variablen Zinssatz vereinbart, indem sie entweder die Formulierung „Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z.Zt. ...%, am Ende eines Kalenderjahres [...]“ oder die Formulierung „Die Spareinlage wird variabel, zur Zt. mit ...% p.a. verzinst.“ verwendet hat. Hinsichtlich der Zinsanpassung enthält Ziffer 3 der Bedingungen für den Sparverkehr eine Regelung, welche ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Beklagten nach § 315 Abs. 1 BGB begründet. Zur klarstellenden Abgrenzung dieser Vereinbarungen von konkreten Zinsanpassungsregelungen, wie sie die Beklagte ab dem 17.02.2005 in Form der als Anlage B 8 vorgelegten Bestimmung in die Prämiensparverträge aufgenommen hat, dient die im Tenor zu 1. aufgenommene Formulierung, welche dem Hilfsantrag des Klägers zum Hauptantrag zu 1. entspricht.
Die Regelung ist insoweit wirksam, was vom Klageantrag zu 1. auch nicht in Frage gestellt wird, als darin ein variabler Zins und der anfängliche Vertragszins für die Prämiensparverträge vereinbart werden, weil dies eine gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB der Klauselkontrolle nicht unterliegende Preisregelung der Parteien ist (vgl. BGH, Urteil vom 10.06.2008, XI ZR 211/07, NJW 2008, 3422 Rn. 16 f.; Urteil vom 13.04.2010, XI ZR 197/09, NJW 2010, 1742 Rn. 16).

Unwirksam ist aber die von der Beklagten formularmäßig gegenüber den Verbrauchern verwendete Zinsanpassungsklausel, welche der Beklagten hinsichtlich der Bestimmung des variablen Zinssatzes ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB gewährt, weil diese nur dann der Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 4 BGB standhält, wenn sie für die Verbraucher ein Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen aufweist, was hinsichtlich der von der Beklagten verwendeten Zinsanpassungsklausel, welche ihr die nicht näher begrenzte Befugnis einräumt, den Verbrauchern den jeweiligen durch Aushang bekannt gemachten Zinssatz zu zahlen, nicht zutrifft (vgl. BGH, Urteil vom 17.02.2004, XI ZR 140/03, NJW 2004, 1588 f.; Urteil vom 10.06.2008, XI ZR 211/07, NJW 2008, 3422 Rn. 12 f.; Urteil vom 13.04.2010, XI ZR 197/09, NJW 2010, 1742 Rn. 15; Urteil vom 14.03.2017, XI ZR 508/15, NJW-RR 2017, 942 Rn. 18). Die vom Bundesgerichtshof in den zitierten Entscheidungen vertretene Rechtsauffassung teilt der Senat (so bereits Senatsurteil vom 22.04.2020, 5 MK 1/19, BeckRS 2020, 6640 Rn. 53 f.; ebenso OLG Köln, Urteil vom 18.06.2014, 13 U 27/06, BeckRS 2014, 12544).

Soweit die Beklagte auf die historische Entwicklung und damit letztlich darauf abstellt, dass zum Zeitpunkt der Vereinbarung der Verträge die Unwirksamkeit der Zinsanpassungsklausel noch nicht bekannt gewesen sei, verkennt sie, dass sich nicht die Rechtslage geändert hat, sondern lediglich deren, für die Beklagte allerdings wirtschaftlich nachteilige, Konkretisierung in der höchstrichterlichen Rechtsprechung erfolgt ist. Diese betrifft auch kein zum Zeitpunkt der Vereinbarungen nicht geltendes Recht, zumal der Inhalt von § 308 Nr. 4 BGB dem Inhalt von § 10 Nr. 4 AGBG entspricht. Die der Vereinbarung einer Klausel nachfolgende Erkenntnis über deren Unwirksamkeit führt nicht dazu, dass die Folgen dieser Erkenntnis erst nach dem Zeitpunkt der Entscheidung zur Anwendung kommen. Vielmehr war die Klausel von Vertragsbeginn an nicht anzuwenden.

2. In Bezug auf den Feststellungsantrag zu 2. kann nicht der Hauptantrag festgestellt werden, sondern lediglich der 2. Hilfsantrag.
Der Kläger nimmt zwar im Ausgangspunkt zutreffend an, dass Folge der oben unter B.1. dargestellten Rechtslage, nämlich der Wirksamkeit der Variabilität des Zinssatzes einerseits und der Unwirksamkeit der Zinsanpassungsregelung andererseits, eine Lücke der vertraglichen Regelung ist, welche durch das angerufene Gericht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist (vgl. BGH, Urteil vom 10.06.2008, XI ZR 211/07, NJW 2008, 3422 Rn. 18; Urteil vom 13.04.2010, XI ZR 197/09, NJW 2010, 1742 Rn. 18).
Entscheidend ist danach, welche Regelung von den Parteien in Kenntnis der Unwirksamkeit der vereinbarten Zinsänderungsklausel nach dem Vertragszweck und angemessener Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) als redliche Vertragspartner gewählt worden wäre, wobei ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Beklagten nach § 315 Abs. 1 BGB ebenso wenig in Betracht kommt wie ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Verbraucher nach § 316 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 13.04.2010, XI ZR 197/09, NJW 2010, 1742 Rn. 18 f.).
Nach diesen Kriterien hat das Gericht die Zinsanpassung auf der Grundlage dessen zu bestimmen, was die redlichen Vertragsparteien im Zuge ihrer zum Vertragsschluss führenden Verhandlungen vereinbart hätten, wenn sie den Punkt konkret als regelungsbedürftig bedacht hätten, wobei sämtliche zum Vertragsschluss führenden Aspekte einzubeziehen sind (vgl. BGH, Urteil vom 26.10.2005, VIII ZR 48/05, NJW 2006, 996 Rn. 35; Urteil vom 29.01.2020, VIII ZR 75/19, BeckRS 2020, 2768 Rn. 68). Ausgangspunkt der ergänzenden Regelung ist der abgeschlossene Vertrag, welcher vom Ausgangspunkt des
„wirklich Gewollten her weitergedacht“ werden muss (vgl. Roth in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, Update Stand 28.01.2020, § 157 Rn. 31).

Aus den genannten Kriterien für die ergänzende Vertragsauslegung ergibt sich, dass dies nicht im Zuge des Feststellungsziels einer Musterfeststellungsklage generalisierend für alle von der Beklagten im Zeitraum der Verwendung der Zinsanpassungsklausel von 1993 bis 2005 abgeschlossenen Verträge festgestellt werden kann, weil jeweils Ausgangspunkt der ergänzenden Vertragsauslegung der konkret geschlossene Vertrag ist, welcher sich in Bezug auf das Abschlussdatum und die konkreten Umstände, innerhalb deren der Vertrag geschlossen wurde, von anderen Verträgen mit derselben Zinsanpassungsklausel unterscheidet.
Zu beachten ist, dass sich innerhalb des genannten Zeitraums von etwa 12 Jahren im deutschen Finanzsystem wesentliche Veränderungen ereigneten, etwa der Euro zum 01.01.1999 als Buchgeld und zum 01.01.2002 als Bargeld eingeführt wurde und es zur Überleitung wesentlicher Referenzzinssätze, etwa des Diskont- und Lombardsatzes und des FIBOR, kam. Im Zuge dessen kam es auch zum Auslaufen der früheren Bundesbank-Zinsstatistik im Juni 2003 und zur Einführung der MFI-Zinsstatistik, die nach einheitlicher Methode in den Ländern des Euroraumes erhoben wird (vgl die als Anlage B 3 vorgelegte Information der Deutschen Bundesbank zur Zinsstatistik).
Dies steht der Annahme entgegen, in Bezug auf sämtliche Prämiensparverträge, welche innerhalb des genannten Zeitraums geschlossen wurden, ergebe die nach den oben genannten Kriterien durchzuführende ergänzende Vertragsanpassung die Anknüpfung der zu ermittelnden Zinsanpassungsregelung an denselben Referenzzins.
Zudem ist es dem Senat im Rahmen des vorliegenden Musterfeststellungsverfahrens nicht möglich, eine Feststellung dahin zu treffen, dass sämtliche Verbraucher, welche sich der Musterfeststellungsklage angeschlossen haben, über den gesamten Zeitraum, in welchem die Zinsanpassungsklausel von der Beklagten verwendet wurde, insgesamt wortgleiche Verträge abgeschlossen haben, so dass nicht festgestellt werden kann, ob in jedem Einzelfall von demselben Vertragswerk ausgehend die ergänzende Vertragsauslegung des einzelnen Verbrauchervertrages erfolgen kann. Das Verfahren der Musterfeststellungsklage beteiligt die ihre Ansprüche anmeldenden Verbraucher nicht als Parteien des Rechtsstreits und ist nicht auf die Feststellungen einzelner Vertragsverhältnisse, sondern auf die Klärung grundsätzlicher, in einer Vielzahl von Fällen wiederkehrender tatsächlicher und rechtlicher Fragen ausgerichtet. Im Ergebnis kann die ergänzende Vertragsauslegung nicht verallgemeinerbar für sämtliche vom Musterfeststellungsverfahren betroffenen Verbraucher festgestellt werden (ebenso schon Senatsurteil vom 22.04.2020, 5 MK 1/19, BeckRS 2020, 6640 Rn. 60).

Aufgrund der fehlenden Generalisierbarkeit der ergänzenden Vertragsauslegung ist auch der 1. Hilfsantrag zum 2. Feststellungsantrag unbegründet, weil der Senat nicht ausschließen kann, dass in einzelne Verträge der Beklagten mit den Verbrauchern Aspekte eingeflossen sind, die ein verbindliches Zurückgreifen auf einen Referenzzinssatz der Deutschen Bundesbank für alle von der Musterfeststellungsklage betroffenen Verträge verbieten. Allein aus der Vereinbarung der im Feststellungsantrag zu 1. genannten Klausel ergibt sich das nicht mit der für eine Feststellung im Rahmen der Musterfeststellungsklage erforderlichen Sicherheit (ebenso schon Senatsurteil vom 22.04.2020, 5 MK 1/19, BeckRS 2020, 6640 Rn. 61).

Das 2. Feststellungsziel ist jedoch mit dem 2. Hilfsantrag, welcher auf die Feststellung gerichtet ist, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Zinsanpassung auf der Grundlage eines angemessenen in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Referenzzinssatzes, der dem konkreten Geschäft möglichst nahe kommt, begründet. Die begehrte Feststellung ist generalisierbar und auf alle denkbaren Vertragsgestaltungen anwendbar. Nach Maßgabe der dort genannten Grundsätze kann der jeweilige Zinssatz im Einzelfall im Wege der ergänzenden Auslegung des konkreten Prämiensparvertrages bestimmt werden (ebenso schon Senatsurteil vom 22.04.2020, 5 MK 1/19, BeckRS 2020, 6640 Rn. 62). Die Feststellung eines einheitlichen Referenzzinssatzes für einen geringeren Zeitraum als die 12 Jahre zwischen 1993 und 2005 lassen die Feststellungsanträge nicht zu (§ 308 Abs. 1 ZPO).

3. In Bezug auf den Feststellungsantrag zu 3. ist die Klage teilweise begründet, denn es war festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Zinsanpassung aufgrund des nach dem Feststellungsziel zu 2. zu ermittelnden Referenzzinssatzes monatlich vorzunehmen, während nicht festgestellt werden konnte, dass dabei das relative Verhältnis zwischen dem anfänglich vereinbarten variablen Zinssatz zum gleitenden Durchschnitt des nach dem Feststellungsziel zu 2. ermittelten Referenzzinssatzes im Zeitpunkt des Vertragsschlusses gewahrt bleibt.

Im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung kann zugrunde gelegt werden, das verständige Parteien, welche eine indexabhängige Zinsanpassung begehren, einen Anpassungszeitraum wählen werden, der ihnen eine möglichst genaue Anpassung ohne zeitliche Verzögerung ermöglicht. Dabei geht der Senat davon aus, dass die Parteien, wenn sie das Problem der erforderlichen Anpassungsintervalle bedacht hätten, das Modell mit der größten Genauigkeit, das aber zudem auch noch im Verwaltungsaufwand beherrschbar ist, gewählt hätten, welches die monatliche Anpassung ist. Soweit die Beklagte die quartalsweise Anpassung für die sachgerechte Variante hält, fehlt es an einem hinreichend klaren Vortrag dazu, welche Nachteile sie durch die Verwaltung der monatlichen Anpassung erleidet. Inwieweit ein längeres oder kürzeres Anpassungsintervall Ungenauigkeiten bei der Zinsanpassung hervorruft, kann nicht als Abwägungskriterium herangezogen werden, weil sich der Vorteil bzw. Nachteil der Ungenauigkeit für die eine oder andere Vertragspartei nicht im Vorhinein bestimmen lässt. Praktische Probleme bei der Zinsberechnung auf der Grundlage monatlich angepasster Zinsen sind nicht ersichtlich. Hinzu kommt, dass bei den Sparbeiträgen jeweils ein monatliches Zahlungsintervall vereinbart wurde (Senatsurteil vom 22.04.2020, 5 MK 1/19, BeckRS 2020, 6640 Rn. 70 ff.).

Dagegen ist es dem Senat im Rahmen des vorliegenden Musterfeststellungsverfahrens verwehrt, eine Feststellung zur konkreten Methode der Zinsberechnung zu treffen, weil diese Teil der ergänzenden Vertragsauslegung ist, welche nach den vorstehenden Ausführungen nicht generalisierbar ist. Die vom Feststellungsantrag zu 3. umfasste Feststellung in Bezug auf das Äquivalenzgefüge kann deshalb vom Senat nicht getroffen werden (ebenso schon Senatsurteil vom 22.04.2020, 5 MK 1/19, BeckRS 2020, 6640 Rn. 73).

4. Der Antrag zu 5. auf Feststellung, dass der vertragliche Anspruch der Verbraucher in Bezug auf das Guthaben aus den Prämiensparverträgen einschließlich der nach den Feststellungszielen zu 2. und zu 3. zu berechnenden Zinsen frühestens ab dem Zeitpunkt der wirksamen Beendigung des Sparvertrages fällig wird, ist begründet.

Die Zinsansprüche werden erst mit der Beendigung des Prämiensparvertrages, gemeinsam mit der Begründung der Fälligkeit des Rückzahlungsanspruches auf das Kapital fällig, wenn - wie hier in Ziffer 3.3 der Bedingungen für den Sparverkehr - vertraglich vereinbart ist, dass die Zinsen zum Jahresende dem Kapital zugeschlagen werden und damit vereinbarungsgemäß als umgewandelt anzusehen sind (vgl. BGH, Urteil vom 04.06.2002, XI ZR 361/01, NJW 2002, 2707, 2708; OLG Frankfurt/M., Urteil vom 20.08.1997, 23 U 166/96, NJW 1998, 997, 999; OLG Köln, Urteil vom 16.01.2008, 13 U 27/06, BeckRS 2011, 3039; Senatsurteil vom 22.04.2020, 5 MK 1/19, BeckRS 2020, 6640 Rn. 89; OLG Dresden, Urteil vom 14.05.2020, 8 U 538/19; Schürmann/Langner in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl., Kap. 14 § 70 Rn. 31).

Der Senat folgt nicht der Auffassung der Beklagten, die für den variablen Zinsanspruch vorzunehmende Zinsanpassung begründe einen zweiten Anspruch i.S.d. § 194 Abs. 1 BGB. Diese Auffassung führte zu einer künstlichen Aufspaltung des zwischen den Vertragsparteien einheitlich vereinbarten Rückzahlungsanspruches. Gemäß § 194 Abs. 1 BGB unterliegt ein Anspruch, also das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu fordern, der Verjährung. Einen Anspruch auf die isolierte Auszahlung der Guthabenzinsen haben die Verbraucher mit der Beklagten jedoch gerade nicht vereinbart. Dieses Recht verliert der Verbraucher im Hinblick auf die Zinsgutschrift zwei Monate nach dem Jahresbeginn.

5. Die mit dem Antrag zu 6. begehrte Feststellung war unabhängig davon nicht zu treffen, dass die jeweilige Verjährung erst mit der jeweiligen Kündigung der Sparverträge in Lauf gesetzt wird.

Der zulässige Antrag ist unbegründet. Der Verjährungsbeginn setzt gemäß § 199 Abs. 1, 2 BGB voraus, dass der jeweilige Verbraucher die seinen Anspruch auslösenden tatsächlichen Umstände kannte bzw. sich der Kenntnis der Umstände nicht verschließen konnte. Im Allgemeinen liegt die für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnis von den Tatsachen, welche den jeweiligen Anspruch begründen, bereits dann vor, wenn dem Rechtsinhaber die Erhebung einer Klage, sei es einer Feststellungsklage, Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos möglich ist. Der Einzelne muss weder alle bedeutenden Umstände kennen noch bereits über hinreichende Beweismittel verfügen, um den Prozess im Wesentlichen sicher führen zu können. Maßgeblich ist die Kenntnis von den Tatsachen, die das Verfolgen der Ansprüche ermöglicht hätte (vgl. BGH, Urteil vom 03.06.2008, XI ZR 319/06, NJW 2008, 2576 Rn. 27; Senatsurteil vom 09.09.2015, 5 U 421/15, WM 2015, 2280).

Nach diesen Kriterien kann angenommen werden, dass die Verbraucher spätestens Ende Mai desjenigen Jahres, in dem die Gutschrift im Sparbuch vorgenommen wurde, Kenntnis von der Zinsgutschrift und damit auch von der Höhe der ihnen gutgeschriebenen Zinsen gehabt haben müssen, weil dem jeweiligen Verbraucher spätestens nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 17.02.2004 (a.a.O.) die Klageerhebung zumutbar war (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 24.02.2012, 3 U 687/11, BeckRS 2012, 11053).

6. Auch der auf die Feststellung, dass allein die widerspruchslose Zinsgutschrift im Sparbuch nicht dazu führt, dass das Umstandsmoment für die Verwirkung gegeben ist, gerichtete Feststellungsantrag zu 7. ist unbegründet.

Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten setzt neben einem Zeitmoment ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zeit- und Umstandsmoment können nicht voneinander unabhängig betrachtet werden, sondern stehen in einer Wechselwirkung. Je länger der Inhaber des Rechts untätig bleibt, desto mehr wird der Gegner in seinem Vertrauen schutzwürdig, das Recht werde nicht mehr ausgeübt werden. Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles, ohne dass insoweit auf Vermutungen zurückgegriffen werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 23.01.2018, XI ZR 298/17, NJW 2018, 1390 Rn. 9).

Nach diesen Kriterien kann das Umstandsmoment für die Verwirkung nicht generalisierend einheitlich für sämtliche vom Musterfeststellungsverfahren erfasste Prämiensparverträge festgestellt werden, denn es geht um das individuelle Verhalten des einzelnen Verbrauchers, welches zudem einer Gesamtwürdigung anhand von festgestellten Tatsachen unterzogen werden muss. Mit dem Feststellungsziel zu 7. wird danach keine verallgemeinerungsfähige Rechtsfrage verfolgt, so dass eine Feststellung im Rahmen der Musterfeststellungsklage nicht erfolgen kann.

C.

Die mit den Hilfsanträgen verbundene Erweiterung des Streitstoffs ist unzulässig (§ 263 ZPO), weil die Beklagte ihnen nicht zugestimmt hat und der Senat sie nicht als sachdienlich erachtet (dazu 1.). Die Hilfsanträge ihrerseits sind unzulässig, jedenfalls aber unbegründet (dazu 2.).

1. Die nachträgliche Stellung eines Hilfsantrages ist eine objektive Klagehäufung, auf welche die Vorschriften über die Klageänderung entsprechend anzuwenden sind (vgl. BGH, Urteil vom 22.01.2015, I ZR 127/13, NJW 2015, 1608 Rn. 13).
Grundsätzlich ist eine Klageänderung im Musterfeststellungsverfahren gemäß § 610 Abs. 5 S. 1 ZPO möglich, wenn auch bei der Zulassung die Interessen der anmeldenden Verbraucher berücksichtigt werden müssen (vgl. Röthemeyer, Musterfeststellungsklage, 2. Aufl., § 610 ZPO Rn. 73). Hier ist aber gemäß § 263 ZPO die Zulässigkeit zu verneinen, weil die Beklagte ausdrücklich nicht zugestimmt hat und der Senat sie nicht als sachdienlich erachtet.
An der Sachdienlichkeit fehlt es bereits wegen der Unzulässigkeit der mit den Hilfsanträgen begehrten Feststellung. Der Übergang zu einem unzulässigen Klageantrag ist nicht sachdienlich, weil er keine Sachentscheidung herbeiführt (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 33. Aufl., § 263 Rn. 13; Foerste in Musielak/Voit, ZPO, 17. Aufl., § 263 Rn. 7).

Die Hilfsanträge zu den Hauptanträgen zu 2. und 3. sind unzulässig, weil ihnen die Konnexität fehlt. Sie sind auf die Feststellung einer Zinsanpassungsverpflichtung der Beklagten für eine Gruppe von Verträgen gerichtet, die sich im Rahmen eines Musterfeststellungsverfahrens nicht bestimmen lässt. Die Gruppe der betroffenen Verträge lässt sich nämlich nicht - wie beim Hauptantrag zu 1. - allein über den Inhalt der Zinsanpassungsregelung bestimmen. Vielmehr müssen diejenigen Verträge ausgenommen werden, in denen eine individualvertragliche Vereinbarung getroffen wurde, was vom Senat im Musterfeststellungsverfahren nicht geleistet werden kann und deshalb zur Unbestimmtheit der Gruppe von Verträgen und damit auch des Feststellungsantrages führt.
Es kommt hinzu, dass der Kläger in Bezug auf die Hilfsanträge zu den Hauptanträgen zu 2. und 3. nicht im Sinne von § 606 Abs. 3 Nr. 2 ZPO glaubhaft gemacht hat, dass von den dort formulierten Feststellungszielen die Ansprüche oder Rechtsverhältnisse von mindestens 10 Verbrauchern abhängen. Der im Schriftsatz der Klägervertreter vom 05.06.2020 insoweit angebotene Zeugenbeweis ist unbehelflich, weil die Glaubhaftmachung durch präsente Beweismittel i.S.v. § 294 Abs. 2 ZPO zu erfolgen hat (vgl. Senatsbeschluss vom 17.06.2019, 5 U 880/19, BeckRS 2019, 14163 Rn. 31; Huber in Musielak/Voit, ZPO, 17. Aufl., § 294 Rn. 5).
Der Senat kann auch nicht feststellen, dass sich für den Gegenstand dieser Hilfsanträge mehr als 50 Verbraucher mit ihren Ansprüchen wirksam zum Klageregister angemeldet haben (§ 606 Abs. 3 Nr. 3 ZPO), zumal die Hilfsanträge zu den Hauptanträgen zu 2. und 3. mit dem einschränkenden Zusatz den Kreis der betroffenen Verbraucher im Verhältnis zum Hauptantrag eingeschränkt haben.

Der Hilfsantrag zum Hauptantrag zu 7. ist unzulässig, weil er ein Feststellungsziel beinhaltet, über das der Senat bereits entschieden hat, und es ihm deshalb am Rechtsschutzinteresse fehlt.
Mit dem Hauptantrag zu 7. soll ein bestimmtes Verbraucherverhalten am Maßstab des Umstandsmomentes als eines Elementes der Verwirkung überprüft werden. Der Hilfsantrag zielt auf die Überprüfung desselben Verbraucherverhaltens am Maßstab der Verwirkung und damit auch am Maßstab des Umstandsmomentes als eines Elementes der Verwirkung. Hat also der Senat - wie im vorliegenden Fall (vgl. B 6. der Entscheidungsgründe) - die Feststellung in Bezug auf das Umstandsmoment als unbegründet abgelehnt, soll er infolge der prozessualen Bedingung über den Hilfsantrag und damit erneut über das Umstandsmoment als Element der Verwirkung entscheiden. Ein Rechtsschutzinteresse dafür besteht nicht.

2. Die Hilfsanträge sind nicht zulässig. Es wird auf die Ausführungen unter C 1. der Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Die Hilfsanträge wären auch nicht begründet. Insoweit wird auf die Erwägungen unter B 2., 3. und 6. der Entscheidungsgründe Bezug genommen.

D.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO. Bei ihr war zu berücksichtigen, dass jedes Feststellungsziel einen eigenen Streitgegenstand begründet (vgl. BGH, Beschluss vom 30.07.2019, VI ZB 59/18, NJW 2020, 341 Rn. 10). Angesichts des Teilerfolgs bei einigen Feststellungsanträgen sowie des teilweisen Durchgreifens und der teilweisen Unzulässigkeit bzw. Unbegründetheit der Hilfsanträge, soweit über sie entschieden werden musste, hält der Senat eine Aufhebung der Kosten für gerechtfertigt.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 S. 1 ZPO.

Die Revision war zuzulassen, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat (§§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, 614 S. 2 ZPO).
Daher kommt es nicht darauf an, ob in § 614 S. 2 ZPO die Zulassung der Revision bereits durch den Gesetzgeber erfolgt ist (so: Waclawik NJW 2018, 2923) oder, wofür der Wortlaut des § 543 Abs. 1 ZPO spricht, die Zulässigkeit der Revision dem Rechtsmittelsystem der ZPO entsprechend von ihrer Zulassung abhängig ausgestaltet, es also der Revisionszulassung durch das Berufungsgericht oder den Bundesgerichtshof bedarf, hinsichtlich derer jedoch gemäß § 614 ZPO ein gebundenes Ermessen besteht.

PD Dr. Dr. Klose

Alberts

Kaiser

Bekanntmachung vom 24.06.2020, Oberlandesgericht Dresden, Beendigung

Das erstinstanzliche Verfahren wurde beendet durch Urteil, verkündet am 17.06.2020, siehe nachfolgendes Sitzungsprotokoll:

Oberlandesgericht Dresden
Zivilsenat

Aktenzeichen: 5 MK 1/20

PROTOKOLL

aufgenommen in der öffentlichen Sitzung
d. 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden
vom 17.06.2020

Anwesend:
Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht PD Dr. Dr. Klose als Vorsitzender
Richter am Oberlandesgericht Alberts als Beisitzer
Richterin am Landgericht Kaiser als Beisitzerin

Das Protokoll wurde mit einem Tonaufnahmegerät vorläufig aufgezeichnet und nachträglich übertragen.

In Sachen

Verbraucherzentrale Sachsen e.V., Katharinenstraße 17, 04109 Leipzig
vertreten durch den Vorstand Andreas Eichhorst
- Kläger -

Prozessbevollmächtigte:
Schirp & Partner Rechtsanwälte mbB, Leipziger Platz 9, 10117 Berlin, Gz.: 000004-20

gegen

Sparkasse Zwickau, Crimmitschauer Straße 2, 08056 Zwickau
vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden Felix Angermann
- Beklagte -

Prozessbevollmächtigte:
pwc PricewaterhouseCooper Legal AG, Kapelle-Ufer 4, 10117 Berlin, Gz.: 0.0904850.002

wegen Musterfeststellungsklage

erschien(en) nach Aufruf der Sache:

für den Kläger Frau Rechtsanwältin Binia mit Herrn Rechtsanwalt Dr. Schirp sowie Herr Andreas Eichhorst und Herr Michael Hummel;

für die Beklagte Herr Rechtsanwalt Dr. Dörfler, Herr Rechtsanwalt Ostermeyer mit Herrn Sven Kießling und Herrn Wienhold

Beklagtenvertreter erklärt:

Berichterstatter führt in den Sach- und Streitstand ein.

Beklagtenvertreter erklärt, dass der Klageänderung im Schriftsatz vom 5. Juni 2020 nicht zugestimmt wird und beantragt Schriftsatzfrist auf das neue tatsächliche Vorbringen in diesem Schriftsatz.

Der Antrag auf Bewegung eines Schriftsatznachlasses wird abgelehnt, da der Senat dem Schriftsatz kein neues tatsächliches Vorbringen zu entnehmen vermag, das entscheidungserheblich ist und einer Stellungnahme bedarf.

Beklagtenvertreter bittet um Hinweis für den Fall, dass der Senat beabsichtigt, erneut ein obiter dictum auszusprechen. Es wird mitgeteilt, dass der Senat derzeit nicht beabsichtigt, über das für die Entscheidung Notwendige hinausgehende rechtliche Würdigungen im Urteil niederzulegen. Nach dem Ergebnis der Einführung durch den Berichterstatter ist derzeit klar, dass es auf die Höhe des Referenzzinssatzes, dessen Auswahl und damit zusammenhängende Fragen nicht ankommen dürfte. Damit wird der Senat dazu nur Stellung nehmen, sofern er das rechtliche Erfordernis sieht, einen Referenzzinssatz zu bestimmen und die daran anknüpfenden Folgefeststellungen zu treffen.

Klägervertreterin stellt den Antrag aus der Klagebegründung vom 4. Februar 2020 (Bl. 1 dA). Weiter erklärt sie, stellt sie hilfsweise für den Fall, dass der Senat die vorgenannten Anträge für unzulässig oder unbegründet hält, die im Schriftsatz vom 5. Juni 2020 angekündigten Anträge.

Laut vorgespielt und genehmigt.

Beklagtenvertreter erklärt, dass den Änderungen insgesamt nicht zugestimmt wird. Weiter beantragt Beklagtenvertreter, die Klage abzuweisen.

Beklagtenvertreter erklärt weiter, dass die Behauptung auf Seite 11 der Replik, dass über die Formularverträge hinaus weder schriftliche noch mündliche Zusatzvereinbarungen getroffen wurden, mit Nichtwissen bestritten wird.

Beklagtenvertreter erklärt, dass er insoweit die Auffassung vertritt, den Kläger treffe insoweit eine sekundäre Darlegungslast.

Die Sitzung wird unterbrochen.

Die Sitzung wird um 14.20 Uhr fortgesetzt.

Es wird im Namen des Volkes folgendes

Urteil

verkündet:

I. Es wird festgestellt, dass

1. die Beklagte mit ihren Kunden, die Verbraucher sind, bei Abschluss der Sparverträge „S-Prämiensparen flexibel“ durch die Formulierungen „Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z. Zt. ...% [...] am Ende eines Kalenderjahres“ oder „Die Spareinlage wird variabel, z. Zt. mit ... % verzinst“ keine wirksamen Zinsanpassungsregelungen getroffen hat, sofern keine weiteren Regelungen zur Zinsanpassung getroffen worden sind;

2. die Beklagte verpflichtet ist, die Zinsanpassung für die im Antrag zu 1. genannten Verträge auf der Grundlage eines angemessenen in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Referenzzinssatzes, der dem konkreten Geschäft möglichst nahe kommt, vorzunehmen;

3. die Beklagte verpflichtet ist, aufgrund des gemäß des Antrages zu 2. ermittelten Referenzzinssatzes die Zinsanpassungen in den Sparverträgen monatlich vorzunehmen;

4. der vertragliche Anspruch von Kunden der Beklagten, die Verbraucher sind, in Bezug auf das Guthaben aus den „S-Prämiensparvertrag flexibel“ einschließlich der nach den Anträgen zu Ziffer 2. und 3. zu berechnenden Zinsen frühestens ab dem Zeitpunkt der wirksamen Beendigung des Sparvertrages fällig wird.

II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreites werden gegeneinander aufgehoben

IV. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil wird kurz begründet.

Es wird bekanntgegeben, dass der Senat beabsichtigt, den Streitwert auf 160.000,00 EUR festzusetzen.

Einwände dagegen werden nicht erhoben.

Es wird sodann folgender

Beschluss

verkündet:

Der Streitwert wird auf 160.000,00 EUR festgesetzt.

Damit ist die Sitzung um 14.27 Uhr geschlossen.

Ende des Diktats

i. V. Alberts
Richter am Oberlandesgericht
für den wegen Urlaubes an der Unterschrift verhinderten
PD Dr. Dr. Klose
Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Justizangestellte

F.d.R.d.Ü.v.T.
Wesenigk
Justizangestellte

Bekanntmachung vom 19.05.2020, Oberlandesgericht Dresden, Termin

Bezeichnung des Termins: Erster Termin

Datum: 17.06.2020

Uhrzeit: 13:00 Uhr

Sitzungsort: Oberlandesgericht Dresden, Prozessgebäude

Raum: Saal 1

Straße, Hausnummer.: Hammerweg 26

PLZ, Ort: 01127 Dresden