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Stand des Verfahrens

Die Bekanntmachungen sind in zeitlicher Reihenfolge sortiert (jüngste zuerst).

Allgemeine Verfahrensdaten

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg

Aktenzeichen: 5 MK 1/20

Bekanntmachung vom 03.06.2024, Oberlandesgericht Naumburg, Termin

Bezeichnung des Termins: mündliche Verhandlung

Datum: 9. Juli 2024

Uhrzeit: 09:00 Uhr

Sitzungsort: Bundesgerichtshof

Raum: N 010

Straße, Hausnummer: Herrenstraße 45a

PLZ, Ort: 76133 Karlsruhe

Bekanntmachung vom 30.03.2023, Oberlandesgericht Naumburg, Zwischenentscheidung

Datum der Zwischenentscheidung: 23. März 2023

Beschlussinhalt:

Der Tatbestand des am 8. Februar 2023 verkündeten Urteils wird wie folgt berichtigt:
Auf Seite 3 wird im 3. Absatz und auf Seite 4 im 1. Absatz in den Zitaten „zur Zeit“ durch „z.Zt.“ ersetzt.
Der weitergehende Berichtigungsantrag des Musterklägers wird zurückgewiesen.

Gründe:

Der Tatbestand war gem. § 319 Abs. 1 ZPO wie geschehen zu berichtigen. Weitere Unrichtigkeiten bestehen nicht. Der Musterkläger hat zwar zunächst „vorsorglich“ die Einbeziehung der AGB, der Bedingungen für den Sparverkehr und der Sonderbedingungen für den Sparverkehr in die Prämiensparverträge bestritten. Nachdem die Musterbeklagte jedoch substantiiert zu der Einbeziehung der Bedingungen vorgetragen hat, hat er dieses Bestreiten nach dem Eindruck des Senates fallen gelassen, denn er ist nachfolgend von der „formularmäßigen“ Einbeziehung der Bedingungen ausgegangen.

Bekanntmachung vom 24.03.2023, Bundesgerichtshof, Rechtsmittel

Revision eingelegt am: 15.03.2023

Revisionsgericht: Bundesgerichtshof

Aktenzeichen: XI ZR 40/23; Aktenzeichen Oberlandesgericht Naumburg: 5 MK 1/20

Revisionskläger: Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.

gesetzlicher Vertreter: gesetzlich vertreten durch Vorstand

Prozessbevollmächtigter des Revisionsklägers: Rechtsanwalt Dr. Hartung

Revisionsbeklagter: Saalesparkasse, Anstalt des öffentlichen Rechts

gesetzlicher Vertreter: Vorstand

Prozessbevollmächtigter des Revisionsbeklagten: II. Instanz: Kutscher Rechtsanwälte

Bekanntmachung vom 01.03.2023, Oberlandesgericht Naumburg, Entscheidung

Das erstinstanzliche Verfahren wurde beendet durch Urteil, verkündet am 8. Februar 2023:

OBERLANDESGERICHT NAUMBURG

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

5 MK 1/20 OLG Naumburg

Verkündet am: 8. Februar 2023

Meyer, Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

In dem Musterfeststellungsverfahren

Verbraucherzentrale Bundesverband e.V., vertreten durch den Vorstand Ramona Pop, Rudi-Dutschke-Straße 17, 10969 Berlin,
Kläger,

Prozessbevollmächtigte:
Rotter Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Baierbrunner Straße 85, 81379 München, gegen

Saalesparkasse, Anstalt des öffentlichen Rechts, gesetzlich vertreten durch den Vorstand, Dr. Jürgen Fox und Peter Knobloch, Rathausstraße 5, 06108 Halle (Saale),
Beklagte,

Prozessbevollmächtigte:
Kutscher Rechtsanwälte, Joliot-Curie-Platz 1 b, 06108 Halle (Saale),:

hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 18. Januar 2022 durch die Richterin am Oberlandesgericht Ewald, den Richter am Oberlandesgericht Moser und den Richter am Landgericht Dr. Wollenschläger für Recht erkannt:

Es wird festgestellt, dass die Musterbeklagte nach ergänzender Vertragsauslegung verpflichtet ist, die Zinsanpassung für die im Antrag zu III. 1. a) und III. 1. b) genannten formularmäßigen S-Prämiensparverträge auf der Grundlage der Zinsreihe der Deutschen Bundesbank, derzeitige Kennung
BBSIS.M.I.UMR.RD.EUR.S1311.B.A604.R0815.R.A.A._Z._Z.A, vormals WU 9554
(Bundeswertpapiere mit einer Restlaufzeit von 8 bis 15 Jahren) vorzunehmen.

Es wird festgestellt, dass die Musterbeklagte verpflichtet ist, die Zinsanpassung in den formularmäßigen S-Prämiensparverträgen gemäß der Anträge zu III. 1. a) und 1. b) monatlich und ohne Berücksichtigung einer Zinsschwelle vorzunehmen.

Es wird festgestellt, dass die Musterbeklagte verpflichtet ist, bei der Zinsanpassung in den formularmäßigen S-Prämiensparverträgen gemäß der Anträge zu III. 1. a) und 1. b) den relativen Zinsabstand zu wahren.

Es wird festgestellt, dass der vertragliche Anspruch von Kunden der Musterbeklagten, die Verbraucher sind, in Bezug auf das Guthaben inklusive der Zinsen aus den formularmäßigen S-Prämiensparverträgen gemäß der Anträge zu III. 1.a) und 1. b) frühestens ab dem Zeitpunkt der wirksamen Beendigung des Sparvertrages entsteht.

Im Übrigen wird die Musterfeststellungsklage abgewiesen.

Die Kosten des Musterfeststellungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v.H. des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

und beschlossen:

Der Streitwert des Musterfeststellungsverfahrens wird auf 250.000 festgesetzt.

Tatbestand:

Der Musterkläger begehrt im Rahmen der Musterfeststellungsklage die Feststellung der tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für die Zinsberechnung bei von den Rechtsvorgängerinnen der Musterbeklagten, der Stadt- und Saalkreissparkasse Halle und der Kreissparkasse Merseburg-Querfurt ab dem Jahr 1993 bis Anfang 2006 ausgereichten und spätestens im Jahr 2018 beendeten Prämiensparverträgen.

Wesentliche Parameter der von ihnen ausgereichten Prämiensparverträge waren die unbestimmte Laufzeit, das Kündigungsrecht der Sparer mit einer dreimonatigen Frist, die variable Verzinsung des angesparten Kapitals, die jährliche Prämie auf die im Jahr geleisteten Sparbeiträge sowie der Anspruch des Kunden auf Auszahlung von bis zu 2.000 €/Monat ohne Kündigung. Machte er diesen Auszahlungsanspruch geltend, wurde der Prämiensparvertrag beendet. Zwischen den Kunden und der jeweiligen Sparkasse wurde ein monatlicher Sparbeitrag vereinbart, der auf das jeweilige Sparkonto eingezahlt wurde. Zum Teil wurde eine deutlich höhere Ersteinzahlung vereinbart. Es bestand die Möglichkeit der Herabsetzung der Sparbeiträge. Eine Erhöhung war indes ausgeschlossen.

Die Kunden eröffneten jeweils ein Sparkonto und schlossen einen Prämiensparvertrag, anfangs unter Verwendung des Vordruckes S154329 des Dt.Sparkassenverlages S-Prämiensparen - flexibel -, der folgende Klausel beinhaltete:

„2. Zinsen und Prämien die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, zur Zeit %, am Ende eines Kalender-/Sparjahres eine verzinsliche Prämie gemäß der nachfolgenden Prämienstaffel auf die vertragsgemäß geleisteten Sparbeiträge des jeweils abgelaufenen Sparjahres, und zwar erstmals am . Die Prämie beträgt nach 3 Sparjahren 3 %, nach 4 Sparjahren 4 % ab dem 15. Sparjahr 50 %.“

Wegen des weiteren Inhalts der Prämiensparverträge wird auf die Ablichtung eines solchen (Anlage K8 Anlagenband zur Musterfeststellungsklage) Bezug genommen.

Die später ohne den Vordruck von der Kreissparkasse Merseburg-Querfurt ausgereichten Sparverträge flexibles S-Prämiensparen (siehe Anlage K61 Anlagenband zur Musterfeststellungsklage) und die von der Stadt- und Saalkreissparkasse Halle ausgereichten Sparverträge S-Prämiensparen flexibel (siehe Anlage K71 Anlagenband zur Musterfeststellungsklage) enthielten folgende Klausel:

„Die Spareinlage wird variabel, zur Zeit mit % verzinst.
Daneben zahlt die Sparkasse am Ende eines Kalenderjahres eine verzinsliche Prämie gemäß der nachfolgenden Prämienstaffel auf die vertragsgemäß geleisteten Sparbeiträge des jeweils abgelaufenen Sparjahres. Die Prämie beträgt nach dem 3. Sparjahr 3,0 %, 4. Sparjahr 4,0 %. 15. Sparjahr 50 %.“

Vertragsbestandteil waren die bei Vertragsabschluss geltenden Bedingungen für den Sparverkehr, wegen deren Inhalts auf deren Ablichtung (Anlage B3, Bl. 97 ff. Bd. II der Akten) Bezug genommen wird, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Sparkasse und bei einigen Verträgen auch die ergänzenden Sonderbedingungen für den Sparverkehr. Wegen des Inhalts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Stand 1993 wird auf deren Ablichtung (Anl. B2, Bl. 100 ff Bd. II der Akten) Bezug genommen.

Weder in den Verträgen noch in den AGB befand sich eine Zinsanpassungsklausel.

Die Kunden erhielten Bestätigungsschreiben, die den Vertragsinhalt wiedergaben (siehe beispielsweise Anlage K 46 Anlagenband zur Musterfeststellungsklage).

Die Stadt- und Saalkreissparkasse Halle (SSKS Halle ) und die Kreissparkasse Merseburg-Querfurt (KSK M-Q) schlossen sich am 31. Dezember 2017 im Wege der Fusion zur Saalesparkasse (Musterbeklagte) zusammen.

Bis dahin entwickelten sich die Grundverzinsung der Prämienspareinlagen und der sonstigen Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist folgendermaßen:

Entwicklung Grundverzinsung Prämiensparen SSKS Halle im Vergleich zur Verzinsung Spareinlage mit 3 -monatiger Kündigungsfrist (01.07.1993-31.12.2017)

Entwicklung Grundverzinsung Prämiensparen SSKS Halle im Vergleich zur Verzinsung Spareinlage mit 3 -monatiger Kündigungsfrist (01.07.1993-31.12.2017)

Entwicklung Grundverzinsung Prämiensparen KSK M-Q im Vergleich zur Verzinsung Spareinlage mit 3-monatiger Kündigungsfrist (15.07.1993-31.12.2017)

Entwicklung Grundverzinsung Prämiensparen KSK M-Q im Vergleich zur Verzinsung Spareinlage mit 3-monatiger Kündigungsfrist (15.07.1993-31.12.2017)

Im Jahr 2018 kündigte die Beklagte die noch bestehenden Prämiensparverträge.

Die in der Klageschrift unter III.1.i) genannten Verbraucherin Edith E. sowie die unter III.2.h) genannten Verbraucher Herbert und Edith S. machen keine Ansprüche mehr gegen die Musterbeklagte geltend. Die unter III.1.g) genannte Gertraud G. ist zwischenzeitlich verstorben. Erben sind Birgit P. und Heike W..

Der Musterkläger meint, die Musterbeklagte habe den Verbrauchern zu wenig Zinsen berechnet, woraus sich für diese erhebliche Nachzahlungsansprüche ergeben würden.

Der Musterkläger, der mit der Musterfeststellungsklage zunächst die Auffassung vertreten hatte, die Rechtsvorgängerinnen der Musterbeklagten hätten mit den Verbrauchern keine wirksamen Zinsanpassungsvereinbarungen geschlossen und seine Feststellungsziele danach ausgerichtet hatte, hat seine Klageanträge mit Schriftsatz vom 28. Juni 2021 erweitert. Er vertritt nunmehr mit dem Feststellungsziel I. die Auffassung, nicht nur die Zinsanpassungsvereinbarung, sondern auch die Vereinbarung der Zinsvariabilität selbst sei unwirksam, weil eine Trennung zwischen Zinsvariabilität und kontrollierbarer Zinsanpassungsklausel im Anwendungsbereich des zwingenden und umfassend zu verstehenden Transparenzgebots von Art. 5 Satz 1 und Art. 4 Abs. 2 RL 93/13/EWG unionsrechtlich nicht zulässig sei. Die Zinsvereinbarung sei insgesamt intransparent im Sinne des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB und der Art. 5 Satz 1 und Art. 4 Abs. 2 RL 93/13/EWG. Nach Art. 6 Abs. 1 der RL 93/13/EWG sei die von der Musterbeklagten den einzelnen Verbrauchern versprochene Gegenleistung (Verzinsung) als unverbindlich anzusehen. Den nationalen Gerichten sei zwingend untersagt, eine als missbräuchlich bewertete Klausel, welche nichtig sei, abzuändern, weil sonst die gegen den Verwender gerichtete Abschreckungswirkung des Art. 6 Abs. 1 RL 93/13/EWG ins Leere ginge. Die drohende Gesamtnichtigkeit des Vertrages sei durch einen Rückgriff auf das zur Verfügung stehende dispositive Recht zu schließen. Als dispositives Recht kämen hier aber nicht, wie vom Bundesgerichtshof bisher angenommen, die §§ 133, 157 BGB in Betracht, sondern allein die §§ 700, 488 Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. § 246 BGB. Nach der Rechtsprechung des EuGH müssten die zur Lückenschließung heranzuziehenden nationalen Normen zum Gegenstand einer gesonderten Prüfung durch den Gesetzgeber gemacht worden sein. Es dürfe sich folglich nicht um allgemeine Regeln der Billigkeit handeln. Dies ergebe sich auch aus Erwägungsgrund 13 der Richtlinie. Zudem sei eins der Einzelziele der Richtlinie auch die Abschreckungswirkung gegenüber den Gewerbetreibenden, nicht mehr solche Klauseln den Verbraucher anzubieten, welche das Etikett der Missbräuchlichkeit tragen. Eine ergänzende Vertragsauslegung, die auch das Interesse des Verwenders der Klausel berücksichtige, lasse die zwingend zu beachtende Abschreckungswirkung des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie außer Acht. Deshalb sei hier auf die Sonderregel des § 246 BGB zurückzugreifen.
Hilfsweise für den Fall, dass der Senat die Zinsvereinbarung nicht insgesamt als unwirksam beurteilt, macht der Musterkläger mit dem Feststellungsziel II. geltend, dass die gesamte Vertragslaufzeit zu einem festen Zinssatz zu verzinsen sei, nämlich jenem Zinssatz, der bei Vertragsschluss zwischen den Parteien als Anfangszinssatz vereinbart wurde. Die Zinsanpassungsklauseln verstießen gegen Art. 3 Abs. 3 Nr. 1 lit. j) und k) der RL 93/13/EWG. Sie seien damit als von Anfang an nicht existent anzusehen. Folglich seien Verträge durchgehend mit jenem Zinssatz zu verzinsen, der in den jeweiligen Vertragsformularen angegeben und vereinbart worden sei. Ein Rückgriff auf die Nichtigkeitsregel des § 306 Abs. 3 BGB komme nicht in Betracht, da Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie allein darauf abstelle, ob der Vertrag ohne die unwirksame Klausel bestehen könne. Nach der Rechtsprechung des EuGH ginge es nur und ausschließlich um den Schutz der Interessen des Verbrauchers, weil es zu verhindern gelte, dass die wirtschaftlichen Folgen der Nichtigkeit eines Verbrauchervertrages ihn „bestrafen“.

Mit dem Feststellungsziel III. macht der Musterkläger höchst hilfsweise geltend, wie der Senat im Falle der Annahme der Unwirksamkeit nur der Zinsanpassungsklausel die Zinsanpassungsparameter im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung seiner Meinung nach zu bestimmen habe. Nach dem Konzept des Sparvertrages sei nur ein Referenzzins interessengerecht, welcher sich am gleitenden Durchschnitt eines Zinssatzes für Spareinlagen mit mittlerer Restlaufzeit von 9-10 Jahren orientiere (Feststellungsziel III.2.a). Der für die Beklagte geltende, konkludent vereinbarte Kündigungsausschluss bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe entspreche einer Mindestlaufzeit von durchschnittlich fünfzehneinhalb Jahren. Das dreimonatige Kündigungsrecht des Kunden beeinflusse die Auswahl des Referenzzinssatzes nicht, weil es für diesen wirtschaftlich nicht sinnvoll sei, den Sparvertrag vorzeitig zu kündigen, da der Erhalt der Prämien der höchsten Prämiensparstufe nach dem 15. Sparjahr einen wesentlichen Teil des Renditeanreizes der Sparverträge ausmache und einen wesentlichen Grund für den Vertragsabschluss darstelle. Mangels formularmäßiger Laufzeitvereinbarung liefen die Verträge nach Erreichen der höchsten Prämiensparstufe unbegrenzt weiter bis eine der Vertragsparteien den Vertrag von sich aus kündige. Durch die Vertragsgestaltung werde bei dem Kunden der Anreiz gesetzt, den Vertrag auch über das 15. Sparjahr hinaus möglichst lange zu halten, da die auch in den Folgejahren ausgeschütteten Prämien in Höhe von jeweils 50 % der Jahressparleistung wesentlich zur Gesamtrendite des Vertrages beitrügen. Deshalb sei es gerechtfertigt, als Referenzzinssatz den gleitenden Durchschnitt der letzten 10 Jahre des Referenzzinssatzes für Umlaufrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen/Hypothekenpfandbriefe mit einer Restlaufzeit von zehn Jahren zu nehmen. Hilfsweise zu dem Feststellungsziel III.2.a) begehrt er die Feststellung, dass die Zinsanpassung auf der Grundlage des gleitenden Durchschnitts eines von der Deutschen Bundesbank für inländische Banken erhobenen Referenzzinssatzes oder, hilfsweise hierzu, eines Referenzmischzinssatzes, welcher auf von der Deutschen Bundesbank für inländische Banken erhobenen Referenzzinssätzen beruhe (Feststellungsziel III.2.b); hilfsweise auf der Grundlage des gleitenden Durchschnitts eines angemessenen in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Referenzzinssatzes (Feststellungsziel III.2.c); hilfsweise auf der Grundlage der Werte einer von der Deutschen Bundesbank für inländische Banken veröffentlichten oder in sonstigen öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Zinssatzreihe – hilfsweise hierzu, einer bestimmten Mischung verschiedener solcher Zinssatzreihen (Feststellungsziel III.2.d) vorzunehmen sei und dessen bzw. deren Bestimmung im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung vom Senat. Hilfsweise zu dem Ziel III.2. d) begehrt er die Feststellung, dass es nach dem Konzept der Prämiensparverträge allein interessengerecht sei, im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung als Basis einen Referenzzinssatz für langfristige Einlagen mit einer Restlaufzeit von über 9 Jahren heranzuziehen (Feststellungsziel III.3.a), hilfsweise dass der in der Statistik der Deutschen Bundesbank veröffentliche Zinssatz gleitender 3-Monats-Euribor nicht geeignet sei und auch nicht nur anteilsmäßig an einem Referenzmischzins zur Bestimmung des Anpassungsmaßstabes (Referenzzinssatz) für die Zinsanpassung eingezogen werden könne (Feststellungsziel III.3.b); hilfsweise, dass es sich bei den Prämiensparverträgen dem Gegenstand der Leistung und der typischen Interessenlage der Parteien nach um langfristige, auf eine Dauer von in der Regel mindestens 20 Jahren angelegte Vertragsverhältnisse handele (Feststellungsziel III.3.c). Da keine Anpassungsintervalle vereinbart worden seien, seien diese vom Gericht zu bestimmen. Da die Zinsreihe der Deutschen Bundesbank monatlich bekannt gegeben werde, sei es sachgerecht, die Anpassung monatlich und ohne Berücksichtigung einer Zinsschwelle vorzunehmen (Feststellungsziel III.4.a); hilfsweise entsprechend der von dem Senat zu bestimmenden Anpassungsparametern hinsichtlich Anpassungsintervalle und Anpassungsschwelle (Feststellungsziel III.4.b). Zudem müsse die Zinsanpassung relativ erfolgen (Feststellungsziel III.5.a); hilfsweise unter Wahrung des von dem Senat zu bestimmenden Verhältnisses (Feststellungsziel III.5.a). Ferner sei im Hinblick auf die zu erwartende Einrede der Verjährung festzustellen, dass der Anspruch auf das Guthaben inklusive der Zinsen frühestens mit der wirksamen Beendigung des Sparvertrages entstehe (Feststellungsziel IV.1).

Der Musterkläger hat die Musterklage im Termin vom 17. November 2021 hinsichtlich der ursprünglich zu IV. 2. und 3. gestellten Feststellungsziele mit Zustimmung der Musterbeklagten zurückgenommen. Ferner hat er die hilfsweisen Feststellungsanträge unter Punkt III.2. um den Hilfsantrag III.2.d) ergänzt. Er beantragt,

„I. Verzinsung nach § 246 BGB

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte mit ihren Kunden, die Verbraucher sind, bei Abschluss der von ihr vorformulierten Sparverträge „S-Prämiensparen flexibel" — unter alleiniger Zugrundelegung der vorformulierten Regelungen inklusive der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten und der Bedingungen für den Sparverkehr — durch Verwendung der Formulierung

„Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z Zt. %, am Ende eines Kalender-/Sparjahres (…)“

keine wirksame Zinsregelung vereinbart hat und stattdessen der gesetzliche Zinssatz nach § 246 BGB in Höhe von 4% p.a. für die Dauer der jeweiligen Sparverträge gilt.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte mit ihren Kunden, die Verbraucher sind, bei Abschluss der vorformulierten Sparverträge mit den von der Beklagten verwendeten Bezeichnungen „S-Prämiensparen“ und „flexibles S-Prämiensparen" — unter alleiniger Zugrundelegung der vorformulierten Regelungen inklusive Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten und der Bedingungen für den Sparverkehr, sowie der Sonderbedingungen für den Sparverkehr — durch Verwendung der Formulierung

„Die Spareinlage wird variabel, z.Zt. mit % p.a. verzinst.“

keine wirksame Zinsregelung vereinbart hat und stattdessen der gesetzliche Zinssatz nach § 246 BGB in Höhe von 4% p.a. für die Dauer der jeweiligen Sparverträge gilt.

II. Hilfsweise jeweils zu I.: Verzinsung nach dem jeweiligen Anfangszinssatz

1. Es wird hilfsweise zu I. 1. festgestellt, dass die Beklagte mit ihren Kunden, die Verbraucher sind, bei Abschluss der von ihr vorformulierten Sparverträge „S- Prämiensparen flexibel" - unter alleiniger Zugrundelegung der vorformulierten Regelungen inklusive der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten und der Bedingungen für den Sparverkehr - durch Verwendung der Formulierung

„Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, Z. Zt. %, am Ende eines Kalender-/Sparjahres (…)“

keine wirksame Regelung der Zinsvariabilität vereinbart hat und stattdessen der im jeweiligen Vertrag wiedergegebene Anfangszinssatz für die Dauer der jeweiligen Sparverträge gilt.

2. Es wird hilfsweise zu I. 2. festgestellt, dass die Beklagte mit ihren Kunden, die Verbraucher sind, bei Abschluss der vorformulierten Sparverträge mit den von der Beklagten verwendeten Bezeichnungen „S-Prämiensparen flexibel“ und „flexibles S-Prämiensparen" — unter alleiniger Zugrundelegung der vorformulierten Regelungen inklusive Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten und der Bedingungen für den Sparverkehr, sowie der Sonderbedingungen für den Sparverkehr — durch Verwendung der Formulierung

„Die Spareinlage wird variabel, z.Zt. mit % p.a. verzinst. "

keine wirksame Regelung der Zinsvariabilität vereinbart hat und stattdessen der im jeweiligen Vertrag wiedergegebene Anfangszinssatz für die Dauer der Sparverträge gilt.

III. Höchst Hilfsweise zu II.: Unwirksamkeit nur der Zinsanpassungsklausel und ergänzende Vertragsauslegung bezüglich der Anpassungsparameter

1. Zur Unwirksamkeit von Zinsanpassungsklauseln in den mit Verbrauchern geschlossenen S-Prämiensparverträgen der Musterbeklagten:

a) Es wird hilfsweise zu II. 1. festgestellt, dass die Beklagte mit ihren Kunden, die Verbraucher sind, bei Abschluss der formularmäßigen Sparverträge „S-Prämiensparen flexibel" unter alleiniger Zugrundelegung der formularmäßigen Regelungen inklusive der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten und der Bedingungen für den Sparverkehr durch Verwendung der Formulierung

„Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z. Zt. % am Ende eines Kalender-/Sparjahres (...)"

keine wirksamen Zinsanpassungsregelungen vereinbart hat.

b) Es wird hilfsweise zu II. 2. festgestellt, dass die Beklagte mit ihren Kunden, die Verbraucher sind, bei Abschluss der formularmäßigen Sparverträge mit den von der Beklagten verwendeten Bezeichnungen „S-Prämiensparen flexibel" und „flexibles S-Prämiensparen" unter alleiniger Zugrundelegung der formularmäßigen Regelungen inklusive Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten und der Bedingungen für den Sparverkehr sowie der Sonderbedingungen für den Sparverkehr durch Verwendung der Formulierung

„Die Spareinlage wird variabel, z. Zt. mit % p. a. verzinst."

keine wirksamen Zinsanpassungsregelungen vereinbart hat.

2. Es wird festgestellt, dass die Musterbeklagte nach ergänzender Vertragsauslegung verpflichtet ist, die Zinsanpassung für die im Antrag zu III. 1. a) und III. 1. b) genannten formularmäßigen S-Prämiensparverträge vorzunehmen

a) auf Grundlage des jeweils gleitenden Durchschnitts, welcher definiert wird als „gleitender Mittelwert" der sich Monat für Monat als arithmetischer Mittelwert aus den verfügbaren, von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Monatswerten des Zinssatzes für Umlaufrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen/Hypothekenpfandbriefe mit einer Restlaufreit von über 9 bis einschließlich 10 Jahren (aktuelle Zeitreihenkennung:
BBSIS.M.I.UMR.RD.EUR.MFISX. B. X100.R0910.R.A.A._Z._ Z.A, vormals BBKOI .WX4260 gemäß Statistik der Deutschen Bundesbank) seit Februar 1990, maximal aber eines zurückliegenden 10-Jahres-Zeitfensters errechnet;

b) hilfsweise zu III. 2. a) auf der Grundlage des gleitenden Durchschnitts eines von der Deutschen Bundesbank für inländische Banken erhobenen Referenzzinssatzes oder, hilfsweise hierzu, eines Referenzmischzinssatzes vorzunehmen, welcher auf von der Deutschen Bundesbank für inländische Banken erhobenen Referenzzinssätzen beruht und der dem Konzept des von der Beklagten formularmäßig angebotenen S- Prämiensparvertrags möglichst nahekommt, und dessen Bestimmung im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung als Teil der rechtlichen Würdigung vom im Musterfeststellungsverfahren erkennenden Gericht selbst durchzuführen ist.

c) hilfsweise zu III. 2. b) auf der Grundlage des gleitenden Durchschnitts eines angemessenen in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Referenzzinssatzes vorzunehmen, der dem Konzept des von der Beklagten formularmäßig angebotenen S-Prämiensparvertrags möglichst nahekommt, und dessen Bestimmung im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung als Teil der rechtlichen Würdigung vom im Musterfeststellungsverfahren erkennenden Gericht selbst durchzuführen ist.

d) hilfsweise zu III. 2 c) auf der Grundlage der Werte einer von der Deutschen Bundesbank für inländische Banken veröffentlichten oder in sonstigen öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Zinssatzreihe – hilfsweise hierzu, einer bestimmten Mischung verschiedener solcher Zinssatzreihen -, welche als Referenz geeignet ist im Hinblick auf die das verfahrensgegenständliche formularmäßige Prämiensparkonzept kennzeichnenden Merkmale, wobei die Bestimmung der konkreten Zinssatzreihe – oder hilfsweise die Bestimmung mehrerer konkreter Zinssatzreihen und ihres Mischungsverhältnisses – im Rahmen der ergänzenden Auslegung als Teil der rechtlichen Würdigung vom Gericht selbst durchzuführen ist.

3. Es wird hilfsweise zu III. 2. d) festgestellt,

a) dass es nach dem Konzept der in den Anträgen zu III. l. a) und 1. b) genannten verfahrensgegenständlichen formularmäßigen Prämiensparverträge der Beklagten allein interessengerecht ist, im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung als Basis einen Referenzzins für langfristige Einlagen, mit Restlaufzeit von über neun Jahren heranzuziehen,

b) hilfsweise zu III. 3. a), dass für die in den Anträgen zu III. 1. a) und l. b) genannten verfahrensgegenständlichen formularmäßigen Verträge der in der Statistik der Deutschen Bundesbank veröffentlichte Zinssatz "gleitender 3-Monats-Euribor", Zeitreihenkennung BBK01.SU0316G, nicht geeignet ist — auch nicht nur anteilsmäßig an einem Referenzmischzins — bei der ergänzenden Vertragsauslegung zur Bestimmung des Anpassungsmaßstabes (Referenzzinses) für die Zinsanpassung einbezogen zu werden,

c) hilfsweise zu III. 3. a), dass es sich bei den S-Prämiensparverträgen der Beklagten unter Zugrundelegung der im Antrag zu III. 1. a) und l. b) aufgeführten formularmäßigen Regelungen dem Gegenstand der Leistung und der typischen Interessenlage der Parteien nach um langfristige, auf eine Dauer von in der Regel mindestens 20 Jahren eingelegte Vertragsverhältnisse handelt.

4. Anpassungszeitpunkt / -intervall und Anpassungsschwelle

a) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, aufgrund der Änderungen des im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ermittelten Referenzzinssatzes die Zinsanpassung in den formularmäßigen S-Prämiensparverträgen gemäß der Anträge zu III. 1. a) und 1. b) monatlich und ohne Berücksichtigung einer Zinsschwelle vorzunehmen,

b) hilfsweise zu III..4. a) wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, aufgrund des im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ermittelten Referenzzinssatzes, die Zinsanpassung zu den formularmäßigen Prämiensparverträgen gemäß der Anträge zu III. 1. a) und 1. b) nach Anpassungsparametern hinsichtlich Anpassungsintervall und Anpassungsschwelle vorzunehmen, deren Bestimmung im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung als Teil der rechtlichen Würdigung vom im Musterfeststellungsverfahren erkennenden Gericht selbst durchzuführen ist.

5. Wahrung des relativen Zinsabstands bei der vertraglichen Zinsanpassung

a) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, bei der Zinsanpassung in den formularmäßigen S-Prämiensparverträgen gemäß der Anträge zu III.1. a) und 1. b) zur Beachtung des Äquivalenzprinzips das relative Verhältnis zu wahren, welches zwischen dem anfänglich vereinbarten variablen Zinssatz zum im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ermittelten Referenzzinssatz im Zeitpunkt des Vertragsschlusses besteht und zu berücksichtigen, dass ein negativer vertraglicher Zinssatz ausgeschlossen ist,

b) hilfsweise zu III. 5. a) wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, aufgrund des im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ermittelten Referenzzinssatzes, die Zinsanpassung in den formularmäßigen S-Prämiensparverträgen gemäß der Anträge zu III.1. a) und 1. b) im Hinblick auf den Zinsabstand zwischen Vertragszins und Referenzzinssatz zur Beachtung des Äquivalenzprinzips unter Wahrung eines Verhältnisses vorzunehmen, dessen Bestimmung im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung als Teil der rechtlichen Würdigung vom im Musterfeststellungsverfahren erkennenden Gericht selbst durchzuführen ist, und es wird festgestellt, dass der vertragliche Zinssatz nicht negativ werden kann.

IV. Feststellungen zur Verjährung

1. Es wird festgestellt, dass der vertragliche Anspruch von Kunden der Beklagten, die Verbraucher sind, in Bezug auf das Guthaben inklusive der Zinsen aus den formularmäßigen S-Prämiensparverträgen gemäß der Anträge zu I. 1. und I. 2. frühestens ab dem Zeitpunkt der wirksamen Beendigung des Sparvertrages entsteht.

Die Musterbeklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie macht geltend, dass die von ihren Rechtsvorgängerinnen für die Zinsanpassung gewählte Kombination von kurzfristigen und langfristigen Zinsreihen den beiderseitigen Interessen entspricht und angemessen ist.

Sie behauptet, die Kalkulation der Prämiensparverträge sei auf der Grundlage der branchenüblichen Marktzinsmethode erfolgt, bei der jedes Bankgeschäft auf der Grundlage eines fristen- bzw. laufzeitkongruenten Geld- und Kapitalmarktzinssatzes kalkuliert werde. Jedem Bankgeschäft werde ein hypothetisches Kapitalmarktgeschäft mit gleichem Laufzeitverhalten (Fristenkongruenz) als hypothetisches Gegengeschäft (Opportunitätsgeschäft) zugeordnet. Auf diese Weise werde jedes Bankgeschäft über die Verrechnung mit den aktuellen Renditen am Geld- und Kapitalmarkt bewertet. Zur Ermittlung eines abstrakt-generellen Opportunitätsgeschäfts müsse die Bankensteuerung verschiedene Kriterien heranziehen, nämlich die formaljuristische Laufzeit der Einlage, die prognostizierte Fälligkeit der Spareinlage, die Zinserwartung des Kunden und die effektive Laufzeit.
Bei Spareinlagen mit gesetzlicher Kündigungsfrist sei für die Wahl der entsprechenden Marktzinsreihe gerade die Kündigungsfrist ausschlaggebend. Hierbei gelte das zur Anwendung kommende betriebswirtschaftliche Vorsichtsprinzip, denn kalkulatorisch könne der Sparkasse die Einlage nach nur drei Monaten bzw. bis zu einem Betrag von 2.000 sogar innerhalb eines Monats nicht mehr zur Verfügung stehen und folglich auch nicht mehr zur Refinanzierung des Aktivgeschäfts dienen. Danach sei vorliegend ein 3-Monatszins auszuwählen, dem gegebenenfalls noch ein Tagesgeldzins beizumessen sei, um die formaljuristischen Laufzeit des Vertrages abzubilden.
Die prognostizierte Fälligkeit bestimme sich nach der durchschnittlichen Kapitalbindung bei entsprechenden Verträgen. Mit dieser Betrachtung werde dem Umstand Rechnung getragen, dass dem Kreditinstitut die Spareinlage eventuell länger zur Verfügung stehe und deshalb ein längerfristiges Opportunitätsgeschäft zu finden sei. In die Betrachtung werde dabei die durchschnittliche Kapitalbindung einbezogen. Dies erfolge durch Beimischung verschiedener Marktzinssätze (4 verschiedene Laufzeitbereiche), um einen gewichtigen Marktzins zu erhalten. Mit diesem Kriterium werde dem Umstand Rechnung getragen, dass es auch im Kundeninteresse stehen solle, trotz der jederzeitigen Verfügbarkeit, die Einlage stehen zu lassen.
Die Zinserwartung des Kunden sei auch geprägt von der Zinsanpassungsdynamik. Diese beschreibe die Reaktion des Zinssatzes in Relation zum Referenzzins. Bei einer sehr starken Gewichtung langfristiger Referenzzinsen erfolge die Zinsanpassung träge, d. h. mit einer schwachen Dynamik. Bei Verträgen mit kurzfristiger Kündigungsmöglichkeit seien bei steigenden Zinsen und träger Zinsanpassung kundenseitige Kündigungen zu erwarten, um zu höherverzinslichen Alternativprodukten zu wechseln. Umgekehrt führe eine zu starke Gewichtung kurzfristiger Referenzzinsen bei sinkenden Zinsen zu einer großen Dynamik. Auch dieser Aspekt führe zu einer erhöhten Erwartung kundenseitigen Aufkündigung. Beide Effekte widersprächen aber den Anforderungen der Gesamtbanksteuerung anhand konstant planbarer Volumen.
Die Berücksichtigung der effektiven Laufzeit trage der Besonderheit Rechnung, dass aufgrund eines Ansparvorgangs durch monatlich konstante Sparraten die (rechnerische) Kapitalbindung finanzmathematisch zu einer Halbierung der tatsächlichen Vertragslaufzeit führe. Bei einer 15-jährigen tatsächlichen Vertragslaufzeit betrage die effektive Vertragslaufzeit 7,5 Jahre. Nur in diesem Zeitraum stehe der Sparkasse die sukzessiv geleistete Einlage insgesamt effektiv zur Verfügung.
Die Volumina, die durch den Vertrieb der Verträge insgesamt aufgebaut wurden, seien bei der Stadt- und Saalkreissparkasse Halle bis in das Jahr 2005 hinein als Tranche 1 geführt worden. Bis zu diesem Zeitpunkt sei der Produktzins über einen Referenzzins auf Basis einer Mischung von aktuellen Tageszinssätzen (Basiswerte) der Laufzeiten 3 Monate (20 v.H.), 5 Jahren (20 v.H.) und 10 Jahre (60 v.H.) ermittelt worden. Diese Berechnung habe der internen Kalkulation gedient und nicht zwingend zu einer Änderung des Produktzinses geführt.
Die Ausstattung des Produkts mit einer fest vorgegebenen Prämienstaffel führe dazu, dass mit sinkenden Produktzins der Renditeeffekt der Prämienzahlungen steige. Das bedeute in der Betrachtung der Tranche 1 im 15. Laufzeit-Jahr (also bei Erreichen der höchsten Prämienstufe von 50 %) bei einem unterstellten Produktzins von 0 % eine Rendite der Prämien von ca. 2,31 %. Bei einem Produktzins von 5 % betrage die Rendite der Prämien nur ca. 1,79 %. Zur Vermeidung eines betriebswirtschaftlichen Verlustes sei daher eine zu erzielende Marge von mindestens 2,31 % erforderlich. Dabei sei als Marge nach dem Marktzinsmodell die Differenz zwischen dem zinsänderungsrisikofreien Referenzzins (Bewertungszins) und dem Produktzins definiert. Die Marge soll möglichst konstant und unabhängig von der Marktzinsentwicklung sein, damit betriebswirtschaftliche Verluste vermieden würden.
Bei der Stadt- und Saalkreissparkasse Halle sei die Referenzierung aus 45 % gleitender 3-Monats Euribor BBK 01.SU316 G und 55 % gleitender Durchschnitt des 10- Jahreswertes (Zinsstruktur am Rentenmarkt; Schätzwerte mit einer Restlaufzeit von 10 Jahren) BBK01WZ3459 erfolgt.
Zum Ende des Jahres 2005 bzw. Anfang des Jahres 2006 sei bei Stadt- und Saalkreissparkasse Halle die Tranche 1 eingestellt und die Tranche 2 aufgelegt worden. Unter Berücksichtigung des vorgenannten Mischungsverhältnisses sei ein Abzug von 315 Basispunkten (3,15 %) zur Berechnung des Produktzinses vom Referenzzins festgelegt worden (Beweis: Produktbedingungen Tranche 2, Anl. B4, Bl. 108 II). Die neu aufgelegten Prämiensparverträge enthielten folgende Zinsanpassungsklausel:“

2. Die Sparkasse zahlt einen variablen Zinssatz auf das Gesamtguthaben am Ende eines Kalenderjahres. Der jeweils gültige Zinssatz für das Prämiensparen flexibel wird durch Aushang in den Geschäftsräumen der Sparkasse bekannt gegeben und kann im Internet abgerufen oder telefonisch erfragt werden. Die Mindestverzinsung ist gleich der Verzinsung für Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist. Sofern der rechnerisch ermittelte Kundenzinssatz unter der Mindestverzinsung liegt, ist die Sparkasse zur Zinserhöhung erst dann verpflichtet, wenn dieser Wert des rechnerisch ermittelten Kundenzinssatzes wieder über das Niveau der Mindestverzinsung steigt.
Die Zinsanpassung während der Vertragslaufzeit erfolgt nach dem folgenden beschriebenen Verfahren. Die Zinsanpassung richtet sich nach einer Veränderung des Referenzzinssatzes. Der Referenzzinssatz ist der zum Monatsultimo ermittelte gewichtete und auf zwei Stellen hinter dem Komma kaufmännisch gerundete Wert. Der Referenzzinssatz setzt sich zusammen aus 45 % gleitendem 3-Monatsgeld und 55 % gleitendem 10-Jahreszins. Die Sparkasse wird die Entwicklung des Referenzzinssatzes regelmäßig zum ersten Bankarbeitstag des Monats überprüfen. Hat sich zu diesem Zeitpunkt der Referenzzinssatz gegenüber seinem maßgeblichen Wert bei Vertragsabschluss bzw. der letzten Zinsanpassung verändert, sinkt oder steigt der Sparzins — kaufmännisch gerundet auf glatte 0,05 Prozentpunkte - um ebenso viele Prozentpunkte mit Wirkung zum 15. Kalendertag des jeweiligen Monats. Die Höhe des Referenzzinssatzes bei der Zinsanpassung wird im Preisaushang bekannt gegeben!“
Die Konditionenanpassung für die Verträge der Tranche 1 sei analog der Anpassungsregelung für Neuverträge der Tranche 2 erfolgt.
Für die Verträge der vormaligen Kreissparkasse Merseburg-Querfurt gelte Entsprechendes. Lediglich das Mischungsverhältnis zwischen den genannten Bezugsgrößen sei anders gewichtet gewesen: 50 % gleitender 3-Monatszins und 50 % gleitender 10-Jahreszins.
Die Musterbeklagte meint, die Klageänderung, mit der nunmehr primär die Festverzinsung der Prämiensparverträge geltend gemacht werde, sei bereits unzulässig. Sie sei nicht sachdienlich. Die nunmehr neu gestellten Klageanträge zu I.1. und I.2. sowie die Hilfsanträge zu II.1. und II.2. seien auf Feststellungziele gerichtet, die den ursprünglich gestellten Klageanträgen diametral entgegenstünden. Der bisherige Prozessstoff sei daher nicht verwertbar. Dies setze aber die Sachdienlichkeit einer Klageänderung voraus. Zudem berge sie die Gefahr, dass die derzeit für die ursprünglichen Klageanträge angemeldeten Verbraucher gegen ihren Willen an ein nicht durch sie zu beeinflussendes Verfahrensergebnis gebunden wären. Dies sei mit Art. 103 Abs. 1 GG unvereinbar. Im Rahmen der Musterfeststellungsklage könne die Sachdienlichkeit einer Klageänderung nur angenommen werden, wenn die Feststellungziele nicht wesentlich verändert würden und die Änderung der Feststellungziele aus der Sicht eines verständigen Anmelders keinen Einfluss auf dessen Entschluss zur Anmeldung haben können. Die Umstellung der Klageanträge sei aber nicht nur wesentlich, sondern beeinflusse darüber hinaus die mit der Anmeldung durch die Verbraucher verbundene Intention, auf Basis der von ihnen getroffenen Entscheidung für die Zinsvariabilität die Parameter für die Berechnung und Anpassung der gewünschten und als feststehend angesehen variablen Grundverzinsung feststellen zu lassen. Jedenfalls wäre, wollte man die Klageänderung als zulässig erachten, eine Trennung der Verfahren gemäß §§ 610 Abs. 5 i.V.m. 142 Abs. 1 ZPO erforderlich. Denn die angemeldeten Verbraucher könnten auf eine mit ihren Interessen nicht vereinbare Klageänderung ausschließlich durch eine vollständige Rücknahme ihrer Anmeldung reagieren. Wegen dieses Alles oder-nichts-Grundsatzes seien die mit der Klageänderung neu eingeführten Klageanträge prozessual zwingend selbstständig zu behandeln, sodass insoweit auch ein separates Anmeldeverfahren durchzuführen sei. Denn nur so könne gewährleistet werden, dass diese Anträge tatsächlich durch die notwendige Anzahl von Verbraucher im Sinne des § 606 Abs. 3 Nr. 2 und 3 ZPO gestützt würden.

Jedenfalls seien die neuen Klageanträge zu I. und Hilfsanträge zu II. unzulässig. Die fehlende Statthaftigkeit ergebe sich daraus, dass der Musterkläger auch mit den neuen Anträgen die Überprüfung allgemeiner Geschäftsbedingungen begehrt. Bei Verstößen durch die Verwendung von unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei die Klage nach dem Unterlassungsklagegesetz (UKlaG) vorgesehen. Zudem sei nicht sichergestellt, dass die neuen Feststellungziele durch die notwendige Anzahl an Verbrauchern gestützt würden.

Die weiteren Feststellungziele zu III. und IV. genügten nicht dem Bestimmtheitserfordernis der §§ 606 Abs. 1 ZPO i.V.m. 253 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO, weil sie nicht das betroffene materielle Recht benennen würden.

Die Anträge zu III. 2., 4. und 5. stellten keine zulässigen Festanstellungsziele im Sinne des § 606 Abs. 1 Satz ein ZPO dar, weil sie auf die Feststellung einer bestimmten Verpflichtung gegenüber den Verbrauchern gerichtet seien. Sie setzten dementsprechend einen Anspruch der Verbraucher auf die Vornahme dieser Handlungen voraus. Würde also ihre Verpflichtung zur Vornahme der beantragten Handlungen festgestellt, würde dies eine Feststellung von Ansprüchen der Verbraucher ihr gegenüber implizieren. Ansprüche selbst seien indes keinen tauglichen Feststellungziele.

Die Ansprüche zu III. 2. bis 5. seien auch deshalb unzulässig, weil sie in der Sache auf die Feststellung individueller Anspruchsvoraussetzungen gerichtet seien. Der Musterkläger begehre der Sache nach die generalisierte Feststellung, wie die ergänzende Vertragsauslegung im Hinblick auf die Zinsanpassung in allen Verträgen zu erfolgen habe. Damit seien diese Feststellungziele auf die Maßstäbe für die konkrete Zinsberechnung bei der individuellen Vertragsabwicklung gerichtet. Dies sei jedoch eine einzelfallbezogene Frage, die einer generalisierenden Betrachtung nicht zugänglich sei.

Hinsichtlich der Anträge zu III. 1. fehle dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis, weil diese Anträge keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen beträfen. Die Unwirksamkeit der Zinsänderungsklausel sei hinreichend geklärt. Sie habe dies zu keinem Zeitpunkt reklamiert. Dass die Lücke im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen werden müsse, sei höchstrichterlich geklärt.

Hinsichtlich des Feststellungziels IV. 1., das potentielle Einreden der Verbraucher betrifft, fehle dem Kläger ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis. Die Einrede der Verjährung stellte auf jeweils individuelle Voraussetzungen ab, die nicht Gegenstand einer Musterfeststellungsklage sein könnten.

Die Feststellungsanträge zu I. und II. seien offensichtlich unbegründet. Im Hinblick auf die variable Verzinsung bestehe schon keine Vertragslücke. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs habe sie mit den Kunden jeweils wirksame variable Zins-abreden getroffen. Die von dem Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vorgenommene Trennung zwischen der vertraglich wirksam vereinbarten variablen Zinsabrede einerseits und der nicht ordnungsgemäß vereinbarten - weil fehlenden - Zinsanpassungsabrede andererseits stehe entgegen der Annahme des Klägers im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH und stelle keinen Verstoß gegen das Transparenzgebot dar.
Selbst wenn im Hinblick auf die Vereinbarung der Zinsvariabilität eine Vertragslücke angenommen werden könnte, wäre diese wie auch die fehlende Zinsanpassungsklausel im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH in Anwendung der §§ 133, 157 BGB durch eine an den beiderseitigen Parteiinteressen orientierte ergänzende Vertragsauslegung zu füllen. Der ergänzenden Vertragsauslegung nach den §§ 306 Abs. 2, 157 BGB stehe Art. 6 Abs. 1 RL 93/13 nicht entgegen.
Da die Vereinbarung über die Zinsvariabilität als selbstständiger Teil der Zinsvereinbarung wirksam sei, scheide eine Anwendung des § 246 BGB aus, weil die Parteien sich für eine variable Verzinsung und gerade nicht für die Zahlung eines festen Zinssatzes entschieden hätten. Anhaltspunkte dafür, dass die Spareinlage einem festen, unveränderlichen Zinssatz unterworfen sein sollte, bestünden demgegenüber nicht.
Aus den vorgenannten Gründen seien auch die Hilfsanträge zu II. unbegründet.

Hinsichtlich der Feststellungsziele zu III. meint die Musterbeklagte, die getroffene Vereinbarung der Variabilität der Verzinsung sei ebenso wirksam wie die Vereinbarung des anfänglichen Vertragszinses. Vor der Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs im Jahr 2004 (Urteil vom 17. Februar 2004, XI ZR 140/03) sei das Fehlen konkreter Zinsanpassungsregelungen in den Sparverträgen, so auch in den Prämiensparverträgen, üblich gewesen und von der Rechtsprechung bis dahin auch unbeanstandet geblieben. Dies sei bei der Vertragsergänzung zu beachten. Sie habe entsprechend der in dem Urteil genannten konkreten Anforderungen an die Wirksamkeit einer Zinsanpassungsklausel die Tranche 2 der Prämiensparverträge aufgelegt. Hierzu trägt sie ergänzend vor, nach Nr. 3.1 der in die zugrunde liegenden Prämiensparverträge einbezogenen Bedingungen für den Sparverkehr würden die Kunden über den jeweils gültigen Zinssatz durch Aushang in den Kassenräumen informiert. Die Information sei bei ihr über den Preisaushang erfolgt. Die jeweils aufgelaufenen Zinsen würden dem Kunden zum Schluss des Geschäftsjahres gutgeschrieben und der Spareinlage zugeschlagen. Die Höhe der jährlichen Zinsen hätten die Kunden ihren Sparbucheinträgen entnehmen können. Bis zum Jahre 2009 habe sie die Änderung der Verzinsung auch im Sparbuch kommuniziert.

Die Musterbeklagte vertritt die Auffassung, die beanstandeten Klauseln seien als kontrollfreie Vereinbarung einer Zinsvariabilität nach herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur wirksam. Bei einer etwaigen ergänzenden Vertragsauslegung müssten die berechtigten Interessen beider Vertragspartner berücksichtigt werden. Maßgeblich sei die Marktzinsmethode als branchenübliche Grundlage der bankinternen Kalkulation. Unter Beachtung der beiderseitigen Interessen sei die von ihren Rechtsvorgängerinnen gewählte Kombination von kurzfristigen und langfristigen Zinsreihen nicht zu beanstanden (Feststellungsziele III.2.).

Auch bei der ergänzenden Vertragsauslegung sei das bei Vertragsschluss bestehende Äquivalenzverhältnis der vertraglichen Leistungspflichten der Parteien zu beachten und zu respektieren. Unter Beachtung der Marktzinsmethode habe sie die Zinsanpassung unter Wahrung eines absoluten Zinsabstandes praktiziert (Feststellungsziele III.5.). Dieses Vorgehen sei interessengerecht, zulässig und normativ geboten. Eine Zinsanpassung unter Wahrung eines relativen Zinsabstandes verändere das bei Vertragsabschluss angelegte Grundgefüge der Sparverträge. Eine relative Zinsanpassung führe im Falle steigender Zinsen zu einer unangemessen hohen Margenausweitung des Kreditinstituts, wodurch das anfängliche Äquivalenzgefüge nachhaltig gestört werden würde. Im Gegensatz zur absoluten Zinsanpassung mit gleichbleibender Marge führe die relative Zinsanpassung nicht zu einer für die Bank konstanten Marge. Sie entspreche damit nicht den typischen Interessen der Parteien. Für den Kunden stehe auch bei Abschluss des Vertrages der absolute Abstand zum Referenzzins im Vordergrund. Es sei bereits wenig plausibel, dass ein Kunde bei Vereinbarung eines Sparvertrages einen relativen Abstand zwischen Vertragszins und Referenzzins in Höhe eines Prozentsatzes oder einer Dezimalzahl als transparent ansehen würde. Für den Kunden sei entscheidend, welche absolute Zahl den Abstand zwischen Referenzzins und den Vertragszins ausmache. Zudem verletzte ein relativer Zinsabstand das Verbot der Gewinnausweitung.

Zinsänderungsklauseln stellten eine spezielle Ausprägung des Preisanpassungsrecht dar. Das Verbot der Gewinnausweitung sei Teil der Wahrung des Äquivalenzverhältnisses.

Zudem könnten relative Margen im bankinternen Risikomanagement nicht abgebildet werden. Allein die Vereinbarung eines relativen Zinsabstandes könne auch nicht die Gefahr einer negativen Verzinsung ausschließen. Für den Fall des Absinkens des Referenzzinssatzes unter 0 sinke auch der Vertragszins unter 0, selbst wenn ein relativer Zinsabstand vereinbart worden wäre. In den vorliegenden Vertragskonstellationen sei allerdings ihre Verpflichtung zur Zahlung eines Zinses auf die Spareinlage enthalten.

Zudem habe sie als untere Grenze der Verzinsung der Spareinlagen den Zinssatz für Spareinlagen mit 3-monatiger Kündigungsfrist vergütet. Schließlich sei unter Einbeziehung der Prämienzahlung eine Negativverzinsung ausgeschlossen.
Die bei den Verträgen der vormaligen Kreissparkasse Merseburg-Querfurt zugrunde gelegte Anpassungsschwelle von 0,25 % sei angemessen wie interessengerecht. Auch sei das gewährte Anpassungsintervall in Form einer monatlichen (Verträge der vormaligen Stadt- und Saalkreissparkasse) bzw. quartalsweisen (Verträge der vormaligen Kreissparkasse Merseburg-Querfurt) Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung nicht zu beanstanden (Feststellungsziele III.4.).

Entgegen dem Feststellungziel IV.1 entstehe der Zinsanspruch nach der vertraglichen Vereinbarung i.V.m. Nr. 3 der Bedingungen für den Sparverkehr jährlich zum Ende des Kalenderjahres. Anderenfalls könnte ein Anspruch auf Zinskapitalisierung und mit Verzinsung nicht vor Beendigung des Vertrages entstehen. Auch der Anspruch auf Gutschrift der jeweiligen Sparraten, die letztendlich zusammen mit Zinsen und Prämien des Gesamtguthaben bilden, entstehe nicht erst mit Beendigung der Sparverträge. Bezogen auf den jährlichen Zinsanspruch gelte gleichermaßen, dass dieser mit dem Ende eines jeden Geschäftsjahres als Anspruch auf Gutschrift entstehe.

Für den Zinsnachzahlungsanspruch gelte die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren. Die subjektiven Voraussetzungen für den Beginn der Verjährungsfrist hätten spätestens nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13. April 2010, wenn nicht schon nach der vom 17. Februar 2004 vorgelegen. Allein die Verjährung des Anspruchs auf Auszahlung des Gesamtguthaben habe erst mit dessen Fälligkeit, die mit der Beendigung des Vertrages eintrete, begonnen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Friedrich Thießen vom 25. April 2022 (Bl. 2 bis 18 Bd. V d.A.), das Ergänzungsgutachten vom 24. August 2022 (Bl. 102 bis 143 Bd. V d.A.), das Ergänzungsgutachten 2 vom 7. Dezember 2022 (Bl. 19 bis 24 Bd. VI d.A) sowie die ergänzenden Ausführungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung (Sitzungsprotokoll Bl. 27 bis 29 Bd. VI d.A) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Zulässigkeit

Die Musterfeststellungsklage ist mit Ausnahme der Anträge zu III. 1. a) und b) zulässig.

Nach § 606 Abs. 1 S. 1 ZPO können qualifizierte Einrichtungen mit der Musterfeststellungsklage die Feststellung des Vorliegens oder Nichtvorliegens von tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für das Bestehen oder Nichtbestehen von Ansprüchen oder Rechtsverhältnissen (Feststellungsziele) zwischen Verbrauchern und einem Unternehmer begehren.

Zugunsten des Musterklägers wird gemäß § 606 Abs. 1 S. 4 ZPO unwiderleglich vermutet, dass er eine qualifizierte Einrichtung im Sinne des § 606 Abs. 1 S. 1 ZPO ist, weil es sich bei ihm um den Dachverband aller 16 Verbraucherzentralen und 26 weiterer Verbraucherschutzorganisationen in Deutschland handelt und er glaubhaft gemacht hat, dass er überwiegend mit öffentlichen Mitteln gefördert wird.

Der Musterkläger hat zudem gemäß § 606 Abs. 3 Nr. 2 ZPO glaubhaft gemacht, dass von den jeweiligen Feststellungszielen - soweit sie zulässig sind - die Ansprüche und Rechtsverhältnisse von mindestens zehn Verbrauchern abhängen. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass es sich bei den in der Musterklage unter III. im Einzelnen benannten Personen um Verbraucher im Sinne des § 29c Abs. 2 ZPO handelt. Von diesen sind jetzt noch hinsichtlich der zunächst unter Verwendung des Vordrucks des Deutschen Sparkassen Verlags geschlossenen Prämiensparverträge elf Verbraucher und hinsichtlich der nachfolgend geschlossenen Sparverträge Flexibles S-Prämiensparen bzw. S-Prämiensparen flexibel zwölf Verbraucher und gegebenenfalls ihre Ehepartner und in einem Fall die Erben des ursprünglichen Vertragspartners betroffen.

Es haben bis zum 18. November 2020 und damit binnen zwei Monaten nach der öffentlichen Bekanntmachung der Musterfeststellungsklage am 18. September 2020 und der Eintragung im Register 338 Verbraucher und damit mehr als die für die Zulässigkeit der Musterfeststellungsklage erforderlichen mindestens 50 Verbraucher ihre Ansprüche zur Eintragung im Klageregister wirksam eingetragen (§ 606 Abs. 3 Nr. 3 ZPO).

Die Klageerweiterung vom 28. Juni 2021 um die nunmehrigen Feststellungziele zu I. und II., mit denen bei unverändertem Klagegrund hauptsächlich der gesetzliche Zins nach § 246 BGB, hilfsweise die Verzinsung mit dem Anfangszinssatz geltend gemacht wird, ist zulässig (§§ 610 Abs. 5, 263, 264 ZPO). Einer etwaigen Klageerweiterung steht insbesondere nicht entgegen, dass im Rahmen des Musterklageverfahrens keine der Vorschrift des § 15 KapMuG entsprechende Regelung vorgesehen ist. § 15 KapMuG erlaubt vor dem Hintergrund der anderen Verfahrensstruktur sowohl dem dortigen Musterkläger als auch dem dortigen Musterbeklagten und den dortigen Beigeladenen eine Erweiterung des Musterverfahrens um weitere Feststellungziele. Der Anwendungsbereich der Vorschrift geht damit im Interesse der umfassenden Klärung aller erheblichen Streitpunkte über eine nach den allgemeinen Vorschriften mögliche Klageerweiterung hinaus. Aus dem Fehlen einer § 15 KapMuG entsprechenden Vorschrift im Musterfeststellungsverfahren lässt sich daher nicht der Schluss ziehen, dass eine Klageerweiterung nach den allgemeinen Vorschriften ausgeschlossen wäre (BGH, Beschluss vom 30. Juli 2019, VI ZB 59/18, Rn. 15, juris).

Bei den Anträgen handelt es sich um geeignete Feststellungsziele.

§ 606 Abs. 1 S. 1 ZPO greift den identischen Begriff des § 2 Abs. 1 KapMuG in veränderter Form auf und erweitert so gegenüber § 256 Abs. 1 ZPO den Kreis zulässiger Feststellungsanträge (G. Vollkommer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Aufl. 2022, § 606 ZPO, Rn. 4). Ziel der Musterfeststellungsklage ist es, ein Feststellungsziel oder mehrere Feststellungsziele einheitlich mit Breitenwirkung feststellen zu lassen. Über § 256 ZPO hinaus können dabei auch einzelne Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses oder einer Anspruchsgrundlage festgestellt werden. Des Weiteren können reine Rechtsfragen
mit Bedeutung für eine Vielzahl von betroffenen Rechtsverhältnissen geklärt werden (BRDrs 176/18, 20).

Mögliche Feststellungsziele sind mithin tatsächliche und rechtliche Voraussetzungen für das Bestehen oder Nichtbestehen von Ansprüchen oder Rechtsverhältnissen. Die beantragte Feststellung muss folglich bei der Entscheidung über den Anspruch erheblich im Sinne einer Vorgreiflichkeit sein (BeckOK ZPO/Lutz, 41. Ed. 1.7.2021, ZPO § 606 Rn. 15).

Individuelle Anspruchsvoraussetzungen können nicht Gegenstand eines Feststellungsziels sein… Jedoch können auch aus diesen Bereichen ausnahmsweise einzelne Tatbestandsvoraussetzungen oder Auslegungsfragen Feststellungsziele sein, wenn jeweils eine Betroffenheit von zehn Verbrauchern gegeben ist. Nicht als Feststellungsziel geeignet sind Fragen, die nur individuell entschieden werden können und die nicht bei den Ansprüchen der Verbraucher gleichermaßen von Bedeutung sind (BeckOK ZPO/Lutz, 41. Ed. 1.7.2021, ZPO § 606 Rn. 16).

Ein Anspruch als solcher ist kein mögliches Feststellungsziel. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 606 Abs. 1 ZPO und liegt auch in der Natur der Sache, da es immer Anspruchsvoraussetzungen gibt, die nur individuell geprüft werden können. Dies gilt auch für die Feststellung eines Anspruchs dem Grunde nach, da eine solche Feststellung voraussetzt, dass der Anspruchsgrund vollständig zu bejahen ist, einschließlich individueller Einreden wie Verjährung, Verwirkung und so weiter (BeckOK ZPO/Lutz, 41. Ed. 1.7.2021, ZPO § 606 Rn. 16).

Die beantragten Feststellungen müssen zusammen mit den weiteren Anspruchsvoraussetzungen geeignet sein, einen Anspruch zu begründen. Die Konnexität ist gegeben, wenn bei Richtigkeit des vorgetragenen Sachverhalts den Verbrauchern Ansprüche zustünden, wobei nicht erforderlich ist, dass die Feststellungsziele sämtliche tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen des Anspruchs erfassen (BeckOK ZPO/Lutz, 41. Ed. 1.7.2021, ZPO § 606 Rn. 51 unter Bezugnahme auf OLG Dresden, Urteil vom 22. April 2020, 5 MK 1/19, Rn. 60).

Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei den Anträgen um statthafte Feststellungsziele. Die Anträge zu I. bis IV.1. betreffen alle eine das Rechtsverhältnis zwischen den Verbrauchern und der Musterbeklagten bestimmende einheitlich zu beantwortende Rechtsfrage. Die Anträge zu III. 2., 4. und 5. sind nicht auf die Feststellung einer Verpflichtung der Musterfeststellungsbeklagten gerichtet, sondern dahin zu verstehen, dass der Senat die Parameter der Zinsanpassung festlegen soll.

Soweit der Musterkläger einzelne der Rechtsfragen mit einer Klage nach dem UKlaG hätte klären können, steht dies der Zulässigkeit der Musterfeststellungsklage nicht entgegen. Beide Klagemöglichkeiten bestehen mit ihren jeweiligen spezifischen Rechtsschutzzielen nebeneinander und verdrängen sich nicht wechselseitig. Das Rechtsschutzziel eines Verbandsprozesses nach dem UKlaG ist anders als das der Musterfeststellungsklage darauf gerichtet, die Verwendung unwirksamer AGB zu verbieten (§ 1 UKlaG), so dass sich dort die Frage nach der Füllung einer durch die Unwirksamkeit einer Klausel entstandenen Vertragslücke von vornherein nicht stellt (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2021, XI ZR 234/20, Rn. 45 juris). Mit der Musterfeststellungsklage können hingegen auch von einer etwaigen Unwirksamkeit ausgehende Folgefragen einer verbindlichen Klärung zugeführt werden. Ein zumindest partiell weitergehender Rechtsbehelf wird durch einen seine Rechtsschutzintensität nur teilweise abdeckenden anderen Rechtsbehelf nicht verdrängt (OLG Dresden, Urteil vom 22. April 2020, 5 MK 1/19, Rn. 64 mit weiteren Nachweisen, juris).

Hinsichtlich der Feststellungsziele zu III. 1 a) und b), das Fehlen einer wirksamen Zinsanpassungsklausel betreffend, fehlt es indes bereits an dem für die Zulässigkeit einer Feststellungsklage erforderlichen Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO. Hierfür reicht ein allgemeines Klärungsinteresse nicht aus. Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist nur gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (BGH, Urteil vom 13. Januar 2010, VIII ZR 351/08, Rn. 12, juris). Dem subjektiven Recht des Klägers muss eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit dadurch drohen, dass der Beklagte es ernstlich bestreitet oder er sich eines Rechts gegen den Kläger berühmt (Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Aufl. 2022,
§ 256 ZPO, Rn. 7). Daran fehlt es hier, weil die Beklagte selbst davon ausgeht, dass sie mit den Verbrauchern keine wirksame Zinsanpassungsklausel vereinbart hat. Sie macht lediglich geltend, die von ihren Rechtsvorgängerinnen gewählte Kombination von kurzfristigen und langfristigen Zinsreihen sei unter Beachtung der beiderseitigen Interessen geeignet, mithin, dass die Vertragsparteien bei Kenntnis der unwirksamen Zinsanpassungsklausel eine Anpassung wie tatsächlich erfolgt vereinbart hätten. Mangels eines streitigen Rechtsverhältnisses sind die Anträge auch nicht als Zwischenfeststellungsanträge zulässig.

2. Begründetheit

2.1. Feststellungsanträge zu I. 1. und 2. sowie die hilfsweise gestellten Feststellungsanträge zu II. 1. und 2.

Die Feststellungsanträge zu I. 1. und 2. sowie die hilfsweise gestellten Feststellungsanträge zu II. 1. und 2. sind nicht begründet. Entgegen der Annahme des Musterklägers ist die Vereinbarung der Zinsvariabilität wirksam. Der Senat legt im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung die Parameter der Zinsanpassung fest.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind die streitigen Zinsänderungsklauseln insofern wegen Verstoßes gegen den auch auf vor dem 1. Januar 2002 geschlossene Prämiensparverträge nach Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB anwendbaren § 308 Nr. 4 BGB unwirksam, als sie nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen aufweisen (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2021, XI ZR 234/20, Rn. 29 und vom 13. April 2010, XI ZR 197/09, Rn. 15, juris).

Die Klauseln sind dagegen wirksam, soweit sie die Vereinbarung eines variablen Zinssatzes enthalten, weil es sich dabei um eine gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Klauselkontrolle nicht unterliegende Preisregelung der Parteien handelt. Ebenfalls nicht der Inhaltskontrolle unterliegt der anfängliche Vertragszins, der Ausgangspunkt der Zinsänderung ist (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2021, XI ZR 234/20, Rn. 28, und Urteil vom 13. April 2010, XI ZR 197/09, Rn. 16, juris).

Die Regelungslücke, die durch die Unwirksamkeit einer Zinsänderungsklausel bei gleichzeitiger Wirksamkeit der Vereinbarung über die Variabilität der Zinshöhe entstanden ist, kann nicht nach § 306 Abs. 2 BGB durch ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Bank entsprechend § 315 Abs. 1 BGB oder durch ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Verbrauchers gemäß § 316 BGB geschlossen werden. Denn das in der unwirksamen Preisanpassungsklausel enthaltene einseitige Leistungsbestimmungsrecht ist ersatzlos weggefallen (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2021, XI ZR 234/20, Rn. 41, juris). Infolgedessen hat das Gericht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) die maßgeblichen Parameter einer Zinsanpassung selbst festzustellen, die in sachlicher Hinsicht (Bindung des Vertragszinssatzes an einen aussagekräftigen Referenzzinssatz, Festlegung der Anpassungsschwelle) und in zeitlicher Hinsicht (Festlegung des Anpassungsintervalls) dem mutmaßlichen Parteiwillen entsprechen. Dabei sind vom Gericht präzise Parameter zu wählen, die dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit von Zinsänderungen genügen (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2021, XI ZR 234/20, Rn. 41, juris).

Anhand dieser Vorgaben ist eine ergänzende Vertragsauslegung entgegen der Annahme der Musterbeklagten auch im Rahmen einer Musterfeststellungsklage nach den §§ 606 ff. ZPO möglich und geboten (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2021, XI ZR 234/20, Rn. 42, juris).

Maßgebend für die vorzunehmende ergänzende Vertragsauslegung sind die in den Verträgen mit der Bezeichnung "S-Prämiensparen flexibel" typischerweise enthaltenen Bedingungen. Zu diesen gehören die vom Kunden in einem monatlichen Rhythmus zu leistende Spareinlage, die variable Verzinsung der Spareinlage, die ab dem dritten Sparjahr der Höhe nach - bis zu 50 % ab dem 15. Sparjahr - gestaffelte verzinsliche Prämie, die Kündigungsfrist von drei Monaten und der Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts der Musterbeklagten nach Nr. 26 AGB-Sparkassen bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe. Darüber hinaus ist bei den Sparverträgen der vorliegenden Art davon auszugehen, dass das Recht des Kunden, den Vertrag ordentlich mit einer Frist von drei Monaten zu kündigen, angesichts der nach Jahren gestaffelten Sparprämie keine wirtschaftlich vernünftige Handlungsoption für den Kunden darstellt und dass dem Kunden das Recht zukommt, einseitig zu bestimmen, ob er bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe und damit bis Ablauf des 15. Sparjahres spart (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2021, XI ZR 234/20, Rn. 43 mit weiteren Nachweisen, juris).

Maßstab für die ergänzende Vertragsauslegung ist bei Massengeschäften wie den streitgegenständlichen Sparverträgen ebenso wie für die Auslegung und Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht der Wille der konkreten Vertragsparteien. Es ist vielmehr auf Grund einer objektiv generalisierenden Sicht auf die typischen Vorstellungen der an Geschäften gleicher Art beteiligten Verkehrskreise abzustellen. Formularmäßige Zinsänderungsklauseln der vorliegenden Art sind typische, deutschlandweit verbreitete Vereinbarungen, bei deren Unwirksamkeit im Interesse der Rechtssicherheit eine allgemeinverbindliche ergänzende Vertragsauslegung unabhängig von den Besonderheiten des konkreten Einzelfalls sachlich geboten ist (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2021, XI ZR 234/20, Rn. 44, juris). Sofern in einzelnen Sparverträgen Individualabreden zur variablen Verzinsung getroffen worden sind, ist dies in den (ausgesetzten) Individualverfahren der angemeldeten Verbraucher zu berücksichtigen. Denn erst das Gericht, gegenüber dem das Musterfeststellungsurteil gemäß § 613 Abs. 1 ZPO Bindungswirkung entfalten soll, untersucht und entscheidet darüber, ob seine Entscheidung die Feststellungsziele und den Lebenssachverhalt der Musterfeststellungsklage betrifft (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2021, XI ZR 234/20, Rn. 44, juris).

Entgegen der Annahme des Musterklägers ist die Annahme der Unwirksamkeit nur der Zinsanpassungsklausel sowie die Lückenfüllung durch ergänzende Vertragsauslegung mit den Vorgaben des Art. 6 Abs. 1 der RL 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (im Folgenden: Klausel-RL) vereinbar.

Bedenken an der unionsrechtlichen Konformität der ergänzenden Vertragsauslegung bestehen für das Musterverfahren schon deswegen nicht, weil es der klagende Verbraucherschutzverein selbst ist, der die unwirksame Zinsänderungsklausel durch im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung gefundene Regelungen ersetzt wissen möchte. Damit hat der Musterkläger zu erkennen gegeben, dass er insoweit auf den zugunsten der Verbraucher eingeführten Schutz der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (nachfolgend: Richtlinie 93/13/EWG) verzichtet, als er selbst die Vornahme einer ergänzenden Vertragsauslegung beantragt. Diesem Willen ist jedenfalls für das Musterverfahren zu entsprechen (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2021, XI ZR 234/20, Rn. 49, juris).

Im Übrigen wird die Vereinbarkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung mit Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG von der höchstrichterlichen Rechtsprechung einhellig bejaht. Daran ist auch vor dem Hintergrund der jüngeren Rechtsprechung des Gerichtshofs (EuGH, NJW 2019, 3133 Rn. 56 ff. - Abanca Corporatión Bancaria; WM 2019, 1963 Rn.48 - Dziubak; RIW 2021, 141 Rn. 66 - Gómez del Moral Guasch; WM 2020, 2366 Rn. 32 - Banca B.; WM 2021, 273 Rn. 66 - Dexia) festzuhalten (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2021, XI ZR 234/20, Rn. 50 m.w.N., juris).

Durch die - auch in anderen Mitgliedstaaten etablierte - ergänzende Vertragsauslegung wird eine unwirksame Klausel nicht im Wege der geltungserhaltenden Reduktion, die sowohl unionsrechtlich (vgl. EuGH, IPRax 2012, 536 Rn. 69 f. - Banco Español de Credito; WM 2020, 2366 Rn. 30 f. - Banca B.; WM 2021, 1035 Rn. 67 f. - Bank BPH) als auch nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 6. April 2016 - VIII ZR 79/15, BGHZ 209, 337 Rn. 23; Senatsurteile vom 12. September 2017 - XI ZR 590/15, BGHZ 215, 359 Rn. 63 mwN und vom 20. März 2018 - XI ZR 309/16, BGHZ 218, 132 Rn. 20 mwN) unzulässig ist, angepasst. Denn sie bewirkt oder bezweckt nicht die teilweise Aufrechterhaltung einer unwirksamen Klausel, sondern setzt deren unabänderliche Unwirksamkeit gerade voraus (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2021, XI ZR 234/20, Rn. 51, juris).

Auch die jüngere Rechtsprechung des Gerichtshofs, nach der Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG das nationale Gericht nur dann nicht daran hindert, eine missbräuchliche Klausel durch eine dispositive Vorschrift des nationalen Rechts oder eine Vorschrift, die im Falle einer entsprechenden Vereinbarung der Parteien des betreffenden Vertrags anwendbar ist, zu ersetzen, wenn die Streichung der missbräuchlichen Klausel das Gericht zwingen würde, den Vertrag in seiner Gesamtheit für unwirksam zu erklären und die Unwirksamkeit des Vertrags für den Verbraucher besonders nachteilige Folgen hätte, so dass dieser dadurch geschädigt würde (vgl. EuGH, RIW 2014, 442 Rn. 80 ff. - Kásler und Káslerné Rábai; NJW 2019, 3133 Rn. 56 ff. - Abanca Corporatión Bancaria; WM 2019, 1963 Rn. 48 - Dziubak; RIW 2021, 141 Rn. 66 - Gómez del Moral Guasch; WM 2020, 2366 Rn. 32 - Banca B.; WM 2021, 273 Rn. 66 - Dexia), steht der Vornahme einer ergänzenden Vertragsauslegung infolge der Unwirksamkeit der Zinsänderungsklausel nicht entgegen. Denn die Rechte und Pflichten, die sich auf der Grundlage einer ergänzenden Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB ergeben, beruhen nicht auf einer "dispositiven Vorschrift des nationalen Rechts" im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs (vgl. EuGH, RIW 2014, 442 Rn. 80 ff. - Kásler und Káslerné Rábai; NJW 2019, 3133, juris Rn. 56 ff. - Abanca Corporatión Bancaria; WM 2019, 1963 Rn. 48 - Dziubak; RIW 2021, 141 Rn. 66 - Gómez del Moral Guasch; WM 2020, 2366 Rn. 32 - Banca B.; WM 2021, 273 Rn. 66 - Dexia) (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2021, XI ZR 234/20, Rn. 52 mit weiteren Nachweisen). Nach nationalem Recht stehen sie ihrem Rechtscharakter nach dem vertragsergänzenden dispositiven Gesetz, das gemäß § 306 Abs. 2 BGB an die Stelle der unwirksamen Klausel tritt, lediglich gleich. Die Regelungen der §§ 133, 157 BGB enthalten keine konkreten Vorgaben, wie die in Sparverträgen durch eine unwirksame Zinsänderungsklausel entstandene Vertragslücke hinsichtlich der Modalitäten der Zinsanpassung (Referenzzinssatz, Anpassungsschwelle, Anpassungsintervall und Anpassungsmethode) zu ersetzen ist. Sie bilden vielmehr allein die Grundlage für die Entwicklung von Auslegungsgrundsätzen und geben daher gerade keinen typisierten dispositiven materiell-rechtlichen Vertragsinhalt vor, den die Parteien infolge der unwirksamen Zinsänderungsklausel nicht geregelt haben. Um die Anwendung einer Vorschrift des dispositiven Rechts anstelle der unwirksamen Zinsänderungsklausel geht es daher bei der Vornahme einer ergänzenden Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB nicht (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2021, XI ZR 234/20, Rn. 52 m.w.N.).

Entgegen einer im Schrifttum teilweise vertretenen Ansicht handelt es sich bei den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung auch nicht um allgemeine nationale Vorschriften im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs, die die in einem Rechtsgeschäft zum Ausdruck gebrachten Wirkungen nach den Grundsätzen der Billigkeit oder der Verkehrssitte bestimmen (vgl. EuGH, WM 2019, 1963 Rn. 62 - Dziubak; WM 2020, 2366 Rn. 35 - Banca B.). Die im Wege der Grundsätze der ergänzenden Vertragsauslegung zu ermittelnden Regelungen werden nicht anhand der (allgemeinen) Verkehrssitte oder anhand von Billigkeitserwägungen bestimmt. Die entstandene Vertragslücke wird gerade nicht gemäß § 319 Abs. 1 BGB durch billigem Ermessen genügende Regelungen ersetzt (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2021, XI ZR 234/20, Rn. 53 m.w.N.).
Die anzuwendenden Grundsätze der ergänzenden Vertragsauslegung knüpfen vielmehr anhand eines objektiv-generalisierenden Maßstabs an die typischen Vorstellungen und an das Interesse der typischerweise an dem Vertrag beteiligten Verkehrskreise an. Durch sie wird die nach dem Vertrag bestehende formale Ausgewogenheit der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien unter Berücksichtigung ihrer beiden Interessen durch eine materielle Ausgewogenheit ersetzt und so ihre Gleichheit wiederhergestellt. Dadurch wird der ersten Zielsetzung der Richtlinie 93/13/EWG Rechnung getragen, nach der das Gericht darauf achten muss, dass die Gleichheit zwischen den Vertragsparteien wiederhergestellt wird, die durch die Anwendung der missbräuchlichen Klausel in Bezug auf den Verbraucher gefährdet worden wäre (vgl. EuGH, WM 2020, 2366 Rn. 38 - Banca B.). Auch das mit der Richtlinie 93/13/EWG weiter verfolgte Ziel, den Gewerbetreibenden davon abzuschrecken, missbräuchliche Klauseln in seine Verträge aufzunehmen (vgl. EuGH, aaO Rn. 38 - Banca B.), wird erfüllt, indem das Gericht eine ergänzende Vertragsauslegung anhand eines objektiv-generalisierenden Maßstabs vornimmt. Denn die Musterbeklagte kann die Parameter der Zinsanpassung nicht mehr einseitig festlegen und hat damit keine Gelegenheit mehr, ihre geschäftspolitischen Erwägungen über die Interessen der Verbraucher zu stellen. Damit wird den Zielsetzungen der Richtlinie 93/13/EWG (vgl. EuGH, aaO Rn. 38 - Banca B.) durch die Ersetzung der entstandenen Lücke nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung in den Sparverträgen insgesamt entsprochen (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2021, XI ZR 234/20, Rn. 53 m.w.N.).

Schließlich ist der Senat nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs (EuGH, RIW 2014, 442 Rn. 80 ff. - Kásler und Káslerné Rábai; NJW 2019, 3133 Rn. 56 ff. - Abanca Corporatión Bancaria; WM 2019, 1963 Rn. 48 - Dziubak; RIW 2021, 141 Rn. 66 - Gómez del Moral Guasch; WM 2020, 2366 Rn. 32 - Banca B.; WM 2021, 273 Rn. 66 - Dexia) auch deswegen nicht an der Ersetzung der unwirksamen Zinsänderungsklausel durch im Rahmen einer ergänzenden Vertragsauslegung zu bestimmende Regelungen gehindert, weil die Sparverträge bei Streichung der unwirksamen Zinsänderungsklausel ohne Vornahme einer ergänzenden Vertragsauslegung in ihrer Gesamtheit unwirksam wären, was für die Verbraucher besonders nachteilige Folgen hätte, so dass diese dadurch geschädigt würden (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2021, XI ZR 234/20, Rn. 54, juris).

Für die Beurteilung, ob ein Vertrag ohne die missbräuchliche Klausel bestehen kann, ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ein objektiver Ansatz maßgebend (EuGH, WM 2012, 2046 Rn. 32 - Pereničová und Perenič, WM 2021, 1035 Rn. 56 - Bank BPH). Nach diesem würden die Sparverträge, die eine - nicht der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterliegende - Vereinbarung über eine variable Verzinsung der Spareinlagen enthalten, ohne eine wirksame Vereinbarung über die Ausgestaltung der Variabilität der Verzinsung undurchführbar. Die Unwirksamkeit der Zinsänderungsklausel hätte insbesondere nicht zur Folge, dass die Musterbeklagte den Verbrauchern den bei Abschluss der Sparverträge jeweils genannten anfänglichen Zinssatz ("z.Zt. mit .. %") für die gesamte Laufzeit der Sparverträge schuldete (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2021, XI ZR 234/20, Rn.55, juris). Denn eine Verzinsung der Spareinlagen zu einem festen Zinssatz ist aus objektiver Sicht in den Sparverträgen nicht vereinbart. Fehlte es in den Sparverträgen aber an einer wirksamen Vereinbarung über die Art und Weise der Zinsanpassung, weil die Zinsänderungsklausel ersatzlos wegfiele, wäre die von der Musterbeklagten zu erbringende Hauptleistung nicht wirksam vereinbart. Das hätte zur Folge, dass die Sparverträge ohne die Zinsänderungsklausel keinen Fortbestand hätten, weil ihr Wegfall dazu führte, dass die Sparverträge, die eine variable Verzinsung vorsehen, undurchführbar würden (vgl. EuGH, WM 2019, 1963 Rn. 36, 45 - Dziubak). Die Gesamtunwirksamkeit der Sparverträge hätte deren Rückabwicklung nach bereicherungsrechtlichen Vorschriften zur Folge, was für die Verbraucher besonders nachteilige Folgen hätte. Denn die Verbraucher müssten in einem solchen Fall nicht nur die bereits erhaltenen Zinsen, sondern auch die attraktiven Zinsprämien gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB an die Musterbeklagte zurückzahlen und hätten gegen diese lediglich einen Anspruch aus § 818 Abs. 1 BGB auf Herausgabe der von der Musterbeklagten realisierten Gebrauchsvorteile (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2021, XI ZR 234/20, Rn.55 m.w.N., juris).

Die mit dem Feststellungzielen zur I. a) und b) begehrte Ersatzlösung, anstelle der unwirksamen Zinsvereinbarung eine Verzinsung nach den §§ 700 Abs. 1 S. 2 i.V.m. 488 Abs. 1 S. 2 BGB sowie § 246 BGB mit dem gesetzlichen Zins von 4 % festzustellen, hat daher keinen Erfolg.

Aus den vorgenannten Gründen sind die Prämienspareinlagen auch nicht, wie der Musterkläger mit den Hilfsanträgen zu II. 1. und 2. geltend macht, mit dem anfänglich vereinbarten Zins zu verzinsen.

2.2. Feststellungsanträge zu III.2. –Referenzzins–

Der Senat hat nachfolgend, wie von dem Musterkläger unter III. 2. beantragt, im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung den Zinssatz, auf dessen Grundlage die Anpassung des variablen Zinses für die Prämiensparverträge zu erfolgen hat, festgelegt.

Als Referenzzinssatz ist ein in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeter Zinssatz auszuwählen, der von unabhängigen Stellen nach einem genau festgelegten Verfahren ermittelt wird und der die Bank nicht einseitig begünstigt. Die in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Zinssätze genügen diesen Anforderungen. Unter den Bezugsgrößen des Kapitalmarktes ist dabei diejenige oder eine Kombination derjenigen auszuwählen, die dem konkreten Geschäft möglichst nahe kommt (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2021, XI ZR 234/20, Rn. 84). Nach dem Konzept der auf ein langfristiges Sparen angelegten Sparverträge ist es allein interessengerecht, einen Zinssatz für langfristige Spareinlagen als Referenz für die Verzinsung der Spareinlagen heranzuziehen, weil die Sparverträge angesichts der Ausgestaltung der Prämienstaffel, die eine Erhöhung der Prämie bis zum 15. Sparjahr auf 50 % der jährlichen Spareinlage vorsieht, auf ein langfristiges Sparen bis zum Ablauf des 15. Sparjahres ausgerichtet sind. Daher sind als Referenz die in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Zinssätze für Spareinlagen zugrunde zu legen, die einer Laufzeit von 15 Jahren möglichst nahe kommen (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2021, XI ZR 234/20, Rn. 85, juris).

Nach diesen Grundsätzen geht der Senat, gestützt auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Thießen, davon aus, dass die Anpassung des variablen Zinses auf der Grundlage der von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Zinssätze des Kapitalmarktes für börsennotierte Bundeswertpapiere mit 8 bis 15-jähriger Restlaufzeit (BBSIS.M.I.UMR.RD.EUR.S1311.B.A604.R0815.R.A.A._Z._Z.A, vormals WU 9554) vorzunehmen ist.

Die von der Musterbeklagten vorgenommene Zinsanpassung genügt den oben genannten Anforderungen schon deshalb nicht, weil sich der Referenzzinssatz aus einer Kombination des gleitenden 3-Monats Euribor und des gleitenden 10-Jahreszinses zusammensetzte, bei der Stadt- und Saalkreissparkasse Halle im Verhältnis von 45 % zu 55 % und bei der Kreissparkasse Merseburg-Querfurt zu gleichen Anteilen und der Referenzzins damit von einer kurzfristigen Zinsreihe maßgeblich beeinflusst wurde. Die Zinsanpassung der Musterbeklagten leidet darunter, dass sie sich an der Marktzinsmethode ausrichtet und nicht das Interesse der Verbraucher als Vertragspartner berücksichtigt. Ob die Spareinlage für den Verbraucher günstig oder ungünstig ist, bestimmt sich weder nach der Marge der Musterbeklagten noch nach deren Wiederanlagemöglichkeiten. Maßgebend ist vielmehr, ob die mit dem Sparvertrag erzielten Erträge (Zinsen und Prämien) über den durchschnittlichen Renditen vergleichbarer Anlagen liegen, die am Kapitalmarkt angeboten werden. Der durchschnittliche Marktzins bildet daher die Grundlage für die Entscheidung des typischen Sparers, den von der Musterbeklagten angebotenen Sparvertrag abzuschließen. Da die Marktzinsen zugleich die Wiederanlagemöglichkeiten der Institute angemessen reflektieren, wird mit ihnen als Referenz auch dem berechtigten Interesse der Musterbeklagten Rechnung getragen, nach dem die von ihr auf die Sparverträge zu zahlenden Zinsen an die sich verändernden Gegebenheiten des Kapitalmarkts anzupassen sind (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2021, XI ZR 234/20, Rn. 91 m.w.N., juris).

Nach der im Rahmen der vertragsergänzenden Auslegung gebotenen ex ante Betrachtung kommen als Referenzzins nur Zeitreihen in Betracht, die zu dem Zeitpunkt der Vertragsabschlüsse bereits veröffentlicht wurden. Nach den unwidersprochen gebliebenen Ausführungen des Sachverständigen wurden zwischen Januar 1992 und August 2003 lediglich die in seinem Ergänzungsgutachten vom 24. August 2022 im Anhang I gelisteten und in dem braun eingefärbten Bereich mit einem „x“ versehenen Zinsreihen in den Monatsberichten und den Beiheften zu den Monatsberichten veröffentlicht. Erst nach der Jahrtausendwende ist das Angebot an Zinsreihen deutlich größer geworden. Viele Reihen wurden nach der Digitalisierung des Datenangebotes zurückgerechnet, um den Nutzern diverse Analysen zu ermöglichen, waren aber zu den zurückgerechneten Zeiten noch gar nicht verfügbar und scheiden daher als Referenzzins aus.

Die Bestimmung des gleitenden Durchschnitts des Zinssatzes für Umlaufrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen/Hypothekenpfandbriefe, hilfsweise eines anderen von der Deutschen Bundesbank erhobenen Referenzzinssatzes, hilfsweise eines in öffentlichen Medien abgebildeten Referenzzinssatzes als Referenzzins, wie mit den Hilfsanträgen III. 2 a) bis c) begehrt, kommt deshalb nicht in Betracht, weil sich der Referenzzins, auf dessen Grundlage die Zinsanpassung zu erfolgen hat, nach den Vorgaben des Bundesgerichtshofs unmittelbar aus einer veröffentlichten Zinsreihe ergeben muss. Gleitende Durchschnitte werden erst seit 2010 von der Bundesbank ausgewiesen. Es lässt sich nicht mit dem Transparenzprinzip vereinbaren und liegt fern, dass die Vertragsparteien in den 1990er Jahren, in denen noch kein Internet verfügbar war, als Referenzzins für die Zinsanpassung einen nicht veröffentlichten gleitenden Durchschnitt eines Zinses vereinbart hätten, bei dem der Kunde bei einem Kapitalmarktprodukt mit einer Restlaufzeit von 10 Jahren (Hilfsantrag III.2.a) den maßgeblichen Zinssatz jeweils aus den 119 vergangenen Monatszinssätzen zuzüglich des aktuellen Zinssatzes hätte aufwendig ermitteln müssen.

Zudem entsprechen gleitende Durchschnitte als Referenzzins nach den schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen weder dem Interesse der Sparer noch dem der Banken. Sie haben den Nachteil, mit veralteten, historischen Zinssätzen zu arbeiten, die einem Festzins gleichkommen und zu großen Abweichungen von Marktgegebenheiten führen können, was dem Vertragscharakter der Prämiensparverträge, mit dem jederzeit anpassbaren, variablen Zins nicht angemessen ist. Das Verfahren verwendet Kapitalmarktzinsreihen mit längeren Laufzeiten, die im Rahmen von gleitenden Durchschnitten mit einer langen Durchschnittsbildungsperiode (120 Monate) verrechnet werden. D.h. eine Bank investiert 119 Monate vor dem ersten Produktverkauf in eine 10- jährige Anleihe, 118 Monate davor in eine weitere 10-jährige Anleihe etc.. Auslaufende Anleihen werden durch neue Anleihen mit gleichen Laufzeiten ersetzt. Die Folge ist, dass die Bank zu jedem Zeitpunkt ab dem Produktverkauf über ein Anleihenportfolio verfügt, das sich mit dem durchschnittlichen 10-Jahres-Zins der letzten 120 Monate verzinst. Dieser von Monat zu Monat sich leicht ändernde Ertrag steht zur Verfügung und kann zwischen Bank und Kunde geteilt werden. Resultat des Verfahrens sind sehr träge Referenzzinsreihen, die im wesentlichen vergangene Zinssätze (der letzten 119 Monate plus dem aktuellen Monat) widerspiegeln. Die Referenzzinsen reagieren nur sehr langsam auf Marktzinsänderungen, weil von 120 in die Referenzbildung einfließenden Monaten 119 der Vergangenheit angehören. Die Trägheit führt bei steigenden Zinssätzen dazu, dass der Referenzzinssatz unter dem Marktzins liegt, so dass die Gefahr besteht, dass Kunden abwandern. Dies wird als „Volumenrisiko“ bezeichnet. Wenn Kunden abwandern, müsste das Aktivportfolio abgebaut werden, was bei steigendem Zinsniveau mit Kurzverlusten verbunden ist. Es ergeben sich also Zinsänderungsrisiken. Bei sinkenden Zinsen ist der Referenzzinssatz dagegen höher als der Marktzins, weil die Bank noch über die hoch verzinslichen Anleihen der Vergangenheit verfügt, deren Renditen in den Referenzzins einfließen. Die Folge ist, dass die Bank mit Nachfrage nach Sparprodukten überschwemmt werden kann. Diese Nachfrage kann sie aber nicht bedienen, weil sie dazu in den vergangenen neun Jahren die entsprechenden Anleihen hätte erwerben müssen. Sie kann aber nur zum aktuellen Kurs und zur aktuellen Marktrendite neue Anleihen kaufen, so dass sie Neukunden nicht mehr als den aktuellen Marktzins bieten kann.
Mit Blick auf das Kündigungsrecht des Kunden ist die Bank ständig gezwungen, attraktive Konditionen zu bieten, weil der rationale Kunde immer prüft, ob für seine Geldanlage nicht bessere Leistungen angeboten werden. Preisvergleiche gehören zum Grundelement rationalen Verhaltens. Die Möglichkeit, seine Einlagen abzuziehen, führt im Ergebnis dazu, dass die Bank keine Zinsen nach der Regel der gleichen Durchschnitte anbieten kann, weil es mit gleitendem Durchschnitt dazu kommen kann, dass sich die Kundenzinssätze sehr weit von Marktzinssätzen entfernen, weshalb der Kunde dann kündigen würde.

Damit scheiden auch die von dem Musterkläger mit Schriftsatz vom 8. Dezember 2021 konkret vorgeschlagenen Zinssätze für aus der Zinsstruktur abgeleitete Renditen für Bundeswertpapiere mit jährlichen Kuponzahlungen mit einer Restlaufzeit von 10 Jahren/gleitende Durchschnitte (aktuelle Zeitreihenkennung: BBSIS.M.I.ZAR.GD.EUR.S1311.B.A604.R10XX.R.A.A._Z._Z.A, vormals WZ 3459) bzw. für aus der Zinsstruktur abgeleitete Renditen für Bundeswertpapiere mit jährlichen Kuponzahlungen mit einer Restlaufzeit von 15 Jahren/gleitende Durchschnitte (aktuelle Zeitreihenkennung: BBSIS.M.I.ZAR.GD.EUR S1311.B.A604.R15XX.R.A.A._Z._Z.A, vormals WZ 3464), aus, weil sie zum einen erst ab 2005 verfügbar waren und zum anderen gleitende Durchschnitte widergeben.

Die Kapitalmarktzinssätze basieren auf unterschiedlichen Methoden der Zinsberechnung. Nach den schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen, denen sich der Senat nach kritischer Prüfung anschließt, sind die Umlaufsrenditen den damals bereits veröffentlichten Zinsstruktur-Renditen vorzuziehen, weil sie die ursprünglichsten und einfachsten und der Realität des Marktgeschehens am nächsten sind und zudem die finanzmathematisch berechneten Zinsstruktur-Renditen vor Einführung der Svensson-Methode im Jahr 1997 nicht ganz verlässlich waren.

Von den Wertpapierzinsreihen kommen letztlich nur die für Bundesanleihen in Betracht.

Die Zinssätze für börsennotierte Bundeswertpapiere entstammen den Kapitalmarktprodukten mit langen Laufzeiten und entsprechen damit dem langfristigen Charakter der Prämiensparverträge. Die börsennotierten Bundeswertpapiere sind mit dem Prämiensparen am besten vergleichbar und daher der von dem Musterkläger vorgeschlagenen auf Pfandbriefrenditen basierenden Reihe WX 4260 vorzuziehen.

Nach den Emittenten, also den Verpflichteten der Wertpapiere, lassen sich die Wertpapiere unterteilen in
a) Industrieanleihen, Anleihen von Nichtbankunternehmen als Emittenten,
b) Bankschuldverschreibungen, Konvolut von allen Anleihen, die Banken gegeben haben,
c) Pfandbriefe, spezielle Bankschuldverschreibungen nach den Bedingungen des Hypothekenbankgesetzes bzw. des Pfandbriefgesetzes und
d) Staatsanleihen, verschiedene Reihen mit allen Ebenen staatlicher Tätigkeiten inklusive Kommunen mit der Untergruppe der börsennotierten Bundesanleihen.

Nach den obigen Grundsätzen muss das Kapitalmarktprodukt mit der Einlage in den Prämiensparvertrag sachlich bestmöglich vergleichbar sein. Dies schließt auch die Sicherheit der Einlage ein. Dem verobjektivierten Willen der Parteien entspricht es, als Referenzzins für die Zinsanpassung die Rendite eines solchen Finanzprodukts zu verwenden, das den gleichen Sicherheitsgrad hat wie die Spareinlagen. Wie der Sachverständige überzeugend ausgeführt hat, können Sparer nicht einerseits den höheren Zins von ausfallrisikobehafteten Anleihen erhalten und sich andererseits gar nicht am Ausfallrisiko beteiligen, also von der Sicherheit von Bankeinlagen profitieren. Da Spareinlagen nahezu ausfallrisikolos sind, und, wie die Subprime-Krise gezeigt hat, in Krisenzeiten sogar besondere politische Unterstützung bekommen, muss der Referenzzins ausfallrisikolos sein. Banken könnten die eingesammelten Spareinlagen zwar in höher verzinsliche, ausfallrisikobedrohte Forderungen/Anleihen investieren, um mehr Ertrag zu erwirtschaften, den sie an die Sparer weitergeben, um das Produkt attraktiver zu machen. Aber sie können die erzielten Mehrerträge gar nicht vollständig an die Sparer ausschütten, weil sie Rückstellungen für die zu erwartenden Ausfälle bilden müssen. Da diese dem Sparer nicht aufgebürdet werden können, ist im Ergebnis der Maßstab für die Ausschüttung an die Sparer die Rendite von sicheren Spareinlagen.
Spareinlagen, die wie hier der Einlagensicherung unterliegen, entsprechen, was den Sicherheitsgrad anbetrifft, am ehesten den Staatsanleihen.
Bei Hypothekenpfandbriefen haften zwar zusätzlich zur Bank und den Kreditnehmer auch nach strengen Regeln erworbene Grundpfandrechte. Diese können aber auf Grundstücken innerhalb und außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes, aber auch auf Schiffen oder Flugzeugen lasten. Dementsprechend ist die Sicherheit höher oder niedriger und liegt im Regelfall zwischen einfachen Bankschuldverschreibungen und Staatsanleihen in der Nähe der Staatsanleihen, zu denen verschiedene Reihen mit allen Ebenen staatlicher Tätigkeiten inklusive Kommunen gehören.
Wie sich aus der Abbildung 1a) auf Seite 19 des Gutachtens ergibt, haben die auf Pfandbriefrenditen basierende Reihe WX 4260 und die Reihe der 8 bis 15-jährigen Bundeswertpapiere einen sehr ähnlichen Verlauf. Aber vor allem in Krisenzeiten wirkt sich das höhere Risiko der Hypothekenkredite aus und die Renditen der Pfandbriefreihe erheben sich über die Renditen der sicheren Bundesanleihen.
Die Reihe der börsennotierten Bundeswertpapiere hat den höchsten Sicherheitsgrad. Wenn die Anleihen auch noch börsengehandelt werden, entfällt das Liquiditätsrisiko. Solche Anleihen gehören zur Liquiditätsreserve.

Bei den börsennotierten Bundeswertpapieren ist die mit der 8 bis 15-jährigen Restlaufzeit die langfristigste der seit Anfang der Neunzigerjahre verfügbaren Zinsreihen. Sie hat eine Durchschnittslaufzeit von etwa zwölf Jahren, widerspiegelt den langfristigen Kapitalmarkt in der breitesten Zusammensetzung und kommt der vom Bundesgerichtshof genannten typisierten Laufzeit von 15 Jahren am nächsten.

Die Festlegung einer kürzeren Zinsreihe, insbesondere die der börsennotierten Bundeswertpapiere mit einer Restlaufzeit von 9-10 Jahren, lässt sich, wie der Sachverständige Prof. Dr. Thießen überzeugend unter Bezugnahme auf ein Gutachten des Sachverständigen Dr. Sievi ausgeführt hat, nicht mit einer kürzeren mittleren Verfügbarkeitszeit des Kapitals eines Einzelvertrags begründen. Bei der Kalkulation muss regelmäßig der Gesamtbestand an Verträgen betrachtet werden. Der Bestand eines am jeweils aktuellen Markt orientiert gepreisten Produktes ist langfristig stabil beziehungsweise wächst mit dem allgemeinen Einlagewachstum, wenn die Konditionen marktgerecht sind. Deshalb ist seine Verfügbarkeit langfristig.

Die Zinsreihe mit 15 Jahren Restlaufzeit war frühestens seit 2003 verfügbar und scheidet daher als Referenzzins aus.

Nach dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Friedrich Thießen kommt zwar als Referenzzins daneben eine Kopplung verschiedener Sparzinsreihen, bis 1996 die der Spareinlagen mit vereinbarter Kündigungsfrist von 4 Jahren und darüber, von 1996 bis 2003 die von Spareinlagen mit vereinbarter Kündigungsfrist über 3 Monaten und Vertragsdauer über 4 Jahre und ab 2003 die Reihe SUD 105 in Betracht. Aus der Abbildung 5 auf Seite 30 des Gutachtens ergibt sich, dass die zusammengesetzte Spareinlagenzinsreihe und die mittels relativer Methode aus der originären Bundesbankreihe der 8 bis 15-jährigen Bundeswertpapiere abgeleitete Vertragszinsreihe eine große Übereinstimmung zeigen.

Gegen die Heranziehung der Spareinlagezinsen anstelle von Kapitalmarktzinssätzen als Referenz spricht indes, dass es keine ideale einheitliche Zinsreihe gibt, welche die Prämiensparverträge, insbesondere deren Langfristigkeit exakt abbildet. Die Bundesbank unterscheidet nur zwischen Sparverträgen mit vereinbarter Laufzeit und solchen mit vereinbarter Kündigungsfrist. Da Bonussparverträge keine fest vereinbarte Laufzeit haben, gehören sie zur zweiten Gruppe und sind seit 2003 in den Einlagen von privaten Haushalten mit vereinbarter Kündigungsfrist bis 3 Monate (Zeitreihe SUD 105) enthalten. Zuvor waren sie in die Kategorie „mit vereinbarter Kündigungsfrist bis 3 Monate und über 3 Monate“ einzutragen. In diese Kategorien fielen indes auch viele kurzfristige Sparprodukte. Daher lässt sich nicht feststellen, dass die hinter den Sparzinsreihen stehenden Sparprodukte dem Prämiensparen nahe kommen (so auch: OLG Dresden, Urteil vom 13. April 2022, 5 U 1973/20, juris).

Da der Senat entsprechend des Hilfsantrags zu III.2d) den maßgeblichen Referenzzins für die Zinsanpassung bestimmt hat, sind die weiteren Hilfsanträge zu III.3. nicht zur Entscheidung angefallen.

2.3. Feststellungsantrag zu III.4.a) –Anpassungszeitpunkt und Anpassungsschwelle–

Der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag zu III.4. a) ist begründet.
Die Zinsanpassungen sind nach der gebotenen ergänzenden Vertragsauslegung in einem monatlichen Rhythmus vorzunehmen, weil der für langfristige Spareinlagen in Betracht kommende Referenzzinssatz in der von der Deutschen Bundesbank erhobenen Zinsstatistik monatlich veröffentlicht wird (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2021, XI ZR 234/20, Rn. 57, juris). Die Zinsanpassung ist ohne eine Anpassungsschwelle vorzunehmen (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2021, XI ZR 234/20, Rn. 59, juris).

2.4. Feststellungsantrag zu III.5.a) –Wahrung des relativen Zinsabstands–

Der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag zu III.5. a) ist ebenfalls begründet. Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ist weiter davon auszugehen, dass bei den Zinsanpassungen der anfängliche relative Abstand des Vertragszinses zum Referenzzinssatz beizubehalten ist. Nur eine solche Auslegung gewährleistet, dass das Grundgefüge der Vertragskonditionen über die gesamte Laufzeit der Sparverträge erhalten bleibt, sodass günstige Zinskonditionen günstig und ungünstige Zinskonditionen ungünstig bleiben (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2021, XI ZR 234/20, Rn. 96, juris).

2.5. Feststellungsantrag zu IV.1 –Feststellungen zur Verjährung–

Der Feststellungsantrag zu IV.1. ist ebenfalls begründet.

Die Ansprüche der Verbraucher auf das Sparguthaben einschließlich der weiteren Zinsbeträge wurden frühestens ab dem Zeitpunkt der Vertragsbeendigung fällig.

Nr 3.3 der Bedingungen für den Sparverkehr sieht vor, dass die Zinsen (und die Prämie) zum Schluss eines jeden Geschäftsjahres dem Sparkonto gutgeschrieben, dem Kapital hinzugerechnet und mit diesem vom Beginn des neuen Geschäftsjahres an verzinst werden. Nach Nr. 3.1 der unter Verwendung des Vordrucks geschlossenen Prämiensparverträge konnte der Sparer innerhalb eines Monats nach Kündigung des Sparvertrages über das Guthaben verfügen. Eine vorzeitige Verfügung über das Sparguthaben bewirkte die Beendigung des Vertrages. Dies galt auch für Verfügungen über kapitalisierte Zinsen und Prämien (Nr. 3.2). Die gebotene objektive Auslegung dieser Regelungen ergibt, dass der Kunde erst mit der Beendigung des Sparvertrags die Auszahlung des Sparguthabens einschließlich der zum Ende eines jeden Geschäftsjahres gutgeschriebenen kapitalisierten Zinsen verlangen kann. Erst zu diesem Zeitpunkt wird daher der aus dem Sparguthaben und den Zinsen bestehende Anspruch des Kunden auf Zahlung fällig im Sinne von § 271 Abs. 2 BGB (BGH, Urteil vom 24. November 2021, XI ZR 461/20, Rn. 23, juris). Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, unterliegen die in einem Sparguthaben enthaltenen Zinsen derselben Verjährung wie das übrige angesparte Kapital. Das gilt auch für die Ansprüche der Kunden auf weitere Zinsbeträge aus den Sparverträgen, die die Musterbeklagte den Kunden bislang nicht gutgeschrieben hat (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2021, XI ZR 234/20, Rn. 65, juris).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Angesichts des Unterliegens des Klägers mit den Feststellungszielen zu I. und II. und III. 1., 2 a-c) ist eine Aufhebung der Kosten gerechtfertigt. So standen nach den ursprünglichen Anträgen lediglich Zinsnachforderungen im Umfang von insgesamt 155.758,60 im Raum. Aufgrund der nunmehrigen, im Wege der Klageerweiterung eingeführten Anträge zu I. und II., mit denen der Kläger unterlegen ist, sind es Forderungen im Umfang von insgesamt 382.414,98 . Nach Abzug eines Feststellungsabschlages in Höhe von 30 v.H. wäre allein der Antrag zu I. mit 267.690,48 zu bewerten. Zudem erfolgte die ursprüngliche Berechnung der Zinsnachforderung auf der Grundlage des gleitenden Durchschnitts der auf Pfandbriefrenditen basierenden Reihe mit der vormaligen Bezeichnung WX 4260. Die auf Grundlage der Zinsreihe der 8 bis 15-jährigen Bundeswertpapiere tatsächlich nachzuzahlenden Zinsen liegen weit unter den von dem Musterkläger ermittelten Beträgen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 S. 1 ZPO.

Der Streitwert wird nach den §§ 3 ZPO, 48 Abs. 1 Satz 2 GKG auf 250.000 festgesetzt.

Ewald

Moser

Dr. Wollenschläger

Bekanntmachung vom 20.01.2023, Oberlandesgericht Naumburg, Termin

Bezeichnung des Termins: Termin zur Verkündung einer Entscheidung

Datum: 8. Februar 2023

Uhrzeit: 12 Uhr

Sitzungsort: Oberlandesgericht Naumburg

Raum: 417a - Senatsgeschäftsstelle

Straße, Hausnummer: Domplatz 10

PLZ, Ort: 06618 Naumburg

Bekanntmachung vom 17.11.2022, Oberlandesgericht Naumburg, Termin

Bezeichnung des Termins: mündliche Verhandlung

Datum: 18. Januar 2023

Uhrzeit: 10:00 Uhr

Sitzungsort: Oberlandesgericht Naumburg

Raum: Saal 411

Straße, Hausnummer: Domplatz 10

PLZ, Ort: 06618 Naumburg

Bekanntmachung vom 30.05.2022, Oberlandesgericht Naumburg, Zwischenentscheidung

Datum der Zwischenentscheidung: 03.03.2022

Beschlussinhalt:

Der Beweisbeschluss vom 23. Dezember 2021 wird aufgehoben.

Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung des Klägers,

für den Zeitraum vor Februar 2000 werde der Zinssatz für Umlaufrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen/Hypothekenpfandbriefe mit einer Restlaufzeit von über 9 bis einschließlich 10 Jahren (aktuelle Zeitreihenkennung: BBSIS.M.I.UMR.RD.EUR.MFISX. B. X100.R0910.R.A.A._Z._ Z.A, vormals BBKOI .WX4260 gemäß Statistik der Deutschen Bundesbank) und

für den Zeitraum ab Februar 2000 der Zinssatz für Umlaufrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen/Hypothekenpfandbriefe mit einer Restlaufzeit von über 9 bis einschließlich 10 Jahren/gleitende Durchschnitte (aktuelle Zeitreihenkennung: BBSIS.M.I.UMR.GD.EUR.MFISX.B.X100.R0910.R.A.A._Z._Z.A

oder aber
der Zinssatz für aus der Zinsstruktur abgeleitete Renditen für Bundeswertpapiere mit jährlichen Kuponzahlungen mit einer Restlaufzeit von 10 Jahren/gleitende Durchschnitte (aktuelle Zeitreihenkennung:
BBSIS.M.I.ZAR.GD.EUR.S1311.B.A604.R10XX.R.A.A._Z._Z.A, vormals WZ 3459)

oder aber
der Zinssatz für aus der Zinsstruktur abgeleitete Renditen für Bundeswertpapiere mit jährlichen Kuponzahlungen mit einer Restlaufzeit von 15 Jahren/gleitende Durchschnitte (aktuelle Zeitreihenkennung:
BBSIS.M.I.ZAR.GD.EUR.S1311.B.A604.R15XX.R.A.A._Z._Z.A, vormals WZ 3464

als Referenzzinssatz für die Anpassung des variablen Zinses den Interessen der Parteien eines Sparvertrags, bei dem wie hier - die Kunden in einem monatlichen Rhythmus eine Spareinlage leisten, die Spareinlage variabel verzinst wird und eine ab dem dritten Sparjahr der Höhe nach - bis zu 50 v.H. ab dem 15. Sparjahr – gestaffelte verzinsliche Prämie geleistet wird und den die Kunden mit einer Frist von drei Monaten kündigen können, während das ordentliche Kündigungsrecht der Musterbeklagten bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe ausgeschlossen ist und bei dem davon auszugehen ist, dass das Recht des Kunden, den Vertrag ordentlich mit einer Frist von drei Monaten zu kündigen, angesichts der nach Jahren gestaffelten Sparprämie keine wirtschaftlich vernünftige Handlungsoption für den Kunden darstellt, gerecht.

Sofern keine dieser Zinsreihen die Anforderungen an den Referenzzins erfüllt, soll der Sachverständige diejenige, von der Deutschen Bundesbank veröffentlichte Zinsreihe ermitteln, die den Interessen der Parteien am nächsten kommt.

Der Sachverständige soll dabei die weiteren Anforderungen an den Referenzzins gemäß Urteil des Bundesgerichtshofs vom 6. Oktober 2021 (Gesch.Nr.: XI ZR 234/20) beachten, wonach es allein interessengerecht ist, einen Zinssatz für langfristige Spareinlagen als Referenz für die Verzinsung der Spareinlagen heranzuziehen und sich der Referenzzins aus Transparenzgründen unmittelbar aus der Zinsreihe ergeben soll.

Als Sachverständiger wird

der Prof. Dr. Friedrich Thießen, Technische Universität Chemnitz, 09107 Chemnitz

bestellt.

Die Einholung des Sachverständigengutachtens ist davon abhängig, dass der Kläger bis zum 18. März 2022 einen Auslagenvorschuss in Höhe von 5.000 einzahlt.

Bekanntmachung vom 02.08.2021, Oberlandesgericht Naumburg, Termin

Bezeichnung des Termins: erster Termin

Datum: 17. November 2021

Uhrzeit: 11:00 Uhr

Sitzungsort: Naumburg an der Saale

Raum: Saal 411

Straße, Hausnummer: Domplatz 10

PLZ, Ort: 06618 Naumburg an der Saale

Hinweise zum Termin:

Ferner ist gemäß § 607 Abs. 3 S. 1 ZPO im Klageregister öffentlich bekanntzumachen:

a) "Der Verhandlungstermin vom 4. August 2021 wurde aufgehoben, weil der Kläger seine Feststellungsziele geändert hat"

sowie

b) die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung am 17. November 2021 um 11 Uhr im Saal 411 des Oberlandesgerichts Naumburg, Domplatz 10 in Naumburg an der Saale.

Bekanntmachung vom 18.05.2021, Oberlandesgericht Naumburg, Termin

Bezeichnung des Termins: Termin zur mündlichen Verhandlung

Datum: 4. August 2021

Uhrzeit: 10 Uhr

Sitzungsort: Oberlandesgericht Naumburg

Raum: Saal 411

Straße, Hausnummer: Domplatz 10

PLZ, Ort: 06618 Naumburg an der Saale